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Volkskrankheit Depression: Arbeitsunfähigkeit und Arzneimittelverordnungen

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland. Aufgrund der oftmals langen Erkrankungsdauer und häufig wiederkehrenden Symptomatik kommt der Krankheit eine große allgemeine sowie auch ökonomische Bedeutung zu.


Seelische Erkrankungen sind immer häufiger der Grund von Frühpensionierung. Foto: istockphoto

In einem „Depressionsatlas“ Deutsche Techniker Krankenkasse (TK) wurde auf der Basis von Routinedaten eine Vielzahl empirischer Ergebnisse und Befunde zu Depressionen in unterschiedlichen Gruppen von Berufstätigen und unterschiedlichen Regionen Deutschlands sowie zu Veränderungen der Maßzahlen in den vergangenen Jahren zusammengestellt.
Depressionen gehören mittlerweile zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in der Erwerbsbevölkerung. Aufgrund der langen Erkrankungsdauer und der meist wiederkehrenden Symptomatik spielt das Thema eine zentrale Rolle am Arbeitsplatz. Der aktuelle jährliche Gesundheitsreport der deutschen Techniker Krankenkasse widmet sich heuer schwerpunktmäßig den Rückenbeschwerden. Doch die Auswertungen zeigen, dass die depressive Episode bei den Hauptursachen von Krankschreibungen inzwischen die gleiche Relevanz hat wie Rückenschmerzen.

Fehlzeiten und Depression

In einem „Depressionsatlas“ wurden die Fehlzeiten aufgrund von depressiven Störungen zusammengefasst und zeigen ein Bild, das durchaus betroffen macht: Rund 7 Prozent der Gesamtfehlzeiten, das entspricht 4,3 Millionen Fehltagen, entstehen aufgrund von Depressionen bei den Versicherten der Techniker Krankenkasse – und das sind immerhin 4,1 Millionen Erwerbspersonen. „Rechnet man unsere Daten auf die Gesamtbevölkerung hoch, ergeben sich über 31 Millionen depressionsbedingte Fehltage bundesweit. Die Zahl allein wirkt, doch wirft man einen Blick auf die Entwicklung, wird die Tragweite erst sichtbar: Es geht um eine Zunahme von fast 70 Prozent seit dem Jahr 2000“, erklärt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der deutschen Techniker Krankenkasse. Dass auch die Verordnungen von Antidepressiva in diesem Zeitraum um ein Drittel gestiegen sind, versteht sich fast von selbst.
Aus Umfragen ist bekannt, dass 80 Prozent der Beschäftigten in Deutschland bereits Erfahrung mit Rückenschmerzen haben. „Wir verzeichnen unter dieser Diagnose fast viermal so viele Fälle wie unter Depressionen. Allerdings dauert eine Arbeitsunfähigkeit bei Patienten mit Rückenschmerzen mit durchschnittlich 13,6 Tagen auch nicht annähernd so lang wie eine depressive Episode mit knapp zwei Monaten“, gibt Baas Einblick.
Misst man eine Volkskrankheit daran, welche Auswirkungen sie gesamtgesellschaftlich hat, ist der Begriff gut gewählt, denn: Depressionen sind nicht nur für die Patienten und ihr persönliches Umfeld langwierig, sondern auch für die Unternehmen und durch den hohen medizinischen Versorgungsbedarf und den meist damit einhergehenden Krankengeldbezug auch für Krankenkassen ein Thema.

Macht Arbeit krank?

Dass die psychisch bedingten Fehlzeiten zunehmen, Verordnungsraten steigen, dass immer mehr Menschen psychotherapeutische Leistungen in Anspruch nehmen, dass seelische Erkrankungen immer häufiger der Grund von Frühpensionierung sind, ist nicht neu. Über Ursachen wurde viel spekuliert. Einerseits ist die Diagnostik besser geworden, denn vieles, was früher unter somatischen Diagnosen verbucht wurde, wird heute als psychische Belastung identifiziert. Parallel dazu hat sich die Arbeitswelt in den letzten Jahren verändert, die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit sind verschwommen, die Anforderungen nehmen – nicht zuletzt aufgrund neuer Kommunikationstechnologien – rasant zu und bringen Menschen unter Druck. Phänomene wie unsichere Arbeitsverhältnisse, die Diskrepanzen zwischen Job und Qualifikation, aber auch lange Wegstrecken von und zur Arbeit verschärfen den Stress. Ob jemand aber tatsächlich krank wird oder sich vom Arbeitsumfeld krank machen lässt, hängt von vielen Faktoren ab, jedoch unter dem Strich von den persönlichen Gesundheitsressourcen und damit von der Fähigkeit, mit psychischen Belastungen umzugehen. rh

Quelle: www.tke.de