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Schutzschirm gegen Inflation

Anleger brauchen einem realen Verlust ihres Kapitals durch Inflation nicht tatenlos zuzuschauen: Mit einer Mischung aus Sachwerten wie Gold, Aktien, Immobilien und inflationsgeschützten Anleihen lässt sich das Portfolio vor Preissprüngen schützen.


Die Entscheidung von EZB-Chef Jean-Claude Trichet am 7. April kam wenig überraschend: Mit der ersten Leitzinserhöhung seit zwei Jahren vom historischen Zinstief um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent wurde die Zinswende eingeleitet. Nach diesem ersten Schritt sollen noch zwei bis drei weitere in ähnlicher Größenordnung bis zum Jahresende folgen, um den Preisauftrieb in den Griff zu bekommen. 2012 könnte der Leitzins noch um weitere 100 Basispunkte ansteigen, meinen Experten. Denn die jährliche Inflationsrate ist im März im Euro-Raum bereits auf 2,7 Prozent, in der EU und in Österreich gar auf 3,1 Prozent angestiegen. Die gefühlte Inflation – gemessen an den Gütern des täglichen Lebens wie Treibstoffpreis oder Nahrungsmittel – ist sogar weitaus höher.
Inflation führt bei gleichbleibendem Lohnniveau zu realen Einkommensverlusten. Höhere Zinsen auf dem Sparbuch sind auch nur ein schwacher Trost, weil nach Abzug von Kapitalertragsteuer und Inflation unter dem Strich nichts übrig bleibt. Für festverzinsliche Anleihen sind steigende Zinsen auf jeden Fall Gift, weil der auf die Gesamtlaufzeit fixierte Kupon real an Wert verliert. Doch es gibt Auswege aus der Misere: Mit einer Mischung aus Sachwerten wie Gold, Aktien, Immobilien und inflationsgeschützten Anleihen können Anleger ihr Portfolio vor Preissprüngen schützen.

Auswege aus der Misere

Gold wirft zwar keine Zinsen ab, erweist sich langfristig aber als erstaunlich wirksamer Inflationsschutz. Wenn es um Werterhalt und ultimative Sicherheit geht, sind Barren und Münzen das einzig sinnvolle Anlageobjekt. Gold in Form von Wertpapieren, also Minenaktienfonds, Börse-gehandelten Fonds (ETFs) oder Zertifikaten, bietet nur bedingt Schutz, weil das Gold meist nicht physisch hinterlegt ist. Im Ernstfall bekommt man womöglich seinen Anteil beziehungsweise die passende Stückelung nicht heraus.
Immobilien bieten ebenfalls Schutz gegen Geldentwertung – vor allem dann, wenn nachhaltige Erträge durch indexierte Mietverträge vereinbart sind. Wer sich kein Zinshaus leisten kann, ist in offenen Immobilienfonds gut aufgehoben, die aufgrund der strengen Gesetzgebung als besonders sicher gelten. Immobilienaktien sind dagegen weitaus spekulativer, weil man sich nicht an einzelnen Objekten, sondern einer Aktiengesellschaft beteiligt, die Immobiliengeschäfte betreibt. Oft steht bei diesen Gesellschaften das margenstärkere Projektgeschäft und nicht das stabilere, wenn auch weniger ertragreiche Vermietungsgeschäft im Vordergrund. Nachdem die Kurse durch Angebot und Nachfrage an der Börse entstehen, können diese erheblich vom tatsächlichen Wert der Immobilien abweichen. Wer sich gegen Inflation schützen will, sollte deshalb genau auf den Fokus der Gesellschaft schauen. „In der auf Wohnimmobilien in besten städtischen Lagen spezialisierten conwert ist man da beispielsweise gut aufgehoben“, erklärt Martin Rupp, Fondsmanager der 3-Banken-Generali Investmentgesellschaft.

Auch Aktien gelten schlechthin als resistent gegen Inflation, weil die Substanz eines Unternehmens dahinter steht. Bei näherem Hinsehen muss man jedoch differenzieren, welche Branchen oder Unternehmen tatsächlich den Charakter von Sachwerten haben. „Dazu zählen vor allem Unternehmen, die Produkte des täglichen Bedarfs anbieten“, präzisiert Rupp – konkret: Nahrungsmittel, Getränke, Körperpflege, Energie, also Produkte, die unabhängig von Konjunktur und Teuerungsrate gefragt sind. Diese Unternehmen können in der Regel auch aufgrund ihrer Marke oder ihrer Marktstellung mögliche Preissteigerungen an den Verbraucher weitergeben und ihre Margen halten – wie zum Beispiel Nestlé, Unilever, Procter & Gamble, Kraft Foods, McDonalds, Coca-Cola, Verbund oder OMV. Oder man setzt auf Unternehmen, die Preissteigerungen verursachen wie der brasilianische Bergbaukonzern Vale. Kurzum: Rohstoffe sind ein guter Hedge, wenn sie – so wie jetzt – Inflationstreiber sind. Banken, Biotech- oder Software-Firmen sowie sehr zyklische Unternehmen wie Auto- oder Maschinenbauer sind für Rupp dagegen keine Sachwerte. Auch von Gesellschaften, die einen Berg von Schulden vor sich herschieben und unter steigenden Zinsen entsprechend leiden, sollte man besser die Finger lassen.

Herkömmliche Staatsanleihen sind in Inflationszeiten ebenfalls schlechte Wahl. Denn Fixzinsanleihen verlieren an Wert, wenn die Zinsen steigen, weil neue Papiere mit höheren Kupons emittiert werden. Für Bondanleger gibt es dennoch einen Ausweg: Mit variabel verzinsten Papieren wie Floatern oder inflationsindexierten Anleihen kann man sein Vermögen für den realen Kapitalerhalt absichern.

Bei Floatern wird der Zinskupon in regelmäßigen Abständen neu festgesetzt. Geldmarktfloater binden ihren Zinssatz meist an den Dreimonats-Euribor, Kapitalmarktfloater an den Kapitalmarktzins. Zum jeweiligen Referenzzins wird je nach Emittentenrisiko ein Bonitätszuschlag addiert. Nachdem sich der Zinssatz von Floatern nahe am aktuellen Zinsniveau bewegt, ist das Zinsänderungs- und Kursrisiko auf die Periode bis zur nächsten Zinsfestsetzung begrenzt. Bei steigenden Zinsen ist man also entsprechend geschützt.
Bei inflationsindexierten Anleihen, die vorwiegend von Staaten begeben werden, setzt sich der Kupon aus einer fixen und einer variablen Komponente zusammen. Der Fixkupon ist typischerweise niedriger als jener von klassischen Anleihen. Dafür werden der variable Teil und Nennwert mit dem Inflationsfaktor – im Euroraum gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex HVPI exklusive Tabak – multiplikatorisch verknüpft und an die tatsächliche Teuerung angepasst. Im Klartext: Bei einer jährlichen Teuerung von drei Prozent steigt der reale Kupon von 1,5 Prozent nach einem Jahr auf 1,55 Prozent und der Nominalwert auf 103. Nach 15 Jahren Laufzeit beträgt der Kupon 2,34 Prozent und der Nominalwert 155,80.

Zwar preisen auch klassische Anleihen bei der Emission eine bestimmte Inflationsrate sowie eine Inflationsrisikoprämie auf den Realzins ein. Wenn die Inflationserwartung jedoch steigt, sind inflationsindexierte Anleihen, im Fachjargon kurz Linker genannt, im Vorteil. Und sie sind es umso mehr, wenn die Teuerungsrate höher ausfällt als vom Markt erwartet. Umgekehrt sind sie dagegen im Nachteil, wenn die Inflationsrate zurückgeht und somit auch Kupon und Nominale. Am schlechtesten wäre man in Zeiten einer Deflation dran. Allerdings: „Bei europäischen Anleihen werden zumindest 100 Prozent vom Nennwert am Ende der Laufzeit zurückbezahlt“, erklärt Edgar Maichel, Experte vom Asset Management Zinsen in der Schoellerbank. Linker können zwar während der Laufzeit ebenso wie Fixzinsanleihen im Kurs schwanken. Das Ausmaß ist jedoch weitaus geringer.
„Inflationsschutzanleihen sind ein intelligentes Produkt, um gut schlafen zu können“, resümiert Christian Ohswald, Leiter Raiffeisen Private Banking Wien. Er zieht allerdings die maßgeschneiderten Produkte von Banken den klassischen Linkern von Staaten wie Frankreich, Deutschland oder Italien vor. „Wir suchen nach Anbietern mit geringem Emittentenrisiko – wie Société Générale, Barclays oder Morgan Stanley – und einer überschaubaren Laufzeit von beispielsweise fünf Jahren.“ Dabei handelt es sich, so Maichel, „um strukturierte Produkte mit einem klaren Auszahlungsprofil, die für Anleger leichter verständlich sind.“ Konkret: Die Teuerungsrate wird in der Regel nur über den Kupon abgegolten und die Anleihe am Ende der Laufzeit zu 100 % getilgt. Meist wird anfangs ein Fixkupon gezahlt, der deutlich über dem Realzins liegt. Danach gibt es meist einen fixen Mindestkupon plus Inflationsabgeltung gemäß Euro-Verbraucherpreisindex ex Tabak. Manche Emittenten stellen die Kuponauszahlung auch über einen Multiplikator dar – zum Beispiel Refundierung des 1,25-fachen Inflationsindex.

Diese strukturierten Produkte von Banken, die im Hintergrund mit Derivaten (Optionen und Swaps) abgesichert sind, werden gerne auch in Versicherungsprodukte gegen Einmalerlag verpackt. Uniqa, Wiener Städtische, Sparkassen Versicherung oder Generali versprechen nach 15-jähriger Laufzeit die Auszahlung von zumindest 175 Prozent der Nettoprämie (= abzüglich vier Prozent Versicherungssteuer) plus die Abgeltung der Teuerungsrate gemäß HVPI-Entwicklung.
Inflationsgesicherte Anleihen gibt es längst auch in Form von Investmentfonds. Mehr als drei Dutzend solcher Fonds werden inzwischen auf dem österreichischen Markt angeboten – mit aktivem Management oder einfach als Börse-gehandelter Indexfonds. Der Vorteil der Fondskonstruktion: Das Portfolio ist breit über unterschiedliche Laufzeiten gestreut. Meist wird in Emittenten von Industriestaaten mit guter Bonität investiert. Doch das Universum wird laufend größer. Mit dem Julius Bär EmMa Inflation Linked Bond kann man auf Schwellenländer, mit dem M&G European Inflations Linked Corporate Fund auf Unternehmensanleihen setzen.
Kurzum: Das Spektrum an Inflationsschutzprodukten ist groß genug, um seine persönliche Anlagestrategie zu formulieren. Wer lieber auf einen aktiv verwalteten Mix aller dieser Instrumente zurückgreifen will, ist dazu am besten im 3-Banken-Sachwerte-Fonds aufgehoben.

emb

3-Banken-Sachwerte-Fonds

Der im September 2009 lancierte Fonds (ISIN AT0000A0ENV1) fasst sämtliche Bereiche mit Sachwert-Charakter unter einem Dach zusammen – also Aktien von Unternehmen mit Produkten des täglichen Bedarfs, vorzugsweise mit großer Marktmacht, geringer Zinssensitivität, geringer Verschuldung und starker Bilanz, Rohstoffe aller Art – von Öl über Metalle bis hin zu Agrar-Rohstoffen – Gold, Silber, Immobilien vorzugsweise Wohnimmobilien mit wertgesicherten Mieterträgen, inflationsgeschützte Anleihen und krisensicheren Währungen. So wird der Cash-Anteil lieber in Hartwährungen wie Norwegischen Kronen oder Schweizer Franken als in Euro gehalten. „Oberster Grundsatz ist der reale Kapitalerhalt“, erklärt Fondsmanager Martin Rupp.

Aktuelle Inflationsprodukte von Banken

Société Générale 4 %

  • Feste Kuponzahlung in Höhe von 4 % p.a. in den ersten beiden Jahren
  • 125 % Partizipation an der positiven Entwicklung der Inflationsrate der Eurozone
  • Laufzeit 5 Jahre
  • ISIN DE000SG14FL1

Barclays 3,4 %

  • Verzinsung von mindestens 3,4 % p.a. für die gesamte Laufzeit
  • 100 % Partizipation an der Entwicklung der Inflationsrate der Eurozone
  • Maximalkupon 5 %
  • Laufzeit 5 Jahre
  • ISIN DE000BC0CNU1

Barclays 4,15 %

  • Verzinsung von 4,15 % im ersten und zweiten Jahr
  • 125 % Partizipation an der positiven Entwicklung der Inflationsrate der Eurozone
  • Laufzeit 5 Jahre
  • ISIN DE000BC0CN59

Morgan Stanley 3,5 %

  • Fixkupon von 3,5 % im ersten Jahr
  • 100 % Partizipation an der positiven  Entwicklung der Inflationsrate der Eurozone, Mindestkupon 3,5 %
  • Laufzeit 5 Jahre
  • ISIN  DE000MS0KAB0