Wohlfühlen großgeschrieben
Pro Jahr erhöht sich die Zahl der Tumorpatienten in Österreich um etwa 35.000. Rund 20 bis 30 Prozent von ihnen kommen für eine onkologische Rehabilitation in Frage.
„Der Sonnberghof, eine von der VAMED betriebene Rehabilitationseinrichtung in Bad Sauerbrunn, hat dafür knapp 100 Betten zur Verfügung. Einblick in die Entwicklung der onkologischen Rehabilitation gibt Univ.-Prof. Dr. Christoph Wiltschke, ärztlicher Leiter im Sonnberghof.
Wie lange dauert ein Aufenthalt im Sonnberghof?
Die Dauer der Rehabilitation beträgt in der Regel drei Wochen.
Welche Spezialisierungen bieten Sie an und wer betreut die Patienten?
Unsere Einrichtung ist auf die Rehabilitation von Patienten mit Tumorerkrankungen spezialisiert. Das Therapieangebot soll über körperliche und seelische Aktivierungsmaßnahmen, aber auch über Entspannung und Information die Lebensqualität der betroffenen Menschen verbessern. Ein Team von Ärzten, Psychoonkologen, Physiotherapeuten, Sozialarbeitern und Diätologen betreut, unterstützt und begleitet die Patienten. Das Therapiekonzept wurde gemeinsam mit der Medizinischen Universität Wien erarbeitet und wird stetig weiterentwickelt.
Welche besonderen Schwerpunkte sind hier notwendig?
Die Rehabilitation ist eine medizinische Einrichtung. Dennoch legen wir großen Wert darauf, dass die Behandlung in einer Atmosphäre stattfindet, die nicht der in einem Krankenhaus gleicht. Das orientiert sich an der besonderen Situation der Patienten, die oft viele Monate Therapie und Krankenhausaufenthalte hinter sich haben. Wir wollen sowohl medizinische Hilfe, aber auch eine echte Wohlfühlatmosphäre bieten.
Welche Themen umfasst das Angebot konkret?
Im Vordergrund der ärztlichen Betreuung stehen Beratung und Begleitung. Wir machen hier keine Chemotherapie oder Infusionstherapie. Eine zweite Säule ist die physikalische Medizin, wo wir versuchen, Leistungsdefizite und Einschränkungen, die ein Patient durch seine Tumorerkrankung oder eine damit verbundene Therapie erlitten hat, wieder zu verbessern. Das geht von der Sporttherapie über die Bewegungs- und Gestalttherapie bis hin zur Lymphdrainage. Schließlich umfasst das Angebot auch die psychologische Therapie, die speziell auf diese Erkrankung abgestimmt ist.
Können Kuren bei Tumorerkrankungen hilfreich sein?
Es gab lange das Gerücht, dass Kuren eher kontraproduktiv sind. Da gibt es jetzt neue Erkenntnisse. Die Maßnahmen sind denen der Rehabilitation nicht so unähnlich, nur ist die Rehabilitation viel intensiver. Sie zielt ja vor allem darauf ab, dass wir einen Zustand verbessern wollen. Die Kur ist vielmehr eine Maßnahme zur Erhaltung von Gesundheit. Demnach sind die Kriterien, wann jemand zu einer Reha kommt, auch viel strenger, die Voraussetzungen werden genauer geprüft und das Programm intensiv auf den individuellen Patienten abgestimmt.
Das heißt nicht, dass ein Tumorpatient nicht auch eine Kur machen kann, aber da muss er schon eine Situation erreicht haben, wo er auf einem Niveau ist, seine Gesundheit zu stabilisieren. Nach wie vor sind Kurmaßnahmen in bestimmten Situationen kontraindiziert, wie etwa zeitnah nach einer OP oder nach einer Chemotherapie.
Wo steht Österreich in puncto onkologischer Rehabilitation im internationalen Vergleich?
Wir sind in einem intensiven Aufholprozess, der mit einem erfreulichen Tempo vor sich geht. Die Atmosphäre zwischen der Sozialversicherung, den politischen Entscheidungsträgern, der medizinischen Wissenschaft und den Patientenvertretungen ist sehr konstruktiv. Nicht von ungefähr kommt es, dass sich die Zahl der Betten in den letzten zwei Jahren verdreifacht hat. Wir haben jetzt in Österreich 450 Betten zur Verfügung, das ist ein großer Fortschritt, aber noch nicht das, wo wir hin wollen. Vergleichen wir die Zahlen etwa mit Deutschland, so müssten wir hierzulande auf eine Größenordnung von 800 bis 1.000 Betten kommen, um eine adäquate Versorgung zu erreichen. Neben der stationären Betreuung gilt es auch, die ambulante Versorgung auszubauen. Das Erfreuliche ist zudem, dass sich die medizinische Gemeinschaft, die sich des Themas angenommen hat, sehr gut organisiert ist.
www.dersonnberghof.at
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