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Wer erbt den „digitalen Nachlass“?

Das Informations- und Kommunikationszeitalter hat auch den Umgang mit Tod und Trauer verändert. Trauer passiert immer mehr auch online, gleichzeitig können digitale Identitäten ihre Eigentümer überleben.


Dr. Maximilian Schubert, LL.M., Generalsekretär von ISPA (Internet Service Providers Austria), dem Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft, www.ispa.at

Als digitaler Nachlass werden jene Daten bezeichnet, die nach dem Tod eines Users im Internet weiter bestehen. Dazu zählen Profile in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter, aber auch E-Mail-Konten, Online-Banking oder Konten bei Online-Bezahldiensten, Blogs, Domainnamen und Websites, um deren Weiterbestehen, Nutzung oder Löschung sich Hinterbliebene kümmern.
„Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten, wie mit dem digitalen Nachlass umgegangen werden kann: erhalten, löschen, archivieren oder an Hinterbliebene übertragen“, weiß der Rechtsexperte Dr. Maximilian Schubert, LL.M., Generalsekretär von ISPA (Internet Service Providers Austria), dem Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft. „Rechtlich ist noch nicht geklärt, wie mit einer Hinterlassenschaft in der Online-Welt umzugehen ist. Das Erbrecht ist in fast allen Staaten der Welt unterschiedlich. Verkompliziert wird die Sache, wenn ein Todesfall mehrere Staaten betrifft, etwa die verstorbene Person in Österreich gelebt und einen E-Mail-Dienst eines US-amerikanischen Unternehmens genutzt hat“, so Schubert weiter. Seit 2015 ist durch die EU-Erbrechtsverordnung geregelt, dass nicht mehr die Staatsbürgerschaft der verstorbenen Person ausschlaggebend ist, sondern der „gewöhnliche Aufenthalt zum Todeszeitpunkt“. Jedoch kann durch ausdrückliche „Rechtswahl“ festgehalten werden, beispielsweise im Testament, dass trotz der neuen EU-Erbrechtsverordnung das Recht des Staates gelten soll, dem die Person angehört.

Rechtzeitig vorsorgen

Es macht durchaus Sinn, von Zeit zu Zeit eine Bestandsaufnahme durchzuführen und zu überlegen, welche persönlichen Daten im Internet vorhanden sind und was in der digitalen Welt – soweit das beeinflussbar ist – nach dem eigenen Ableben weiterhin bestehen sollte und was nicht.
Eine möglichst vollständige Liste mit allen Online-Mitgliedschaften, Profilen und sonstigen Online-Aktivitäten ist meistens schon die halbe Miete der Vorsorge. In dieser Liste können auch Nicknames oder Zugangsdaten verzeichnet sein. Die Liste sollte regelmäßig aktualisiert sowie sicher und sorgsam verwahrt werden.
Darüber hinaus gibt es auch sogenannte „Online-Bestatter“. Sie bieten als Dienstleistung für die Angehörigen an, das Internet nach Onlineaktivitäten der oder des Verstorbenen zu durchsuchen und sich beispielsweise um die Löschung von Profilen oder die Kündigung von Verträgen und Mitgliedschaften zu kümmern. Nutzerkonten bei eher unbekannten oder weniger verbreiteten Onlinediensten können aber auch nur schwer ausfindig gemacht werden. Ebenso Profile, die unter Pseudonym oder mittels einer unbekannten Mail-Adresse registriert wurden. rh