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Realbesitz fürs Portfolio

Mit Immobilienaktien lassen sich unterschiedliche Zyklen von Nutzungsarten und Ländern ausgleichen. Die heimischen Immo-AGs haben ihre Portfolios mit dieser Strategie optimiert und ihre Profitabilität enorm verbessert. Doch in den Aktienkursen spiegelt sich dieser Erfolg nur zum Teil wider.


Daniel Riedl, Buwog

Ernst Vejdovsky, s Immo

Null Zinsen auf dem Sparbuch, nicht einmal ein Prozent Rendite auf solide zehnjährige deutsche Bundesanleihen – das ist derzeit die triste Realität. Doch es gibt Alternativen, die noch Ertrag abwerfen, allen voran Immobilien. Sie stehen für Wertbeständigkeit und gelten somit für meist risikoaverse Ärzte als solider Baustein des Vermögens. Es muss allerdings nicht gleich ein ganzes Haus sein, das womöglich den finanziellen Rahmen sprengt. Eine reizvolle Alternative bieten heimische Immobilienaktien, mit denen man sich Realbesitz in verdaulichen Happen ins Portfolio legen kann. Ein weiterer Vorteil: Man ist breit über Länder und über verschiedene Assetklassen wie Wohn-, Büro- oder Einzelhandelsimmobilien gestreut, sodass man von den unterschiedlichen Zyklen dieses Sektors profitieren kann. Zu den spannendsten Titeln zählen Immofinanz, Buwog und s Immo, deren Aktienkurse noch weit unter ihrem tatsächlichen Wert liegen.

Boomtown Wien

Die Immobilienpreise haben seit der Finanzkrise insbesondere in Wien und Berlin kräftig angezogen. In jüngster Zeit werden deshalb immer mehr Stimmen laut, die vor einer Immobilienblase warnen. Branchenkenner vor Ort teilen diese Markteinschätzung ganz und gar nicht. „Wohnimmobilien in Wien und Berlin haben zwar ein sehr hohes Niveau erreicht, aber sie sind nicht überhitzt“, betont Ernst Vejdovsky, Vorstandsvorsitzender der s Immo. Denn: „Die Käufer sind typischerweise langfristig orientiert und finanzieren mit einem hohen Eigenmittelanteil.“ Hauptmotiv für die Käufer sei vor allem das niedrige Zinsniveau. „Im Luxussegment ab 6.000 Euro pro Quadratmeter sind wir in Wien zwar schon nahe dem Peak, doch in den preiswerteren Segmenten von 3.000 Euro ist die Nachfrage schon allein aus demografischen Gründen anhaltend gut“, beobachtet Vejdovsky. Wien soll bis 2029 von aktuell 1,8 auf über zwei Millionen Einwohner wachsen und zählt damit zu den am schnellsten wachsenden Metropolen innerhalb der Europäischen Union. „In Berlin gibt es noch mehr Luft, weil der Zyklus dort noch nicht so weit fortgeschritten ist.“ Konkret heißt das: Während man in Wien im Wohnsegment in besseren Lagen Mietrenditen im Schnitt von drei Prozent erzielt, kommt man in Berlin immerhin auf 4,5 bis fünf Prozent.

Erholung in Osteuropa

Inzwischen erholen sich langsam, aber sichtbar die Immobilienmärkte in Osteuropa, die vor der Finanzkrise als vielversprechende Wachstumsmärkte galten, in der Folge jedoch völlig zusammenbrachen. Jetzt scheint zumindest die Talsohle durchschritten. Zwar liegen die Mietpreise in den südeuropäischen Ländern immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau, aber die Grundrichtung stimmt. Der Vermietungsgrad konnte bereits deutlich verbessert und die Preise konnten teilweise wieder angehoben werden. „In Rumänien ist die Erholung schon weiter fortgeschritten als in Bulgarien“, berichtet Vejdovsky. Selbst in Ungarn gäbe es erste positive Signale. Immofinanz-CEO Eduard Zehetner bringt es auf den Punkt: „Osteuropa ist noch nicht die heiße Wachstumsstory, die wir uns wünschen, aber wir sind vom langfristigen Aufholpotenzial dieser Region überzeugt.“ Das höhere Wirtschaftswachstum sei ein guter Indikator dafür. Auch Vejdovsky ist von der langfristigen Konvergenz an mitteleuropäisches Niveau überzeugt – auch wenn die Zeitspanne deutlich länger dauern werde als vor der Krise angenommen.

Anlageschwerpunkte

Die österreichischen Immobilien-AGs bewirtschaften allesamt eine ganze Palette von Immobilien in mehreren Ländern. Ihre Anlageschwerpunkte sind jedoch äußerst unterschiedlich: conwert hat sich auf Wohnimmobilien in Österreich und Deutschland spezialisiert, CA Immo auf Büroimmobilien in Deutschland, Österreich (je rund ein Viertel) und Osteuropa. Immofinanz steht neuerdings für  mehr Ertrag, aber auch mehr Risiko, Buwog für ein relativ sicheres Geschäftsmodell: Immofinanz hat mit der Abspaltung der auf Wohnimmobilien fokussierten Buwog Ende April ihr Portfolioprofil auf Gewerbeimmobilien mit Schwerpunkt Zentral- und Osteuropa geschärft. Russland ist mit einem Viertel des Vermögens nun wichtigster Einzelmarkt, gefolgt von Österreich (knapp ein Fünftel) und Rumänien (14 Prozent). Buwog hat mit der Akquisition der deutschen DGAG ihr Portfolio auf 53.000 Bestandseinheiten ausgebaut, das nun je zur Hälfte auf Österreich und Deutschland entfällt. „Damit haben wir eine Größe erreicht, die eine hocheffiziente Bewirtschaftung des Immobilienbestands erlaubt“, freut sich Buwog-CEO Daniel Riedl. Der einzige echte Allrounder ist die s Immo mit den vier Sparten Büro, Wohnen, Einzelhandel und Hotels in den vier Regionen Österreich (32 Prozent), Deutschland (27 Prozent) und Osteuropa.
Trotz der hohen Nachfrage nach Realbesitz entwickelt sich das Geschäft dieser fünf Unternehmen durchaus unterschiedlich: Wohnimmobilien-Spezialist conwert gelingt es seit Jahren nicht mehr richtig durchzustarten, nicht zuletzt eine Folge des häufigen Management-Wechsels. Seit der Übernahme der ECO Immobilien schleppt conwert rund ein Viertel Gewerbeanteil mit, den sie lieber früher als später abstoßen möchte. Deutschland ist nach dem Abverkauf in Österreich mit drei Viertel des Immobilienvermögens inzwischen der größte Einzelmarkt. Doch die Liegenschaften sind weit verstreut. Das macht die Bewirtschaftung schwierig und darunter leidet die Profitabilität.
Im Gegensatz dazu konnte der Gewerbeimmobilienprofi CA Immo die Profitabilität deutlich verbessern und den niedrigen Eigenmittelanteil durch den mehrheitlichen Verkauf des „Tower 185“ beim Frankfurter Europaviertel markant auf knapp 50 Prozent erhöhen. Der kräftige Kursanstieg von fast 60 Prozent binnen eines Jahres ist freilich nicht zuletzt auf die Übernahmefantasie zurückzuführen, nachdem der Kernaktionär Bank Austria seinen knapp 17-Prozent-Anteil verkaufen will. „Die Kursfantasie scheint kurzfristig begrenzt“, meint Günther Artner, Chefanalyst Zentral-/Osteuropa-Aktien in der Erste Group.

Ukraine-Russland-Krise
Für Immofinanz kam die Ukraine-Krise nicht nur wegen ihres hohen Anteils in Russland just zur Unzeit, sondern vor allem, weil sie dort die höchsten Renditen erwirtschaftet – je nach Nutzungsart zwischen neun und elf Prozent, verglichen mit fünf bis sieben Prozent in Österreich. „Die Russland-Sanktionen betreffen uns zwar nicht direkt, aber als Betreiber großer Einkaufszentren in Moskau sind wir indirekt davon berührt. Auch schaden sie dem Sentiment der Investoren“, bedauert Unternehmenssprecherin Bettina Schragl. Das Ergebnis lässt sich an der müden Kursentwicklung ablesen. „Das Russland-Portfolio wird aktuell fast mit Null bewertet“, meint Artner. Selbst nach einer Bereinigung um das Russland-Portfolio weist die Aktie noch einen Abschlag zum inneren Wert auf. Für Artner ist sie deshalb gerade jetzt ein klarer Kauf. Noch ist die Immofinanz de facto zu 49 Prozent an der Buwog beteiligt, will sich mittelfristig aber weiter zurückziehen. Mit ihrer jüngst ausgegebenen Umtauschanleihe hat sie ihre Aktien inzwischen teilweise zu Geld gemacht und ihren Hälfteanteil (49 Prozent) theoretisch auf rund ein Viertel reduziert. Die Strategie des Buwog-Spin-offs ist für Zehetner jedenfalls komplett aufgegangen: Die zu 13 Euro – mehr als ursprünglich erwartet – abgespaltenen Papiere kletterten inzwischen auf rund 15 Euro und notieren nur noch knapp unter ihrem inneren Wert. Die breit diversifizierte s Immo ist dagegen trotz neuer Rekordergebnisse mit rund 25 Prozent Kursabschlag bewertet.
Immofinanz, Buwog und s Immo haben neben Kursfantasie vor allem saftige Dividendenrenditen zu bieten, die noch dazu von der 25-prozentigen Dividenden-KESt befreit sind, weil sie als Einlagenrückzahlung ausgeschüttet werden. Im Fall der Buwog, die kürzlich in den Leitindex ATX aufrückte, wird das sogar „noch fünf bis sieben Jahre möglich sein“, schätzt Riedl.                                emb