Terror aus dem Netz
Mobbing ist kein neues Phänomen. Mit der Verbreitung von Internet und Handy findet das systematische Belästigen, Bloßstellen, Fertigmachen oder auch absichtliches Ausgrenzen jetzt auch im „virtuellen Raum“ statt. Die Besonderheiten von Cybermobbing: Es kann rund um die Uhr erfolgen, erreicht ein großes Publikum und die Täter agieren – scheinbar – anonym.
Cybermobbing ist grundsätzlich Mobbing, das über Smartphones oder Internet und soziale Netzwerke online passiert. Opfer haben praktisch keine Chance zu entkommen, denn die Täter kommen bis ins Kinderzimmer. Die Opfer können sich nicht mehr entziehen, finden keinen Schutzraum mehr. Zudem vergisst das Netz nicht – was einmal dort steht, kann nur schwer gelöscht werden und noch nach Jahren in Suchmaschinen auftauchen.
„Täter sind sogenannte Bullies. Opfer sind meist Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, die oft wegen ihres Aussehens oder besonderer Verhaltensmerkmale ein Angriffsziel werden. Besonders Jugendliche sind sensibel, was seelische Verletzungen betrifft, aber auch Erwachsene können Ziel von Cybermobbing-Attacken werden“, erklärt Mag. Dr. Mario Lehenbauer-Baum, Klinischer Psychologe und seit 2014 Leiter des Bereichs „Diversity“ des Berufsverbands Österreichischer Psychologinnen und Psychologen. Die Gründe, via Online-Medien gemobbt zu werden, sind genauso vielfältig wie im realen Leben: ob jemand zu dünn, zu dick, zu schüchtern ist, einer anderen Religionsgemeinschaft angehört oder einfach den Neid eines Kollegen auf sich gezogen hat.
Tatort Schule
Für Opfer gilt: Auf jeden Fall Hilfe suchen! „Betrifft es Schüler in einer Schule, sollten Eltern mit der Schulleitung sprechen und die Polizei einschalten. Cybermobbing ist kein harmloses Spiel, sondern ein ernsthaftes Vergehen, das mit fatalen Folgen bis hin zum Suizid enden kann“, ist Lehenbauer-Baum überzeugt. US-amerikanische Untersuchungen gehen davon aus, dass 28 % aller Schüler zwischen zwölf und 18 Jahren im Schuljahr 2011 Opfer von Cybermobbing-Angriffen waren, einen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt es in der Zahl der Angriffe kaum, jedoch in der Art und Weise, wie gemobbt wird. Während bei Burschen eher gleichgeschlechtliche Kinder und Jugendliche die Angreifer sind, kommen bei Mädchen sowohl Mädchen als auch Jungs als Bullies infrage. Mädchen leiden auch weit häufiger unter Verbalattacken, der Verbreitung von Gerüchten oder der Ausgrenzung von Gruppenaktivitäten, wobei bei Burschen eher körperliche Attacken im Vordergrund stehen.
Ist Prävention möglich?
Gibt es bereits Cybermobbing-Angriffe, so äußert sich das am Verhalten, das sowohl von Freunden als auch von Eltern und Lehrern beobachtet werden kann: Der PC wird deutlich weniger genutzt, Traurigkeit oder Wut ist speziell nach der Internetnutzung besonders bemerkbar oder der Kontakt zu Gleichaltrigen – auch außerhalb des Internets – wird reduziert.
„Medienerziehung ist ein zentraler Punkt in der Vorbeugung gegen Cyberangriffe. Erwachsene sowohl in der Familie als auch in der Schule sollten mit den Kindern schon früh besprechen, was erlaubt ist und was nicht“, rät Lehenbauer-Baum. Dazu gehören zum Beispiel das gemeinsame Nutzen von Online-Plattformen und das Interesse an den Online-Aktivitäten der Kinder.
„Auch sollte – altersgerecht – das Thema ‚Sexting‘ angesprochen werden, und welche Bilder wo und wie geteilt werden. Man hat, sobald man etwas versendet, keine Kontrolle mehr über Bilder und es kann passieren, dass diese Bilder weiter geteilt werden. Eltern und auch Lehrer sollten daher möglichst offen über die Gefahren des Internet sprechen. Die Politik ist insofern gefordert, entsprechende gesetzliche Grundlagen zu schaffen, damit Cybermobbing auch gesetzlich geahndet werden kann und somit Opfer entsprechend geschützt und Täter verfolgt werden können“, ist Lehenbauer-Baum überzeugt.
Hilfe suchen
Cybermobbing betrifft manchmal überaus sensible Themen, beispielsweise wenn Nacktbilder ohne Einverständnis oder Wissen von anderen Personen geteilt werden, jemand wegen seines Aussehens gemobbt wird oder auch wegen seiner oder ihrer Sexualität. Hier Hilfe zu suchen, speziell wenn es um ein schambesetztes Thema geht, ist für viele Personen nicht vorstellbar, aber unbedingt notwendig, da man sich nur so gegen Täter zur Wehr setzen kann. Hier spielen mit Sicherheit Hausärzte und Psychologen eine Rolle, aber auch Vertrauenspersonen innerhalb von Schulen oder anderen Einrichtungen, die einer Schweigepflicht unterliegen und Opfer über entsprechende Gegenmaßnahmen informieren können. rh
Die Rechtslage in Österreich
In Österreich ist Cybermobbing durch das Stalking-Gesetz geregelt, das am 1. Juli 2006 in Kraft getreten ist und Opfer von Belästigungen besser schützt. Von „Stalking“ wird gesprochen, wenn über längere Zeit ein Stalker immer wieder die räumliche Nähe des Opfers sucht, mithilfe von Telekommunikation oder durch sonstige Kommunikationsmittel oder durch Dritte den Kontakt zum Opfer herstellt, unter Verwendung der persönlichen Daten des Opfers Waren oder Dienstleistungen in dessen Namen bestellt oder unter Verwendung der persönlichen Daten des Opfers Dritte dazu auffordert, mit dem Opfer Kontakt aufzunehmen.
Die möglichen Maßnahmen reichen von Wegweisung über Betretungsverbote bis hin zur Festnahme.
Weitere gesetzliche Bestimmungen sind zum Beispiel im Strafgesetzbuch zu finden: Beleidigung (§ 115 StGB), üble Nachrede (§ 111 StGB) oder Verleumdung (§ 297 StGB). Das Mediengesetz gilt auch für öffentliche Websites und sieht zum Beispiel Schadenersatz für Opfer von übler Nachrede, Beschimpfung, Verspottung und Verleumdung vor (§ 6).
Das Urheberrechtsgesetz regelt unter anderem das „Recht am eigenen Bild“ (§ 78 UrhG), indem es die Veröffentlichung von Bildern ohne die Zustimmung des Abgebildeten verbietet.
Im Datenschutzgesetz (DSG 2000) ist geregelt, wer unter welchen Bedingungen welche Daten besitzen und verwenden darf.
Quelle: www.help.gv.at; www.saferinternet.at
Tipps gegen Cybermobbing
- Seiten sperren oder blockieren: In den meisten sozialen Netzwerken, Foren und Chats können unerwünschte Personen gesperrt werden. Bei Mobiltelefonen – Nummer ändern.
- Nicht antworten: Auf Nachrichten, durch die man sich belästigst fühlt, nicht eingehen.
- Beweise sichern: Screenshots von unangenehmen Nachrichten, Bildern oder Chats machen und öffentlich machen – Eltern, Lehrer oder die Polizei informieren.
- Probleme melden: Belästigungen nicht einfach hinnehmen, sondern umgehend die Betreiber der Website informieren. Vorfälle, die illegal sein könnten, den Behörden melden.
- Privatsphäre schützen: Vorsicht bei Angaben im Internet. Zugangsdaten geheim halten und sichere Passwörter verwenden.
- Rechtslage kennen: Niemand darf Fotos – auch nicht in positivem Zusammenhang – ungefragt online stellen. Cybermobbing ist strafbar und kann rechtliche Folgen haben.
- Hilfe suchen: bei Eltern, Lehrern, Freunden, Polizei, aber auch Ärzten und Psychologen
Quelle: https://www.saferinternet.at