Sicher biken
Die schönste Zeit für Motorradtouren hat längst begonnen. Eine durchdachte Top-Ausrüstung stellt in Sachen Sicherheit ein mindestens ebenso großes Muss dar wie das Fahrkönnen.
Sicherheit und Komfort sind die beiden Komponenten, die einander häufig zu widersprechen scheinen. Als Motorradfahrer lässt sich nicht leugnen, dass die Situation im Straßenverkehr eine besonders exponierte darstellt, die auch eines besonderen Schutzes bedarf. Die moderne Motorradkleidung lässt aber auch den Komfort nicht zu kurz kommen. Gerade Ärzte wissen um den Effekt eines Sturzes mit dem Motorrad schon bei mittlerer Geschwindigkeit und unzureichender Ausrüstung nur zu gut Bescheid. Im Jahr 2011 passierten von insgesamt 45.025 Unfällen mit Verletzten auf heimischen Straßen 8.605 mit einspurigen Fahrzeugen, das sind 5,7 % mehr als 2010, aber deutlich weniger als in den Jahren davor. Der gefährlichste einspurige fahrbare Untersatz ist demnach übrigens nicht das Motorrad, sondern das Moped – es war an fast 5.000 dieser Unfälle beteiligt. Dramatischer sieht die Sachlage allerdings bei den Unfällen mit Getöteten aus: Von insgesamt 523 Unfällen erfolgten 85 mit einspurigen Fahrzeugen und davon der weitaus überwiegende Teil davon, nämlich 68, mit Klein-, Leicht- oder schwereren Motorrädern. Deutsche Statistiken rechnen für Motorradfahrer mit einem etwa 20-fach höheren Todesrisiko im Vergleich zu Autofahrern. Fazit: Wenn es mit dem Motorrad kracht, dann ist die Ausrüstung ein entscheidender Faktor, da die Geschwindigkeit naturgemäß die Unfallfolgen verschärft.
Schutz für den Körper
Zur Mindest-Standardausrüstung eines sicherheitsbewussten Motoradfahrers gehören Helm, Stiefel, Handschuhe sowie Motorradjacke und -hose mit Protektoren. „Zum Motorradfahren gehört die richtige Bekleidung, denn bei einem Sturz ist sie die einzige ‚Knautschzone‘ zwischen Fahrer und Asphalt“, warnt der ÖAMTC. Leder ist widerstandsfähiger als Textil, zusätzliche Polsterungen schützen und wärmen gleichzeitig. Sogenannte Protektoren schützen exponierte Körperstellen wie Schultern, Ellenbogen und Knie und müssen eng am Körper anliegen. Auch ein Nierenschutz kann das Verletzungsrisiko reduzieren und schützt zudem vor Zugluft. Es gibt ihn auch in Kombination mit einem Rückenprotektor. Ober- und Unterteil der „Bikerkluft“ sollte wenn möglich per Reißverschluss verbunden sein, damit sich bei einem Sturz nichts verschiebt, was zu Verletzungen führen kann.
Für den fast unausweichlichen plötzlichen sommerlichen Regenguss – oder den feinen Dauerregen – erweist sich freilich eine Regenkombination als unentbehrlich. Das Potenzial für den passiven Schutz auf dem Motorrad ist leider begrenzt. Einen technischen Fortschritt stellen diesbezüglich Airbag-Westen dar, die auch im Crashtest überzeugen konnten. Der ÖAMTC hat neue Modelle getestet und stellt ihnen gute Zeugnisse aus: „Airbag-Schutzsysteme können die Folgen bei mittelschweren Motorrad-Unfällen deutlich mildern.“ Eine Investition, die sich mehr als rentieren kann, denn nach dem Kopf ist der Brustkorb beim Biken dem zweithöchsten Verletzungsrisiko ausgesetzt!
Wer Hirn hat, schützt es
Wer sich nicht vorstellen kann, was mit einem ungeschützten Kopf passiert, dem seien die Science Busters nahegelegt, die in ihrem Wissenschaftskabarett anschaulich zeigen, wie ein ungeschützter Kopf reagiert, der aus einer Höhe von nur etwa drei Metern fällt: Er platzt wie eine reife Melone. „Den besten Schutz für den Kopf bietet ein Integral- oder Vollvisierhelm mit fester Kinnpartie“, rät der ÖAMTC. „Aber auch Modulhelme, mit abnehmbarem Kinnteil, sind aufgrund ihrer großen Wandlungsfähigkeit eine Alternative.“ Belüftungssystem, Antibeschlag-Beschichtung und kratzfestes Visier verlängern die Lebensdauer und erhöhen den Komfort, sollten jedoch unbedingt der EC-Norm 22 entsprechen. Eine perfekte Passform ist ein Muss – sowohl für den Fahrer als auch den Beifahrer: strammer Kinnriemen, ausreichend, aber nicht zu viel Platz. Ein zu lockerer Helm geht am Ziel vorbei. Lederne Handschuhe und feste Motorradstiefel haben übrigens nicht nur den Effekt, dass sie im Fall eines Sturzes schützen, sie halten auch warm, wenn mal die Außentemperatur zu wünschen übrig lässt. „Handschuhe sollten an gefährdeten Stellen wie Handballen und Fingerknöchel verstärkt oder gepolstert sein. Füße und Unterschenkel sollten ebenfalls durch Motorradstiefel mit Knöchelschutz geschützt werden“, heißt es seitens des ÖAMTC.
Der Sozius
Was für den Fahrer gilt, trifft selbstverständlich auch auf den Mitreisenden zu. „Wer nur ab und zu auf einem Motorrad mitfährt, sollte lernen, sich nicht nur ‚am Fahrer festzukrallen‘“, rät der ARBÖ. Zunächst wird vereinbart, wie sich der Sozius festhält und wie er mit dem Fahrer kommuniziert. Vereinbarte Zeichen erleichtern zum Beispiel die Verständigung, wenn ein Stopp notwendig ist, ohne den Fahrer zu sehr abzulenken. Eine Helmgegensprechanlage erleichtert freilich vieles, ist aber aus Kostengründen nicht für jeden Standard. „Fahrer und Mitfahrer sollten eine Einheit bilden, moderater Körperkontakt auf der Maschine ist das ‚Non-Plus-Ultra‘“, raten ARBÖ-Experten. Der Sozius sollte sich mit in die Kurve legen, den Straßenverlauf im Auge behalten und beim Bremsen die Knie an den Fahrer pressen. Die Füße des Mitfahrers bleiben übrigens immer auf den Fußrasten, auch an der Ampel. Nur wenn der Fahrer Bescheid weiß, darf der Sozius absteigen.
Motorradfahren ist nicht bloß eine Fortbewegungsart, sondern ein Lebensgefühl, ein Hobby, das mit Genuss und Umsicht betrieben werden soll. Entscheidend ist niemals nur das Bike, sondern auch die Ausrüstung zeigt, wie ernsthaft der Fahrer die Sache angeht – und kostet entsprechend. Hochwertige Motorradausrüstung mag nicht billig sein, aber sie kann Leben retten.
Das gehört zur Motorradausrüstung
- Stiefel
- Handschuhe
- Helm
- Protektorenkombi
- Nierengurt
Höchst sinnvolle Ergänzungen:
- Motorradjacke mit Airbag bzw. Safety Jackets
- Rückenprotektoren
- Rückenhöcker und Genickschutz
- Reflektoren
- Regenkombi