Unterschätzte Immobilien
Die österreichischen Immobilien-AGs liefern solide Ergebnisse und attraktive Dividenden. Trotzdem sind ihre Aktien immer noch zum Diskontpreis zu haben.
Die Unsicherheit auf den Finanzmärkten durch die Schuldenkrise und die Angst vor steigender Inflation hat dazu geführt, dass viele Anleger in Immobilien geflüchtet sind. Denn Sachwerte gelten vor allem in Krisenzeiten als stabile und sichere Geldanlage. Inzwischen sind die Preise für Häuser und Wohnungen aber kräftig gestiegen, sodass kaum mehr nennenswerte Renditen auf das eingesetzte Kapital zu verdienen sind.
Indirekt statt direkt
Weitaus bessere Verdienstchancen winken dagegen bei einer indirekten Beteiligung an einem diversifizierten Portfolio aus laufenden Projekten und Bestandsimmobilien, die regelmäßige Mieterträge abwerfen. Dazu zählen die Aktien der österreichischen Immobilien-AGs: Sie liefern solide Zahlen, verwöhnen ihre Anleger neuerdings mit attraktiven Ausschüttungen und notieren mit Abschlägen von 50 bis 60 Prozent zu ihrem inneren Wert, obwohl ihre Wachstumsaussichten voll intakt sind – nicht zuletzt deshalb, weil sie verstärkt im lukrativen deutschen Wohnimmobilienmarkt mitmischen.
Als Immofinanz, CA Immobilien und Conwert am 21. März 2011 in den ATX aufrückten, war die Hoffnung groß, dass sich ein Platz in der Top-Liga der Wiener Börse auch positiv auf die Aktienkurse auswirken würde. Angesichts der taumelnden Aktienmärkte hat sie sich bis dato aber nicht erfüllt. Das mag unter anderem auch daran liegen, dass die österreichischen Immo-AGs, ähnlich wie die heimischen Banken oder Versicherungen stark in die östlichen Nachbarstaaten expandiert haben und diese Region von Investoren als riskant eingeschätzt wird. „Investoren haben momentan mehr Vertrauen in die Westmärkte“, bedauert Immofinanz-CEO Eduard Zehetner. „Das Potenzial von Zentral- und Osteuropa muss erst allgemein anerkannt werden.“
Bei Immofinanz entfallen 48 Prozent des Portfolios auf Osteuropa, bei CA Immo und S Immo rund 40 Prozent. Allerdings darf man die Region nicht in einen Topf werfen. Die Immobilienmärkte in den einzelnen Ländern entwickeln sich äußerst unterschiedlich. In Südosteuropa sind die Mietpreise weiterhin unter Druck und die Leerstandsraten hoch. „Vom Tiefpunkt 2010 geht es zumindest langsam wieder aufwärts“, berichtet S Immo-Vorstand Holger Schmidtmayr. In Polen und Russland, wo die Wirtschaft überdurchschnittlich stark wächst, läuft dagegen auch das Immobiliengeschäft entsprechend gut. Immofinanz erzielt beispielsweise in Russland Mietrenditen von bis zu 13 Prozent und verzeichnet mit drei Prozent den geringsten Leerstand seines Portfolios.
Deutscher Boom
Besonders begehrt ist derzeit allerdings der stabile und liquide deutsche Immobilienmarkt, wo zudem auch deutlich höhere Renditen zu erwirtschaften sind als im Heimmarkt Österreich. Das gilt insbesondere für den Bereich Wohnimmobilien. Die auf dieses Segment spezialisierte Conwert hat sich dort in den letzten Jahren kräftig eingekauft und hält inzwischen 46 Prozent ihres Portfolios in deutschen Wohnungen und Zinshäusern.
Bei S Immo entfällt knapp ein Fünftel auf deutsche Wohnimmobilien. CA Immo ist dagegen in erster Linie mit Gewerbeimmobilien präsent, beabsichtigt aber ebenso wie Immofinanz im lukrativen Wohnbereich stärker Fuß zu fassen. Denn: Die Durchschnittsmieten in Berlin, Deutschlands größtem Wohnimmobilienmarkt, liegen laut Johannes Meran, Verwaltungsratsvorsitzender der Conwert, mit 5,20 Euro pro Quadratmeter gut 30 Prozent unter dem Wiener Niveau. Aufgrund der kontinuierlichen Zuwanderung und des Trends zu kleineren Haushalten wird die Nachfrage anhalten. Schmidtmayr ist deshalb überzeugt, „dass die Preise in Berlin in den nächsten zwei bis drei Jahren noch weiter steigen werden.” Es überrascht daher nicht, dass Conwert mit Immobilien in Wien vermehrt Kasse macht und sich dafür in Deutschland weiter einkauft.
Zuckerl für Anleger
Nachdem die Aktienkurse der heimischen Immo-AGs enttäuscht haben – seit Jahresbeginn konnte nur Immofinanz nennenswert zulegen – versuchen die Unternehmen ihre Anleger jetzt mit Ausschüttungen bei der Stange zu halten, wobei das Beispiel der Immofinanz von den anderen inzwischen kopiert wird: Statt einer Dividende erfolgt eine Einlagenrückzahlung, die vom Anleger KESt-frei vereinnahmt werden kann.
Es ist also nicht zu spät, sich die eine oder andere heimische Immo-Aktie noch ins Depot zu legen – insbesondere Immofinanz und S Immo. Die breit über Sparten und Länder diversifizierte Immofinanz verbindet Sicherheit durch regelmäßige Mieteinnahmen mit den Wachstumschancen aus ihrer Entwicklungspipeline. Die Aktien sind am günstigsten bewertet (KGV 10,5) und liefern die höchste Dividendenrendite (5,7 %).
S Immo ist ein eher defensives Investment mit relativ geringen Kursschwankungen. Im Vordergrund steht die Profitabilitätssteigerung durch Optimierung des Portfolios und Rückkauf eigener Aktien, was angesichts eines Abschlags von fast 50 Prozent vom inneren Wert durchaus Sinn macht. S Immo verzehnfachte 2011 ihren Gewinn auf 21,2 Millionen Euro und schüttet erstmals eine Dividende von 0,10 Euro als KESt-freie Einlagenrückzahlung aus.
emb
Foto: Bildagentur waldhäusl