Rechtzeitig aufs Erbe schauen
Nun ist die Katze aus dem Sack. Offiziell gibt es sie nicht – weder Erbschafts- noch Vermögenssteuer.
„Die Anhebung der Grunderwerbssteuer und die Erhöhung der Immobilienertragsteuer darf man durchaus als Erbschafts- und Vermögenssteuer durch die Hintertür bezeichnen“, heißt es dazu aus den Reihen der Steuerberater. Besitzer inländischer Immobilien zählen sicher nicht zu den Gewinnern dieser Steuerreform. Roland Reisch, Partner bei TPA Horwath, fasst die Änderungen knapp zusammen: „Nicht erfreulich, aber auch nicht allzu tragisch“ – wenngleich Reisch bei der Vorgehensweise der Bundesregierung in Sachen Steuern ein Faust-Zitat in den Sinn kam. „Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“ Denn so manches liegt noch im Dunkeln.
Boni für den Staat
Eines steht aber jetzt schon fest. Ab 2016 nascht der Finanzminister bei jedem Grundstückserwerb kräftig mit. Anstelle des dreifachen Einheitswertes wird die Grunderwerbsteuer mit dem Verkehrswert berechnet. Damit das nicht in allen Fällen zu einer Verteuerung führt, werden im Familienverband ermäßigte Steuersätze von 0,5 Prozent bis 150.000 Euro und zwei Prozent bis 300.000 Euro eingezogen. Darüber gilt – ebenso wie für Grundstückserwerbe zwischen nicht verwandten Personen – wie bisher ein Steuersatz von 3,5 Prozent.
Ob diese Maßnahme zu einer Verteuerung führt und sich daraus Vorzieheffekte ergeben werden, hängt immer vom Verkehrswert der Immobilie und dem Verhältnis zum Einheitswert ab. In jedem Fall müssen Schenkungen zwischen denselben Personen zukünftig kompliziert zusammengerechnet werden, damit diese die Ermäßigungsschwellen nicht durch sukzessives Schenken mehrfach ausnützen können. Deshalb ist es gut möglich, dass auch Schenkungen vor dem Inkrafttreten der Steuerreform in die Zusammenrechnung einbezogen werden.
Flankiert wird diese Änderung von einer Erhöhung der Immobilienertragsteuer (ImmoESt) von 25 auf 30 Prozent. Für den Altbestand – also jene Liegenschaften, die am 1. März 2012 nicht mehr steuerhängig waren – führt dies ab 1. Jänner 2016 zu einer Steuerlast von 4,2 Prozent statt bisher 3,5 Prozent vom Verkaufspreis. Neben der Grunderwerbssteuer müssen Immobilienbesitzer außerdem eine Gerichtsgebühr in der Höhe von 1,1 Prozent für die Grundbucheintragung entrichten, die bei Erbschaft oder Schenkung im Familienverband aber vermutlich weiterhin vom dreifachen Einheitswert bemessen wird. Zusätzlich soll die Abschreibung von Gebäuden verändert werden.
Prof. Mag. Thomas Malloth, MRICS Fachverbandsobmann der österreichischen Immobilien und Vermögenstreuhänder: „Die Auswirkungen für die ImmoEst wird sich in Grenzen halten, allenfalls kommt es zu längeren Behaltezeiten.“ Unklar ist noch, wie der Verkehrswert als künftige Bemessungsgrundlage der Grunderwerbssteuer – auch bei unentgeltlicher Übertragung wie Schenkung und Erbschaft – ermittelt wird. „Immobilien-Sachverständigen-Gutachten sind mit Kosten verbunden“, mahnt Malloth. Öffentlich zugängliche Kaufpreissammlungen können immer nur – zur Bemessung der Grunderwerbssteuer wohl untaugliche – Vergleiche für die eigene Immobilie bieten. Was bleibt, wäre eine Hauptfeststellung der Einheitswerte auf Grundvermögen – die zuletzt vor Jahrzehnten erfolgte, derzeit, soweit bekannt, aber nicht angedacht ist, weil mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden. Zu beachten ist auch, dass die Gebäudeabschreibung ganz generell mit 2,5 Prozent Abschreibungssatz (= 40 Jahre Nutzungsdauer) festgelegt werden soll und auch ein Eingriff in die bisherige 1/10-Begünstigung bei Instandsetzungsaufwand erfolgen soll. Völlig offen ist, ob die Änderungen der Abschreibungsdauer oder auch eine allfällige Änderung der 1/10- bzw. 1/15-Absetzung auch für bereits angeschaffte Immobilien gelten soll.
Teurer plötzlicher Tod
Bei teuren Liegenschaften zahlt sich daher oft aus, sie schon jetzt an Nachkommen zu überschreiben oder zu verkaufen. „Je größer der Unterschied zwischen Einheits- und Verkehrswert, desto interessanter ist das“, meint Mag. Klaus Hübner, Präsident der Wirtschaftstreuhänder. „Der Verkehrswert kann schon einmal das 15- bis 17-Fache des Einheitswertes betragen“, ergänzt Reisch. Doch auch hier lässt sich heuer noch gegensteuern.
„Eltern können sich durch Wohnrecht, Fruchtgenuss, Belastungs- und Veräußerungsverbote trotz Schenkung absichern. Diese Einschränkungen mindern zudem beim Beschenkten den Verkehrswert – und damit auch die Steuerlast“, so Hübner. Wer gut plant, kann der Steuer noch ein Schnippchen schlagen, oder wie formulierte es Malloth so trefflich? „Am teuersten ist der plötzliche Tod. Deshalb bei Lebzeiten verkaufen, in ein nettes Heim ziehen und das Geld vererben.“ Eine Übertragung von Liegenschaften bereits zu Lebzeiten kann neben steuerlichen und finanziellen auch andere Vorteile bringen, wie etwa zum Beispiel die Vermeidung von Streitigkeiten der Erben und Durchsetzung des Willens des Erblassers zu Lebzeiten, die Vermeidung eines Zugriffs auf die Liegenschaft im Falle eines langjährigen Aufenthaltes in einem Pflegeheim oder die Vermeidung des Zugriffs durch potenzielle Gläubiger in haftungsanfälligen Branchen. mn
Begriffseinmaleins
Einheitswert: Bei bebauten Grundstücken errechnet sich der Einheitswert aus Boden- und Gebäudewert. Er liegt deutlich unter dem Verkehrs- bzw. Marktwert. Der Einheitswert wird vom Finanzamt aufgrund des Bewertungsgesetzes ermittelt. Der Einheitswert dient als Basis etwa für die Berechnung der Grundsteuer. Er hat mit den tatsächlich erzielbaren Immobilienpreisen nichts zu tun.
Verkehrswert: Im Liegenschaftsbewertungsgesetz wird der Verkehrswert definiert als „der Preis, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann“. Weiters heißt es: „Die besondere Vorliebe und andere ideelle Wertzumessungen einzelner Personen haben bei der Ermittlung des Verkehrswertes außer Betracht zu bleiben.“ Der Verkehrswert wird bei unentgeltlichen Übertragungen von Immobilien außerhalb des Familienkreises als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbssteuer herangezogen.
Marktwert: Dieser wird definiert als der Preis, zu dem eine Immobilie am Tag der Bewertung verkauft werden kann – wobei davon ausgegangen wird, dass ein angemessener Vermarktungszeitraum zur Verfügung gestanden ist.