Technik up to date
Im Falle von Praxisneugründungen oder -umgestaltungen sind viele Aspekte zeitgerecht in Betracht zu ziehen. Neben rechtlichen, behördlichen, funktionellen oder ästhetischen Fallstricken sind Ärzte gut beraten, für (medizin)technische Fragen den Rat von Experten zu suchen.
Umbau oder Neubau einer Ordination müssen oft unter Zeitdruck erfolgen und sind von unzähligen Fragestellungen gespickt, die sich nicht aus dem Bauch heraus beantworten lassen. Das beginnt bei der Wahl der Immobilie, die besichtigt werden muss. Schon hier müssen die richtigen Fragen und Bedingungen gestellt werden, Kostenschätzungen müssen in realisierbarem Rahmen bleiben, erforderliche Umbauarbeiten sollten abgeschätzt werden können – unzählige Entscheidungen, die sich am besten mithilfe eines Experten treffen lassen, denn welcher Arzt hat schon ausreichend Know-how in der Baubranche. Den wichtigsten Tipp schickt Eva Pöschl von pöschlmed, Expertin für Beratung, Medizintechnik, Design und Architektur, deshalb gleich voraus: „Unterschreiben Sie nicht zu früh!“
Komplette Ausstattungslisten
Am Anfang großer Pläne stehen nämlich etwa die Wahl der geeigneten Immobilie, Verhandlungen mit dem Eigentümer oder Vermieter, die Planung von Umbauarbeiten – speziell im Fall von Sanierungen –, ein durchdachtes Raumkonzept mit entsprechend finalisiertem Grundriss. Und das ist erst der Anfang. „Ich habe einige Diskussionen erlebt, weil die Ausstattungslisten für die Immobilie nur Wohnung, Geschäftslokal oder Büro umfassten. Eine Arztordination benötigt jedoch gerade hinsichtlich der Medizintechnik ganz andere Voraussetzungen: mehr Stromkreise, mehr Stromleistung. Diese Installationen nachzurüsten beschert den ohnehin strapazierten Bauherrenbudgets zusätzliche Kosten“, warnt Pöschl.
Konkret bedeutet das, dass eine normale Wohnung etwa vier Kilowatt (kW) benötigt, im Schnitt braucht eine medizinische Praxis aber 14 kW. „In vielen Fällen sind beispielsweise 8 kW vorhanden, der Rest muss nachgekauft werden“, erzählt Pöschl und ergänzt: „Das passiert auch seriösen Immobilienanbietern, weil oftmals nicht klar ist, wie viel Stromleistung welcher Facharzt benötigt. Bei weniger seriösen Architekten und Bauplanern wird dann schon mal ein ordentlicher Aufschlag auf die Kosten des Stromlieferanten verrechnet.“ Erfolgt diese Aufrüstung aber nicht, so kann es passieren, dass immer wieder die Sicherungen fallen, wenn zu viele Geräte am Stromnetz hängen und das ist laut der Expertin bei Gynäkologen, Allgemeinmedizinern, Dermatologen, Augenärzten oder Chirurgen schnell einmal der Fall. „Bei Gynäkologen benötigen beispielsweise viele Geräte Strom“, wird Pöschl konkret. „Eine elektrisch verstellbare Liege benötigt etwa 0,3 kW, eine kleine Untersuchungsleuchte
0,2 kW, ein Ultraschalldiagnostikgerät 1,5 kW, ein Thermodesinfektor 7 kW und ein Sterilisator der B-Klasse 3 kW. Nachdem eine normale Wohnung etwa 4 kW hat, zwei zusammengelegte 8 kW haben, geht sich das nicht mehr aus – der Rest muss nachgekauft werden.“ Dazu kommt noch die gesamte EDV. Laut einem aktuellen Fall von pöschlmed benötigt ein Gynäkologe 17 kW – Pannen sind da vorprogrammiert, wenn nicht rechtzeitig geplant wird.
Planung ist alles
Aus diesem Grund empfiehlt Pöschl, die Ausstattungsliste an die Erfordernisse anzupassen. Sie stellt eine große Unterstützung für den Eigentümer und den Arzt dar, erleichtert Verhandlungen und Planungen und verhindert teure Nachrüstungen. Dienstleister wie pöschlmed bauen die erforderlichen technischen Erweiterungen aus, die Mehrkosten für den Arzt werden nicht verrechnet. Voraussetzung: Die zusätzlichen Erfordernisse werden rechtzeitig eingeplant.Selbst wenn der Grundrissplan vorliegt und das Raumkonzept bereits steht, sollte kein Vertrag unterschrieben werden! Praxisplaner bzw. Medizintechniker sollten den erforderlichen Wert für medizintechnische Anschlüsse berechnen. Sobald ein Profi ans Werk geht, haftet er für verrechnete Leistung und legt im Normalfall eine Übersicht und ein Datenblatt der medizintechnischen Geräte und erforderlichen kW-Anschlüsse vor. In Zusammenarbeit mit dem Elektriker wird für alle involvierten Gewerke geplant.
Pöschl hat jedoch noch einen Tipp auf Lager: „Planen Sie zukunftsorientiert! Im Idealfall werden nicht nur Steckdosen, sondern auch Netzwerksteckdosen eingeplant. Viele Datentransfers passieren schon heute via PC. In Zukunft werden die Geräte immer besser, sie sollten daher schon heute netzwerkfähig sein.“ Einen Sonderfall stellen Gruppenpraxen dar, da zum Zeitpunkt des Neu- oder Umbaus oft noch nicht klar ist, welche Fachärzte eingemietet werden. „Planen Sie in diesem Fall unbedingt ausreichend Steckdosen und Netzwerkanschlüsse vor. Das verhindert Nachrüsten“, rät Pöschl.
Raumplanung im Detail
Im Zuge der baulichen Planungen gilt es, den Umfang technischer Geräte zu berücksichtigen. Speziell in der Stadt ist nicht jede Ordination großzügig dimensioniert. Im Idealfall planen Techniker und Praxisplaner, wie die wichtigsten Geräte eingebaut und verstaut werden können. Die schönste Designerplanung bringt nichts, wenn die Größen nicht passen und Geräte in Notlösungen verstaut werden. Und auch hier gilt: zukunftsorientiert planen, Zukunftsanschlüsse einkalkulieren. Ausstattungslisten, die nur für Büro, Geschäftslokal oder Wohnung adaptiert sind, reichen nicht.
Eine gute Möbelplanung lässt sich dennoch mit einer ästhetischen Designfunktion vereinbaren. Einzig der Funktionalität ist gegenüber dem Design der Vorzug zu geben, denn Abläufe müssen effizient erfolgen können. Denken Sie daran, dass manche Geräte vom Arzt, andere von der Assistenz, aber manche auch abwechselnd von beiden bedient werden. Entsprechend leicht zugänglich sollten sie sein. Zudem erfordern manche – beispielsweise invasive – Eingriffe mehr Platz. Auch diesen Aspekt gilt es, in Kosten und Planung zu berücksichtigen.
Ein weiterer Faktor, der sich in der Planung niederschlagen sollte, sind Boden und Decke. „Wo mit Stromgeräten gearbeitet wird, sollte ein elektrisch ableitender Bodenbelag verwendet werden“, sagt Pöschl. „In Behandlungsräumen für invasive Eingriffe braucht der Bodenbelag Hohlkehlen und muss fugenfrei sein. Holzböden sind zwar ästhetisch, aber nicht immer die optimale Wahl. Kunststoffböden sind häufig funktioneller, weil sie besser desinfiziert und gereinigt werden können.“ Die Raumhöhe kann hinsichtlich der Be- und Entlüftung zum großen Thema werden. Die Expertin erklärt: „Manche Fachärzte benötigen eine besonders gute Luftzirkulation. Be- und Entlüftung können sehr teuer kommen und müssen – auch mit dem Arbeitsinspektorat – gut vorausgeplant werden. Eine mögliche Beschattung von außen – für Augenärzte, Dermatologen, Internisten oder Mediziner, die mit Ultraschall arbeiten – gehört mit dem Eigentümer bzw. Vermieter vorausgeplant, um teures Nachrüsten zu verhindern.“
„Wir raten unbedingt dazu, einen Grundriss der Praxis mit einer Ablaufplanung, einem Möbelplan und der Planung der medizintechnischen Anschlüsse und Steckdosen dem Kauf- oder Mietvertrag beizulegen“, rät Pöschl. „Nicht der Arzt soll die Haftung übernehmen, sondern jedes Gewerk für sich.“ Die Räumlichkeiten müssen ohnehin als Ordination (um)gewidmet sein, was für den Vermieter oder Eigentümer etwa bedeutet, dass Barrierefreiheit bzw. entsprechende Parkplätze – auch behindertengerechte – eingeplant werden müssen.
Gebraucht und fast neu
Medizintechnische Geräte können natürlich den Preis einer Ordination gewaltig in die Höhe schrauben, doch es müssen nicht immer fabriksneue Geräte sein. „Etwa im Laborbereich gibt es gute Preise für gebrauchte Geräte“, weiß Pöschl. „Wichtig ist dabei allerdings, dass sie geprüft sind, und zwar von einem Medizintechniker, keinem Händler. Lassen Sie sich das im Zweifelsfall nachweisen.“
IT-Geräte wie PC oder Drucker, aber auch Kühlschränke für Impfstoffe, Medikamente oder Blut werden erfahrungsgemäß oft zu spät bestellt, passen dann nicht optimal in die vorgesehenen Plätze und bedürfen wiederum einer Notlösung. „Diese Gerätebestellungen sollten schon in der Planungsphase erfolgen, dann sind Ansprechpartner vorhanden und sie können optimal eingepasst werden“, rät die Expertin für Arztordinationen.
In Summe ist die Botschaft klar: Rechtzeitige Planung kann hohe Kosten verhindern. Es rentiert sich, vor Vertragsunterzeichnung der Planung mehr Zeit zu gönnen, denn Versäumtes kostet in jedem Fall Zeit, Geld und Nerven. bw