Wirksamkeit von CO2-Bädern in der Medizin
Kürzlich fand in Bad Tatzmannsdorf ein international besetztes Symposium mit anschließender Konsenskonferenz zu CO2-Anwendungen in der Balneotherapie statt. Bei der Tagung wurden nicht nur Grundlagen und Klinik der CO2-Balneotherapie behandelt, sondern auch laufende wissenschaftliche Projekte zu dieser Thematik vorgestellt.
Autor: Ao. Univ.-Prof. Dr. Cem Ekmekcioglu
Institut für Umwelthygiene
Zentrum für Public Health an der MedUni Wien, Kinderspitalgasse 15, 1090 Wien
Tel.: 01/40160-34927
cem.ekmekcioglumeduniwien.ac.at
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CO2 ist ein Endprodukt des zellulären Energiestoffwechsels. Ein Erwachsener produziert unter Ruhebedingungen etwa 250 ml CO2 pro Minute, das hauptsächlich über die Atmung eliminiert wird. Als Voraussetzung zur Anerkennung eines CO2-haltigen Wassers als Heilquelle muss das Quellwasser einen Mindestgehalt an natürlichem, freiem CO2 am Quellaustritt von 250 mg für Trinkkuren bzw. 1.000 mg für Badekuren pro Kilogramm Quellwasser aufweisen. Physiologische Wirkungen für CO2-Bäder sind jedoch bereits ab CO2-Konzentrationen von mehr als 400 mg pro Liter nachweisbar. CO2-Bäder können auch als Gasbäder verabreicht werden, was aufgrund des wegfallenden hydrostatischen Effektes den Kreislauf weniger belastet.
Durchblutungssteigernde Wirkung
CO2 diffundiert bei einem CO2-Bad relativ leicht in die Haut – etwa im Mittel 30 ml CO2 pro Minute pro Quadratmeter Körperoberfläche – und bewirkt eine Vasodilatation der präkapillären Arteriolen mit nachfolgender lokaler Durchblutungssteigerung. Die hyperämisierende Wirkung des CO2-Bades wird durch eine hellrote Färbung der Haut sichtbar. Dieser Effekt wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts beschrieben. Als mögliche Mechanismen für die durchblutungssteigernde Wirkung eines CO2-Bades werden, neben einer leichten subkutanen Gewebeazidose, auch eine Hemmung des sympathischen Nervensystems bei gleichzeitig höherem Vagotonus sowie Beeinflussung der endothelialen NO-Synthese (siehe unten) diskutiert. CO2-Bäder bewirken außerdem eine Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes sowie eine Rechtsverschiebung der O2-Bindungskurve (Bohr-Effekt) und verbessern in der Folge die Oxygenierung des Gewebes.
Topikales CO2 hemmt die Empfindlichkeit von Kältesensoren in der Haut, sodass sich ein CO2-Bad subjektiv wärmer anfühlt als ein anderes Bad gleicher Temperatur. Der subjektiv wahrgenommene Temperaturunterschied bewegt sich in einem Bereich von etwa 2 °C. Durch die erhöhte periphere Durchblutung und den daraus resultierenden Wärmeverlust kann während eines CO2-Bades die Körperkerntemperatur unter Umständen ein wenig absinken.
Aufgrund der vorteilhaften, lokalen Effekte auf die Perfusion ist die wichtigste Indikation für CO2-Anwendungen in der Balneotherapie die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Zusätzlich können eventuell auch Patienten mit funktionellen arteriellen Durchblutungsstörungen (Raynaud Syndrom) sowie kutanen Mikrozirkulationsstörungen von einer CO2-Therapie profitieren. Hinsichtlich PAVK zeigte beispielsweise eine französische randomisiert-kontrollierte Studie bei Patienten mit Claudicatio intermittens (PAVK Stadium IIa) eine signifikante Verbesserung der maximal bewältigten sowie schmerzfreien Gehstrecke nach 18-tägiger Behandlung mit CO2-Gasbädern im Vergleich zu Placebo (Luft). Die positiven Effekte waren auch nach drei und zwölf Monaten zu sehen.
Förderung der Wundheilung
Die vorteilhafte Wirkung von artifiziellen CO2-Bädern auf die periphere arterielle Durchblutung konnte auch auf molekularer Ebene in Mäusen mit ischämischen Hintergliedmaßen nachgewiesen werden. Die Haupteffekte waren dabei eine NO-abhängige Neokapillarisierung sowie eine vermehrte Synthese des angiogenetischen Faktors VEGF.
Weiters werden CO2-Bäder bei chronischer venöser Insuffizienz eingesetzt. Experimentell wird der Einsatz von CO2-Bädern zudem zur Förderung der Wundheilung bei venösen und arteriellen Ulcera der Haut diskutiert.
Besonders durch die Senkung des peripheren Gefäßwiderstandes sinkt auch der arterielle Blutdruck durch ein CO2-Bad ab, wie zum Beispiel Untersuchungen von Pessenhofer aus Graz sowie Studien von Hartmann und Mitarbeitern zeigen konnten. Daher können insbesondere Patienten mit (Grenzwert-) Hypertonie von einer begleitenden CO2-Therapie profitieren.
Schmerzhemmende Wirkungen
Im Rahmen des CO2-Symposiums wurden auch russische Daten präsentiert, die vermuten lassen, dass CO2-Bäder unter Umständen bei Patienten mit stabiler Angina pectoris – unter anderem Reduktion der Angina pectoris-Anfälle, antiarrhythmische Effekte, Verbesserung der Gewebe-Oxygenierung – und Herzinsuffizienz der NYHA Stadien I-II (Verbesserung der Auswurffraktion) vorteilhaft sein könnten, wobei weitere Studien notwendig sind, um diese Ergebnisse zu verifizieren.
Weiters werden gewisse schmerzhemmende Wirkungen der balneotherapeutischen CO2-Anwendungen diskutiert, sodass unter Umständen Patienten mit Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates von CO2-Bädern profitieren können.
Unsere Studien aus Bad Tatzmannsdorf (G. Blasche und Mitarbeiter) zeigten ferner, dass CO2-Bäder eine entspannende und weniger ermüdende Wirkung aufweisen. Schließlich lassen einzelne Untersuchungen vorteilhafte Effekte von CO2-Bädern im Sport vermuten. Schwimmer zum Beispiel, die ein artifizielles CO2-Bad vor dem Wettkampf erhielten, zeigten geringere belastungsabhängige Veränderungen der Blutlaktatspiegel und der Herzfrequenz im Vergleich zu denjenigen, die im frischen Wasser gebadet hatten. Eine Studie in Bad Tatzmannsdorf wird in diesem Zusammenhang den Effekt von CO2-Bädern auf die Regeneration im Sport untersuchen.
In Bad Tatzmannsdorf werden Kohlensäurewannenbäder je nach individuellem Wärmeempfinden des Patienten zwischen 34 und 36 °C verabreicht. Die CO2-Konzentration im Bademedium liegt dabei etwa bei 1.800 mg pro Liter und die Badedauer beträgt normalerweise 15 Minuten.
Hinsichtlich nachteiliger Wirkungen der CO2-Bäder sollte insbesondere auf die CO2-Inhalation hingewiesen werden. Die CO2-Konzentration in der Luft direkt über dem Badewasser ist dabei abhängig von der Technik der Verabreichung des Bades. In Bad Tatzmannsdorf wird das CO2-haltige Wasser erst unmittelbar vor dem Baden und direkt in der Wanne mittels heißen Dampfs auf die ärztlich verordnete Temperatur erhitzt. Außerdem befindet sich der Einlass des CO2-haltigen Wassers am Boden der Wanne, sodass kein CO2 ausgeschlagen wird. Dies bewirkt, dass die CO2-Konzentration der Luft direkt über dem Badewasser nur ca.
0,1 % beträgt. Bei Verwendung anderer Techniken kann diese Konzentration auch deutlich höher sein und Maßnahmen zur Verhinderung einer vermehrten CO2-Inhalation und der damit verbundenen Symptome erforderlich machen. Zu diesen Maßnahmen gehört, dass der Patient seinen Kopf über das Niveau des Wannenrandes hält bzw. die Wanne abgedeckt wird. Insbesondere bei höhergradiger respiratorischer Insuffizienz bzw. Hyperkapnie sind daher CO2-Bäder kontraindiziert.
Literatur beim Verfasser