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Vorzeigewissenschaftler

Josef Penninger, wissenschaftlicher Direktor am IMBA, Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, im Wordrap zum Thema Wissenschaft, Medizin und Geld


Foto: beigestellt

Die Krankheit, gegen die ich gerne ein Mittel entdecken würde, ist … nicht nur eine, sondern viele. In meinem Labor sind wir konkret daran interessiert, neue Ansätze für verschiedene Krebs­erkrankungen, Herzerkrankungen und chronischen Schmerz zu erforschen.

Genforschung ist notwendig, weil … die fundamentalen Prinzipien unseres Lebens in den Genen definiert sind. Die moderne Genforschung erlaubt uns, diese fundamentalen Prinzipien zu entdecken, ein unglaublich spannender Vorgang.

Was mich noch immer zum Staunen bringt, ist, …
wie ausgeklügelt und wunderbar die Biologie funktioniert. Es ist doch unglaublich, wie viele Millionen von Zellen jeden Tag neu entstehen oder sterben und welche komplexen Vorgänge in jeder einzelnen Zelle vor sich
gehen. Jetzt ist sicher eine der besten Zeiten, Forscher zu sein und all diese neuen Technologien zu nutzen, mit deren Hilfe eine völlig neue Sichtweise auf die Bio­logie und Medizin möglich wird.

Die heimische Forschungsförderung ist … weit entfernt von optimal. Meiner Meinung nach ist es spätestens jetzt an der Zeit, auch in Österreich eine Max-Planck-ähnliche Forschungsgesellschaft zu gründen. Dieser Schritt würde Österreich für die nächsten 50 Jahre in die Elite-Liga der Forschung schießen.
Der Forschungsstandort Österreich ist … ein Standort mit viel Potenzial, der sehnsüchtig darauf wartet, entwickelt und gefördert zu werden.

Wissenschaft und Wirtschaft sind … sehr gut miteinander vereinbar. Wissenschaft, wie ich sie betreibe, möchte oft vor allem aus intellektuellem Interesse verstehen, wie Krankheiten entstehen und was in der normalen Physiologie vor sich geht. Aber gerade in der medizinischen Wissenschaft darf dort natürlich nicht Schluss sein. Das Ziel ist doch, Entdeckungen hervorzubringen, die eines Tages zur Anwendung kommen können, um Patienten zu helfen. An diesem Punkt muss die Wirtschaft einsteigen und ihren wertvollen Beitrag leisten. Insofern kann eine gute Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sehr fruchtbringend sein.

Wissenschaftspreise sind …
eine nette Anerkennung für die Arbeit, die man geleistet hat.

Was bedeutet Geld für mich?
Natürlich sollen alle, auch Wissenschaftler, für ihre Leistungen angemessen bezahlt werden. Aber am Ende des Tages muss man sich schon die Frage stellen, wie viele Häuser, Autos und sonstigen materiellen Kram braucht man eigentlich? Viel wichtiger ist doch, dass man in seiner Tätigkeit Erfüllung findet und die Chancen, die einem das Leben gibt, bestmöglich nützt. Ich bin bis 35 ausschließlich mit dem Fahrrad gefahren und war sehr glücklich dabei.

Wir Forscher tragen Verantwortung, weil … Wissenschaft eine globale Sprache ist. Jeder Wissenschaftler, egal welcher Herkunft, welcher Lebensphilosophie oder Augenfarbe, findet hier eine gemeinsame Basis, auf der diskutiert werden kann und auf der sich gemeinsam Probleme lösen lassen. In diesem Sinne hat Wissenschaft meiner Meinung nach auch eine sehr wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe und ist einer der zukunftsorientiertesten Bereiche in einer modernen Gesellschaft.

Für die Medizin wünsche ich mir … dass sie noch näher an die Grundlagen­forschung rückt. Durch die neuen Technologien, wie etwa die Möglichkeit
extrem rascher Genanalysen durch „deep sequencing“, eröffnen sich für junge Mediziner heutzutage unglaub­liche Möglichkeiten. Die Kluft zwischen der Grundlagenforschung und der Medizin ist heute schon deutlich kleiner als noch vor wenigen Jahren.

Für die Zukunft wünsche ich mir … eine österreichische Gesellschaft, in der Bildung und Wissenschaften einen wichtigen Stellenwert haben – den Stellenwert nämlich, den sie als absolute Zukunftsthemen haben müssten. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der keine Partei mehr eine Wahl gewinnen kann, ohne sich mit diesen wichtigen Themen auseinanderzusetzen.


Josef Penninger stammt aus Oberösterreich und studierte an der Universität Innsbruck Medizin, Kunstgeschichte und Spanisch. 1990 promovierte er beim Innsbrucker Pathologen und Alternsforscher Georg Wick. Forschungsaufenthalte führten Penninger als Post-Doc an das Ontario Cancer Institute und als Lehrenden an die University of Toronto. Seit 2003 ist er wissenschaftlicher Direktor am IMBA in Wien.
Penninger hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten und mehr als 400 Arbeiten publiziert, eine große Zahl davon in renommierten Journals wie Nature
und Science.

Vom Magazin Esquire wurde er in die Reihe der „Zehn interessantesten Menschen des Jahres 2000“ aufgenommen, 2003 wurde er in Österreich zum Wissenschaftler des Jahres gekürt. 2007 erhielt er zudem die Carus-Medaille der Deutschen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, den Ernst Jung-Preis für medizinische Spitzenforschung und mit dem Descartes-Preis den höchsten Wissenschafts-Preis der EU.
Zu seinen wichtigsten Forschungsleistungen zählen richtungsweisende Erkenntnisse über die molekulare Basis von Osteoporose und Brustkrebs sowie Arbeiten zu den Themen chronischer Schmerz, Herz- und Lungenerkrankungen.