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Schaffen Ärzte den Turnaround?

Wenn Medizin wieder von Medizinern und nicht von Ökonomen oder Politikstrategen gemacht wird, steht einer Verbesserung der Rahmenbedingungen nichts mehr im Weg.


Prim. Priv.-Doz. Dr. Matthias Rab, Prim. Univ.-Doz. Dr. Rudolf Knapp. Fotos: ZVG

Primarärzte sind von einem realen Einkommensverlust und unattraktiven Rahmenbedingungen besonders betroffen. Kann Medical Leadership die Lösung sein?

Prim. Priv.-Doz. Dr. Matthias Rab
Vorstand der Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Klinikum Klagenfurt/Wörthersee 

Medical Leadership würde ganz bestimmt helfen. Mediziner sind keine Buchhaltungsprofis, aber sie haben einen sehr genauen Einblick in die Abläufe in einem Krankenhaus und verstehen eben so viel von Ökonomie wie so mancher Krankenhausmanager. Ich stelle mir einen Krankenhauschef vor, der eine medizinische Ausbildung hat und auch als Mediziner tätig war, also jedenfalls praktische Erfahrung am Krankenbett mitbringt. Das Problem beginnt ja schon oft beim Bau und der Planung von Gesundheitseinrichtungen, wo scheinbar auf die Bedürfnisse von Arzt und Patient, die eine Kernleistung sind, keine Rücksicht genommen wird. Das Ergebnis zeichnet sich schon ab: Weder Ärzte noch Patienten wollen in Einrichtungen arbeiten oder behandelt werden, die auf ihre Anforderungen nicht abgestimmt sind. Patienten lassen sich nicht täuschen, die gehen dorthin, wo sie sich in guten Händen fühlen und die Qualität stimmt. Ärzte brauchen dazu Zeit sowie eine anständige Entlohnung und Anerkennung ihrer Arbeit.

Prim. Univ.-Doz. Dr. Rudolf Knapp
Leiter der Abteilungfür Radiologie, Bezirkskrankenhaus Kufstein

Die Kultur eines „fee for service“ hat das Potenzial des Systems fast vollständig aufgebraucht. Am deutlichsten zeigt es der niedergelassene Bereich: Innerhalb von 13 Jahren haben wir 4 % weniger Kassenärzte bei gleichzeitiger Zunahme der Wahlärzte um über 120 % erzielt. Auch im intramuralen Bereich hat das „leistungsorientierte“ System Einzug gehalten. Mehr Leistung ist besser als weniger – und das ist auch nichts Anrüchiges. Noch dazu sind solche, aus der klassischen Dienstleistung stammende Systeme leicht von jedem Betriebswirt zu managen und dadurch auch politisch korrumpierbar. Der Fehler ist nur – wir produzieren Leistung und nicht Wert und damit an unserem Markt, Kranke so gut es geht zu behandeln, eigentlich vorbei. Es ist Zeit, das medizinische Fließband abzustellen und Manufakturen zu gründen. Dann wird Medizin endlich wieder eine erfüllende Tätigkeit sein und nicht zuletzt auch Spaß machen! Den Weg dorthin müssen aber wir Ärzte selbst in aller Verantwortung gehen. Das können uns keine Ökonomen, Betriebswirte, Manager oder andere nicht ärztliche Berufe abnehmen.

Zum Nachlesen: NHS Institute for Innovation and Improvement and Academy of Medical Royal Colleges. Medical Leadership
Competency Framework. Coventry: NHS Institute for Innovation and Improvement. 2010, 3rd edition.

Der VLKÖ

Der VLKÖ ist die Plattform leitender Ärzte im Gesundheitswesen. Sie hat engen Kontakt zu über 1.500 Ärzten in Führungsposition und vertritt deren Anliegen und Interessen. Eines der Hauptanliegen des Verbandes ist es, gesundheitspolitische Themen voranzutreiben, um neue, dringend benötigte Lösungsansätze für Probleme, mit denen sich Primarärzte im Berufsalltag konfrontiert sehen, zu diskutieren und so auch zu Verbesserungen beizutragen. Die Mitglieder des VLKÖ verfügen über hohe fachliche Expertise und Kompetenz hinsichtlich ihrer Organisation und über sehr gute Kenntnis des österreichischen Gesundheitswesens. Damit stellt der Verband eine informative Plattform von Primar- und Oberärzten dar. Durch die enge Zusammenarbeit mit allen wichtigen medizinischen Fakultäten, Akademien und Gesundheitsinstitutionen hat der Verband einen weitreichenden Einblick in das ärztliche Gesundheitswesen der Krankenhäuser und arbeitet stets auch an einer soliden Zusammenarbeit mit der niedergelassen Kollegenschaft.
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