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„Offen reden, Fehler zugeben und erklären“

Gesundheitsökonom Univ.-Prof. DDr. Christian Köck gibt Einblick in den Umgang und die ökonomische Folgen von Diagnosefehlern.


Fehlerkultur hat in diesem Land keine große Tradition, das gilt nicht zuletzt für den Gesundheitsbereich. Sehen Sie hier gegenwärtig positive Entwicklung?
Ja. Als Mitte der 1990er-Jahre Todesfälle nach Diagnose- bzw. Behandlungsfehlern in den USA zu einer breiten internationalen Debatte um die Patientensicherheit führten, ging das an Österreich noch viele Jahre nahezu spurlos vorbei. Noch vor 15 Jahren hat die Ärztekammer das „beste Gesundheitssystem“ der Welt postuliert, da passten Fehler einfach nicht ins Bild. In den vergangenen Jahren hat sich aber auch hierzulande langsam ein sachlicher Diskussionsprozess entwickelt und das Thema – vor allem dank der Initiativen der Plattform Patientensicherheit – hat unglaubliche Fortschritte gemacht. Mittlerweile hat sich sogar die Ärztekammer der Bewegung angeschlossen, das ist doch ein durchaus positives Signal.

Als Gesundheitsökonom setzen Sie sich mit der Frage der finanziellen Auswirkungen von Diagnosefehlern auseinander. Gibt es dazu in der internationalen Forschung valides Datenmaterial?
Die Folgekosten von Diagnosefehlern sind zweifelsohne enorm, sie wurden bisher in der Fachliteratur aber nur spärlich aufgearbeitet. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen sind Diagnosefehler nicht einfach zu definieren, um im Klinikalltag festzumachen, weshalb es auch nur wenige routinemäßig erfasste Daten gibt. Zum anderen ist es schwierig zu definieren – und damit letztendlich auch schwierig zu beziffern –, welche Arten von Kosten in diesem Zusammenhang überhaupt zu berücksichtigen sind.
Es ist für mich aber ohnehin der falsche Ansatz, Diagnosefehler in rein monetäre Kosten umzurechnen. Das würde bedeuten, viel menschliches Leid zu ignorieren. Was man in der Diskussion auch nicht vergessen sollte: Wesentlicher als die Frage nach tatsächlich entstehenden Kosten für das System und die Leistungserbringer durch Behandlungsfehler ist doch jene, welche Kosten vermeidbar sind, wenn sich die Leistungsbringer konsequent um mehr Patientensicherheit bemühen.

Was wären für Sie in diesem Zusammenhang wesentliche Ansätze zur Verbesserung der Patientensicherheit?
Eine aktivere Fehlerkultur und eine offenere Kommunikation. Voraussetzung für jede vernünftige Fehlerkultur ist dabei die Erkenntnis, dass auch mit der besten medizinischen Versorgung der „Idealfall“ nicht erreichbar ist. Medizin kann zwar zur Erhaltung der Gesundheit beitragen, ewige Gesundheit und ewiges Leben können aber kein Ziel der modernen Medizin sein.