Wohnboote mit Stil & Komfort
Leben am Wasser mag ja chic sein, Leben auf dem Wasser aber ist der ultimative Ausdruck für Individualität und Freiheit.
Schimanski tat es, um seinem Abenteurer- und Lonesome-Cowboy-Image fernsehgerecht zu werden. Viele Amsterdamer tun es, um ihren berühmten Grachten zusätzlichen Wohnraum mit Kultcharakter abzutrotzen. Und notorisch Rastlose tun es, um sich selbst in den eigenen vier Wänden das Freiheitsgefühl zu bewahren, jederzeit auf große Fahrt gehen zu können, frei nach dem Motto: Leinen los!
Die Wohnboot-Angebotspalette reicht dabei von der kleinen, idyllischen Wochenendbleibe im Schrebergartenhütten-Stil bis hin zur mehrgeschossigen schwimmenden Luxuswohnung mit allem nur erdenklichen Komfort und entsprechender technischer Ausstattung als dauerhafte Sommer- und auch Winterresidenz. In vielen europäischen Regionen ist „Wohnen auf dem Wasser“ inzwischen durchaus populär. Neben den klassischen Hausbootländern wie Holland, Irland oder Frankreich ist etwa auch in Deutschland über die letzten Jahre eine kontinuierlich steigende Nachfrage in diese Richtung erkennbar geworden. Auch nahe unserer Hauptstadt ist diese neue Form des Wohnens längst angekommen: Rund 30 Donaukilometer stromabwärts liegen inzwischen mehr als 100 Hausboote in der Slowakei vor Anker. Zum einen wurde die Entwicklung durch die stetig steigenden Immobilienpreise in den urbanen Regionen aufgrund des sich verknappenden Platzangebotes begünstigt, zum anderen machte erst eine verbesserte Wasserqualität aufgrund massiver Umweltauflagen und -schutzmaßnahmen das Leben auf Flüssen, Kanälen oder Seen attraktiv.
Voraussetzungen, die allesamt auch auf Wien zutreffen. Trotzdem hat sich hier das Wohnen auf dem Wasser noch nicht durchsetzen können. Das mag, wie manch böse Zunge behauptet, auch daran liegen, dass Trends im traditionsbewussten, konservativen Wien erst dann entdeckt werden, wenn sie andernorts schon wieder überholt sind. Viel wahrscheinlicher aber ist es, dass die besonders aufwendigen Genehmigungsverfahren, Auflagen und langwierigen Behördenwege – es gilt sowohl Wasser- als auch Baurecht – abschreckend auf potenzielle Bauherren wirken.
Floating Home
Zwei Wohnboote sind aber inzwischen doch schon auf der Donau im Wiener Stadtgebiet zu finden. Eines dient als Sommerresidenz, ein anderes als Ganzjahresdomizil. Beide wurden von der Firma Tech Metall GmbH gefertigt, die sich ursprünglich mit der Errichtung ihrer Mikrohäuser einen Namen gemacht hat. Ihre jüngste Produktinnovation, das sogenannte „Floating Home“ sehen die Firmenverantwortlichen daher auch als zeitgemäße und innovative Ergänzung des Portfolios, erzählt Geschäftsführer Ing. Mag. Sascha Haas: „Aufgrund eines ganz konkreten Kundenwunsches, möglichst nahe am Wasser zu wohnen, haben wir ein Konzept entwickelt, um unser bewährtes Mikrohaus-System entsprechend zu adaptieren. Neben den konstruktiven und technischen Herausforderungen stellte vor allem der notwendige Behördenweg die größte Hürde auf dem Weg zur Realisierung dar. Bis alle Genehmigungen für den Prototyp endlich erteilt waren, vergingen eineinhalb Jahre.“ Auch die Standortsuche gestaltete sich schwierig, weil Hausboote nach Ansicht des Magistrats nicht im Fließgewässer liegen dürfen. Man fand schließlich geeignete Stellplätze in einem ruhigen Seitenarm der Donau.
Vorerst war in den Projektplänen eine Motorisierung des Modells nicht vorgesehen. Aufgrund behördlicher Auflagen musste eine solche aber dann doch nachträglich eingebaut und zugelassen werden, sagt Haas: „Während etwa in der Slowakei zweistöckige Hausboote auf großen Fässern stehen, muss in Österreich jedes Hausboot vollständig nautisch inklusive Motorisierung ausgestattet werden. Ähnlich wie bei einem Auto die Prüfplakette muss für dieses Hausboot eine Zulassung erworben werden, die fünf Jahre gültig ist.“ Beide Wiener Floating Homes sind daher jetzt mit eigenen behördlichen Kennzeichen ausgestattet. Ab einer Länge von zehn Metern darf ein Sportbootführerscheinhalter ein Hausboot allerdings nicht mehr selbst lenken.
Er benötigt dafür ein Kapitänspatent, das „zur selbstständigen Führung von Fahrzeugen jeder Art und Größe auf Binnengewässern“ berechtigt. Eine hohe Hürde, aber kein Hindernis, versichert Haas, denn diese Bestimmung muss keinesfalls bedeuten, dass künftige Eigentümer zwingend ein Kapitänspatent benötigen, um auf dem Hausboot zu wohnen: „Die konkreten Pachtvereinbarungen haben wir für unsere Kunden ausverhandelt. Die Betriebsgenehmigung kaufen unsere Kunden mit ihrem Floating Home mit. Wir bekommen diese über unseren Schiffssachverständigen, mit dem wir seit Projektstart eng zusammenarbeiten. Er achtet auch darauf, dass das Schiff den Wasserbestimmungen entspricht. Wichtig ist auch die Schwerpunktverteilung, damit das Floating Home waagrecht in der Wasserlinie liegt.“ Dafür hat die Tech Metall extra eine gewerberechtliche Genehmigung als Schiffswerft erworben. Sie wurde damit übrigens zu Wiens erster Schiffswerft überhaupt.
Autarkes Wohnen
In Größe und Layout sind die Floating Homes flexibel gestaltbar. Die Größe ist allein aufgrund der Hafeneinfahrten an der Donau mit maximal 15 Meter Länge und fünf Meter Breite limitiert. Die beiden bisher realisierten Modelle verfügen über eine Wohnfläche zwischen 50 und 60 Quadratmetern. Der Rumpf besteht aus mehreren Kammern, sogenannten Schoten, die verhindern, dass das Boot bei einem Leck komplett sinkt.
Der Grundaufbau beinhaltet zwei Terrassen vorne und hinten, ein Wohn- und Esszimmer, ein Schlafzimmer, eine Komplettküche mit Geschirrspüler, Bad mit Dampfdusche, Vakuum- oder Hänge-WC mit Fäkaltank (Fäkalien werden gesammelt und müssen abgepumpt werden) sowie einem 80 Liter-Warmwasser-Boiler. Die Fenster- und Türaussparungen für die hochwertigen Sicherheitstüren sind je nach Kundenwunsch ebenso individuell planbar wie die gesamte Innenausstattung.
Die Wohnboote sind als komplett autarke Einheiten konzipiert. Nachdem kaum ein Hafen oder ein anderer Standplatz etwa Winterwasser zur Verfügung stellt, sind alle Modelle standardmäßig mit einer Wasseraufbereitungsanlage ausgestattet, die Wasser aus der Donau entnimmt und in Nutzwasser umwandelt. Das sogenannte Grauwasser – gebrauchtes Nutzwasser – wird durch eine Bio-Kläranlage geklärt. Mittels einer Wasserturbine kann sogar der eigene Strom gewonnen werden.
Die Fenster sind gut isoliert und speichern so die Wärme bestmöglich, elektrische Außenjalousien schützen nicht nur vor der Sonne und neugierigen Blicken, sondern machen das Wohnboot in Kombination mit einem Wärmepumpensystem – die Heizungs- bzw. Kühlungssteuerung erfolgt mittels Invertertechnologie –, ganzjährig bewohnbar. Das intelligente Energiemanagement ermöglicht laut Auskunft des Anbieters sehr geringe Betriebskosten.
Apropos Kosten: Um sich so ein Wohnboot anschaffen zu können, muss man mindestens 130.000 Euro in die Hand nehmen, je nach gewünschter Größe und Ausstattung auch erheblich mehr. Hinzu kommen dann noch die Stellplatzgebühren (ab 300 Euro pro Monat) sowie diverse Transport- und Versicherungsgebühren.