Vermieten – oder lieber doch nicht?
Da hat man sie nun – eine Wohnung, die man nicht mehr selbst bewohnen kann – oder will. Verkaufen? Kommt nicht in Frage. Später, wenn die Kinder groß sind, will vielleicht der Nachwuchs einmal einziehen. Vermieten – das ist die Lösung. Wie lange soll die Immobilie vermietet werden? Da muss vorerst einmal investiert werden – rechnet sich das dann aber?
Immobilien gelten – nicht nur unter Ärzten – als sicherer Investment-Hafen. Finanzkrise und Inflationsängste haben die Flucht ins Betongold angeheizt. Die Immobilienpreise stiegen dramatisch, die Mieten konnten damit nicht Schritt halten. Für potenzielle Käufer bedeutet das, dass Vermieten immer weniger abwirft. Vor allem – je besser die Lage der Wohnung, desto geringer ist mittlerweile die Rendite. In Wien muss man sich im Schnitt auf eine Rendite von drei Prozent einstellen, in der Innenstadt sind es oft nicht einmal zwei. Spesen, Steuern, Erhaltungskosten und Leerstände können die Rendite noch weiter schmälern. Auf der anderen Seite wird der Zuzug in die Städte in den nächsten Jahrzehnten anhalten. Die Nachfrage nach Wohnungen wird hoch bleiben. Zudem schützen Immobilien bis zu einem gewissen Grad vor der Geldentwertung, denn Mietverträge enthalten meist eine Indexklausel: Das bedeutet, dass die Miethöhe in regelmäßigen Abständen der Inflation angepasst werden kann.
Zahlt es sich also angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen aus, eine nicht benötigte Wohnung zu vermieten? Eine Frage, die auch ein Immobilienprofi wie Ing. (FH) Dr. Michael P. Reinberg, Reinberg & Partner, nicht wie aus der Pistole geschossen beantworten kann: „Ob es sich rechnet, kann nur individuell entschieden werden.“ Grundsätzlich ist zu klären: Was will der Eigentümer? Denkt er thesaurierend und ausschüttend? Reinberg: „Die höchsten Verkaufspreise erzielen. Dafür gibt es aber keine Ausschüttung, da ja niemand Miete zahlt. Habe ich die Immobilie langfristig vermietet, ist sie im Verkauf weniger wert. Dafür bekomme ich aber Monat für Monat Miete überwiesen. Habe ich sie befristet vermietet, ist sie weniger wert als bestandsfrei, aber mehr wert als langfristig vermietet. Ich bekomme aber weniger Miete, da ich einen 25-prozentigen Abschlag hinnehmen muss. Egal für welche Form man sich schlussendlich entscheidet, gerechnet werden muss immer. Am besten mit einem Steuerberater.“
Die Erträge der Immobilie unterliegen der persönlichen Besteuerung, allerdings sind sie nicht in voller Höhe steuerpflichtig. „Vom vereinnahmten Zins müssen zum Beispiel Instandhaltungs-, Leerstands-, Neuvermietungs- und Mieterwechselkosten abgezogen werden“, rechnet Reinberg vor. Dazu kommen noch nichtumlagefähige Betriebskosten und vom Eigentümer zu bildende Rücklagen der Mieteinnahmen. „Allein die Kosten für die Hausverwaltung schlagen sich mit 200 bis 250 Euro pro Jahr, die Rücklagen für Instandhaltung je nach aktuellem Zustand der Wohnung zwischen sechs und zehn Euro pro Quadratmeter Wohnfläche pro Jahr nieder“, so Alexander Glück von der Hausverwaltung Glück Immobilien. Und an einer Hausverwaltung führe fast kein Weg vorbei. „Oder wollen Sie, wenn es Probleme gibt, täglich in ihrer Ordination oder im Spital angerufen werden?“ Aus seiner Sicht komme es am günstigsten, jene Hausverwaltung mit der Verwaltung zu betrauen, die auch das Haus in dem sich die Wohnung befindet, betreut. Dafür dürfen Kosten, die im Zusammenhang mit der Vermietung oder der Verpachtung stehen, wie zum Beispiel Absetzung für Abnutzung (Afa), Betriebskosten, Zinsen für die Finanzierung des Gebäudes als Werbungskosten abgezogen werden. Kleinere Reparaturen und Servicearbeiten sind sofort im Jahr der Bezahlung absetzbar. Instandsetzungsaufwendungen, die den gesamten Nutzwert erhöhen oder die Nutzungsdauer des Gebäudes verlängern, sind hingegen bei Wohngebäuden zwingend auf zehn Jahre abzuschreiben.
Noch ein Tipp: Prinzipiell unterliegen Ihre Einnahmen als Vermieter auch der Umsatzsteuer. Sollten die Umsätze jedoch unter 30.000 Euro (Nettogrenze) jährlich liegen, ist man als Kleinunternehmer von der Umsatzsteuer befreit. Nachteil: Man darf keine Vorsteuern abziehen. Stehen also größere Reparaturen an, empfiehlt es sich zu überlegen, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Denn damit wird man vorsteuerabzugsberechtigt.
Das geht alles zulasten der Rendite. Was auf den ersten Blick wie eine Vier-Prozent-Rendite aussieht, schrumpft dann ganz schnell auf magere zwei.
Wie hoch darf die Miete sein?
Ganz entscheidend, ob sich eine Vermietung rechnet, ist der zu erzielende Mietzins. Doch wie hoch darf dieser sein? Glück versucht Licht ins Dunkel zu bringen. „Das kommt ganz darauf an, um welche Wohnung es sich handelt. Bei frei finanzierten Wohnungen sind Sie auch in der Mietzinsbildung frei. Sie können verlangen, was Sie wollen.“ Fällt die Wohnung in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, was vor allem auf Altbauwohnungen zutrifft, wird die Sache kompliziert. „Das trifft auf die meisten Wohnungen in Wien zu. Man kann daher in etwa davon ausgehen, dass nur bei ca. 25 Prozent der Mietwohnungen die Miete frei vereinbar ist“, so Glück. „Seit dem dritten Wohnrechtsänderungsgesetz gilt das Richtwertsystem.“ Grundlage für die Berechnung des Richtwertmietzinses ist der für jedes Bundesland gesondert festgesetzte Richtwert, der für die mietrechtliche Normwohnung in Euro pro Quadratmeter Nutzfläche und Monat angegeben wird. „Für Wien beträgt der Richtwert derzeit 5,16 Euro pro Quadratmeter.“ Dazu werden noch Zu- und Abschläge berücksichtigt. Glück: „Da kommt es auf die Zweckbestimmung der Wohnung, auf die Stockwerkslage, selbst die Lage innerhalb des Stockwerks, auf eine über oder unter dem Durchschnitt liegende Ausstattung, die Grundrissgestaltung, den Erhaltungszustand des Hauses an. Zusätzlich gibt es noch einen Lagezuschlag für eine überdurchschnittliche Lage beziehungsweise Wohnumgebung des Hauses.“ Abschläge gibt es auch für Kategorie-B- und -C-Wohnungen. „Die Mietdauer spielt ebenfalls eine Rolle. Wird ein Mietvertrag auf Zeit abgeschlossen, muss ein 25-prozentiger Befristungsabschlag berücksichtigt werden. Das System ist selbst für einen Immobilienfachmann kaum zu durchschauen“, so Glück. „Private sind hier leicht überfordert, machen Fehler und schaden mitunter sich selbst.“
Dem pflichtet auch Mag. Stephan Seidelmann, Rechtsexperte bei der Wohnbaugenossenschaft „Alpenland“ bei. Denn handelt es sich um eine von einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft errichtete Wohnung, wird die Sache noch einmal komplizierter. „Ein Käufer, der vor oder bei der Errichtung der Wohnhausanlage direkt vom Bauträger kauft, kann seine Wohnung ohne Mietzinsbindung frei vermieten. Wer allerdings die Wohnung selbst nutzt und erst nach Ablauf von zehn Jahren kauft, darf für die Wohnung, sofern eine Untervermietung überhaupt erlaubt ist und solange die Förderung läuft, nur einen kostendeckenden Mietzins verlangen. Erst nach Tilgung der Förderungsdarlehen ist ein freier Mietzins zulässig. Kauft er hingegen vor Ablauf der Zehnjahresfrist und läuft die Förderung aus, ist der höchste zu erzielende Mietzins 70 Prozent des für das Burgenland (Anm. d. Red.: bundesweit) gültigen Richtwertes. Das sind magere 3,29 Euro. Eine weitere besondere Falle bilden alte Eigentumswohnungen, die mit Wohnbauförderungsmitteln zwischen 1954 und 1984 gebaut wurden. Diese unterliegen, solange sie bestehen, dem Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes und dürfen bei noch nicht erfolgter Tilgung der Förderungsdarlehen sogar nur nach dem Richtwertmietzins vermietet werden.“
Grenzen einhalten
„Hält man sich nicht an die Bestimmungen, dann kann es teuer werden“, mahnt Dr. Ernst Denk, Denk & Kaufmann Rechtsanwälte OG. Vor allem bei befristeten Verträgen. „Bei unbefristeten Mietverträgen verjähren Rückforderungsansprüche für Mietzinsüberschreitungen nach § 27 Abs 3 Mietrechtsgesetz (MRG) in drei Jahren“, so der Immobilienexperte. „Abweichend davon verjähren Rückforderungsansprüche aus Mietzinsüberschreitungen bei befristeten Miet- und Untermietverhältnissen gemäß § 16 Abs 8 bzw § 26 Abs 4 MRG in zehn Jahren.“ Dies aber nur, sofern das Mietverhältnis nach dem 30. Juni 2000 begonnen hat oder bei früher begonnenen Mietverhältnissen bei Verlängerungen für den nach dem 30. Juni 2000 beginnenden Zeitraum (§ 49 Abs 3 MRG).
„Wenn Sie also 2013 einen auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag abschließen, diesen einmal um weitere fünf Jahre verlängern und sich über den gesamten Zeitraum nicht an die Zinsobergrenzen halten, kann es ihnen passieren, dass Sie ihr Mieter in zehn Jahren – also 2023 – vor Gericht zerrt und zur Kasse bittet“, warnt Denk. Wobei es auf die Zahlung, nicht aber auf die Vorschreibung ankommt. Bei angenommenen 50 Euro zu hoch bemessenem Zins macht das in zehn Jahren immerhin 6.600 Euro inklusive Umsatzsteuer aus – zuzüglich Zinsen. „Diese aber nur rückwirkend für drei Jahre“, fügt der Anwalt hinzu – vorausgesetzt man macht seine Ansprüche innerhalb von sechs Monaten nach Auflösung des Mietverhältnisses oder nach seiner Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis geltend (§ 16 Abs 8 MRG).
Luft wird dünn
Aber auch bei den frei vereinbarten Mieten wird die Luft langsam dünn. „1.200 Euro Monatsmiete sind so etwas wie eine natürliche Grenze“, meint Michael Ehlmaier, Geschäftsführer EHL-Immobilien. Bis zu diesem Betrag sei die Nachfrage hoch, darüber nur noch „moderat“. Ab 2.000 Euro hört sich bei den Mietwohnungen das Geschäft überhaupt fast ganz auf; wer sich eine solche Wohnung leisten kann, kauft sie lieber gleich. In Quadratmeterpreisen ausgedrückt werden im Qualitätssegment Nettomieten von 11 bis 13 Euro „ohne Weiteres akzeptiert“, so Ehlmaier. „Ab etwa 15 Euro wird es aber sehr eng. Über dieser Schwelle liegende Mieten werden in den kommenden Jahren nur bei außergewöhnlicher Lage und Ausstattung erzielbar bleiben.“
„Für den Erfolg und die Höhe der Rendite ist ein guter Mieter maßgebend“, so Glück. „Den finanziellen Hintergrund des Mieters sollten Vermieter daher genau prüfen.“
Damit unter dem Strich auch etwas übrigbleibt, muss die Miete auch regelmäßig fließen. „Das Zinsausfallsrisiko darf nicht unterschätzt werden“, so Glück. „Lieber den potenziellen Mieter zweimal anschauen.“ Auch ein zu hoher Mietzins kann zu häufigeren Mieterwechseln führen. „Was nützt Ihnen eine hohe Miete, wenn alle sechs Monate ein Mieterwechsel stattfindet, weil der Mieter eine günstigere Wohnung findet“, mahnt Glück, das Augenmaß nicht zu verlieren – und hat für vermietungswillige Ärzte auch gleich einen Tipp für die Mietersuche parat: „Es muss nicht immer das Inserat sein. Setzen Sie auf Mundpropaganda. Halten Sie Ausschau nach Kollegen, die zum Beispiel eine Wohnung für ihre studierenden Kinder suchen“.
Sonderfall Expats
„Ins Ausland entsendete Geschäftsleute – sogenannte Expatriates – suchen sich meist gehobene Wohnviertel aus, die einen hohen Freizeitwert bieten und in der Nähe von internationalen Schulen und Botschaften liegen“, erklärt Mira Pathak, Business Development Manager bei ECA International. „Diese Wohnlagen gehören meist zu den teuersten.“
Untersuchungen von ECA zufolge gewähren mehr als 90 Prozent der entsendenden Unternehmen ihren Expatriates grundsätzlich Mietzuschüsse. Doch auch hier gibt es einen Pferdefuß: Wer eine Wohnung an einen Expat vermietet, muss sich auf einen abrupten Abgang gefasst machen. Der Wegzug kommt nicht selten überraschend. Plötzlich erhält der Hauseigentümer die Nachricht, dass sein Mieter in zwei Wochen ausziehen muss, weil er von der Firma in ein anderes Land geschickt wird. Stelle man nachträglich Mängel fest, werde es dann oft schwierig, den Expat zu belangen.
„Wie viel unter dem Strich übrigbleibt, hängt auch von den persönlichen Einkommensverhältnissen und den damit verbundenen Steuersätzen ab“, räumt Reinberg ein. Der Finanzminister nascht bei den Einkommen aus Vermietung und Verpachtung gehörig mit. Bereits ab einem Einkommen über 25.000 Euro beträgt der Grenzsteuersatz 43,21 Prozent, über 60.000 Euro wandert jeder zweite Euro in das Budget.
Eines sollte man auf jeden Fall bedenken. Als Vermieter haben Sie auch Pflichten. Sie müssen das Haus sowie die Mietgegenstände und Anlagen, die zur gemeinsamen Benutzung der Bewohner dienen, im ortsüblichen Standard erhalten, wie beispielsweise Dächer, Mauern, Stiegenhaus, Wasserrohre, Mauern, Lift, Zentralheizung oder etwa Wärmeschutzmaßnahmen am Gebäude. Wenn der Vermieter seiner Erhaltungspflicht nicht nachkommen sollte, kann jeder Mieter dies durchsetzen. Der Mieter kann etwa die Durchführung von Erhaltungsarbeiten über Antrag bei der Schlichtungsstelle bzw. beim Bezirksgericht erzwingen. Auf jeden Fall sind Sie erster Ansprechpartner für den Mieter.