Primarärzte: Ärztegehälter und Arbeitsbedingungen im Krankenhaus
Die Verhandlungen um die Ärztegehälter sind fast überall abgeschlossen, doch Prozesse und Strukturen sind nicht an die neuen Rahmenbedingungen angepasst. Wo Handlungsbedarf besteht, beschreibt Dr. Otto Traindl.
In den meisten Bundesländern sind die Ärztegehälter neu verhandelt und an die EU-Regelung angepasst. Wie sehen Sie den Status quo derzeit – wo ist noch Handlungsbedarf?
In den meisten Bundesländern gibt es eine Einigung. Uneinigkeit herrscht natürlich in Wien, aber auch im Burgenland. Auch bei den Kärntner Kollegen herrscht immer noch großer Unmut. Nur ein Drittel der 870 Ärzte der Kärntner Krankenanstalten sind mit dem neuen Gehaltsschema zufrieden. Vor allem Niederösterreich und die westlichen Bundesländer haben ihre Hausaufgaben gemacht.
Nach wie vor haben wir täglich neue Hiobsbotschaften in den Medien: Ambulanzen werden geschlossen, Operationen verschoben... Wie gefährdet ist die Versorgung wirklich und welche Rolle können hier die leitenden Ärzte einnehmen, um Lösungen zu erarbeiten?
Das Modell ist ganz einfach: Die Arbeitszeitverkürzung auf 48 Stunden führt zu einer Reduktion an im Spital anwesenden Ärzten von 15 bis 20 %. Hinzu kommen die neuen Ruhebestimmungen, die besagen, dass Ärzte auch während der Woche freie Zeit nehmen müssen. Dienstpläne müssen gesetzeskonform umgesetzt werden, daher können weniger Ärzte für die Patienten eingeteilt werden. In den meisten Fällen werden Ambulanzzeiten reduziert, vieles an Medizin kann und soll auch im niedergelassenen Bereich erbracht werden. Im Einzelfall führt die Arbeitszeit zu Verkürzung und Verschiebung von Operationen bis hin zur Schließung von OP-Sälen. Fazit: Es kommt zu längeren Wartezeiten für die Patienten, in den Ambulanzen und bei Operationen.
Was passiert, wenn aus Ressourcenknappheit nicht alle Dienstschichten besetzt werden können?
Für Dienstgeber öffentlicher Krankenhäuser stehen nun finanzielle Probleme an. Wenn die Ärzte, egal in welcher Dienstschicht, weniger Stunden arbeiten, kann der Spitalsbetrieb nicht mehr in dieser bestehenden Form aufrechterhalten werden.
Was muss aus Ihrer Sicht dringend passieren, damit wieder „Ruhe“ in die Spitalslandschaft kommt?
Wichtig ist es, eine Einigung zu erzielen, die alle Beteiligten mittragen können. Das bedeutet, dass die Gesundheitsreform unverzüglich umgesetzt wird. Eines der Hauptziele ist die Lenkung der Patientenströme. Patienten sollen primär im niedergelassenen Bereich behandelt werden können und das Krankenhaus soll sich auf schwere, dringende und akute Fällen konzentrieren. Das muss auch das Ziel der Gesundheitsreform sein. Der VLKÖ fordert die Schaffung einer Task Force zur sofortigen Reduktion des Ärztemangels, damit sinnvolle Leistungen am Patienten erbracht werden können. Wir als Primarärzte verwalten den Mangel an Ärzten, sodass nicht verschiebbare Eingriffe rasch gemacht werden können.
Langfristig heißt das, dass mehr Ärzte ausgebildet werden müssen. Nach derzeitigem Stand ist das ein Zeithorizont von sechs bis zehn Jahren bis zur möglichen Umsetzung. Die Situation in Österreich ist im Vergleich zu anderen Ländern so unattraktiv geworden, dass mittlerweile ein großer Anteil der jungen Ärzte ins Ausland geht. Wichtig für uns vom VLKÖ ist, dass die Ausbildung bzw. Arbeit für Ärzte so attraktiv ist, dass möglichst wenige Ärzte ins Ausland gehen.
Welche Eckpunkte sind es – abgesehen vom Gehalt –, die die derzeitige Situation der leitenden Ärzte so schwierig machen?
Neben langfristigen Strategien muss eine Planung sofort in Angriff genommen werden, die zukunftsorientiert ist und die Demografie des Landes nicht außer Acht lässt. Dazu brauchen wir einen flexiblen Umgang mit Dienstposten und die Attraktivierung des Ausbildungszugangs. rh
Der VLKÖ
Der VLKÖ ist die Plattform leitender Ärzte im Gesundheitswesen. Sie hat engen Kontakt zu über 1.500 Ärzten in Führungsposition und vertritt deren Anliegen und Interessen. Eines der Hauptanliegen des Verbandes ist es, gesundheitspolitische Themen voranzutreiben, um neue, dringend benötigte Lösungsansätze für Probleme, mit denen sich Primarärzte im Berufsalltag konfrontiert sehen, zu diskutieren und so auch zu Verbesserungen beizutragen. Die Mitglieder des VLKÖ verfügen über hohe fachliche Expertise und Kompetenz hinsichtlich ihrer Organisation und über sehr gute Kenntnis des österreichischen Gesundheitswesens. Damit stellt der Verband eine informative Plattform von Primar- und OberärztInnen dar. Durch die enge Zusammenarbeit mit allen wichtigen medizinischen Fakultäten, Akademien und Gesundheitsinstitutionen hat der Verband einen weitreichenden Einblick in das ärztliche Gesundheitswesen der Krankenhäuser und arbeitet stets auch an einer soliden Zusammenarbeit mit der niedergelassen Kollegenschaft.
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