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Neues Kassenarztmodell in Tirol

Die Tiroler Gebietskrankenkasse und die Ärztekammer für Tirol präsentierten gemeinsam neue, flexible Kooperationsmodelle für den niedergelassenen Bereich.


Dr. Artur Wechselberger, Präsident der Österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammer Tirol. ÖÄK/Dietmar Mathis

Niedergelassene Ärzte, insbesondere Hausärzte, spielen eine zentrale Rolle in der gesundheitlichen Versorgung Tirols. Sowohl im urbanen Bereich, aber gerade auch im ländlichen Raum sind die niedergelassenen Ärzte ein wichtiger Standortfaktor und machen nicht zuletzt auch die Attraktivität eines Ortes aus. „Die steigende Lebenserwartung, die starke Gesundheitsorientierung der Tiroler Bevölkerung und das Bedürfnis der Patienten nach Gespräch und Zuwendung erfordert ein ‚Mehr‘ an ärztlichen Leistungen vor Ort“, ist Dr. Arno Melitopulos, Direktor der Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK) überzeugt. „Wir müssen die Ärzte wieder in die ländlichen Gemeinden zurückbringen“, ergänzt auch Werner Salzburger, Obmann der TGKK. Damit diese wohnortnahe Patientenversorgung auch in Zukunft gesichert ist, haben die Tiroler Gebietskrankenkasse und die Ärztekammer für Tirol die Kassenverträge neu gestaltet und flexibler sowie attraktiver gemacht. Eine ausgeglichene Work-Life-Balance, attraktive und leistungsorientierte Honorierung, familienfreundliche Ordinationszeiten und verbesserte Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Ärzten standen dabei im Fokus und bringen letztlich den Ärzten und den Patienten mehr Lebensqualität und Gesundheit.

Maßnahmenpaket 2016 – 2018

„Das Honorarvolumen und damit die Attraktivität der vertragsärztlichen Tätigkeit wurde um insgesamt 14,3 Millionen Euro erhöht“, gibt Melitopulos Einblick in Details. Diese Mehrinvestitionen bringen auch Verbesserungen in der Erreichbarkeit bzw. Versorgungswirksamkeit mit sich, da die wöchentliche Mindestordinationszeit auf 22 Wochenstunden angehoben wird. Daneben wurde die Gesprächsmedizin in den Fokus gerückt. Insgesamt fünf neue Kassenstellen in Wörgl (Orthopädie und Neurologie), Innsbruck (Lungenheilkunde), Hall (Augenheilkunde) und Telfs (Urologie) wurden geschaffen. Eine Vertragsstelle für Psychiatrie wird von Landeck nach Zams verlegt. Die Punktestaffel, die maßgeblichen Einfluss auf die Honorierung nimmt, wurde geändert. Ein Mehr an Leistung wird dadurch entsprechend honoriert. Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Ärzten wurden verbessert, bereits bestehende Zusammenarbeitsformen wurden adaptiert und neue Kooperationsmodelle eingeführt.
„Es geht hier nicht um neue Primary Healthcare-Modelle, denn dahinter müssen nicht notwendigerweise geografische Zentren liegen. Vielmehr geht es um sinnvolle, praxisorientierte Formen der Zusammenarbeit, die auf eine Verbesserung der Primärversorgung abzielen“, beschreibt Dr. Artur Wechselberger, Präsident der Österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammer Tirol, die Maßnahmen und führt weiter aus: „Das Problem der überlaufenen Spitalsambulanzen ist bekannt. Die Mängel im extramuralen Bereich auch. Wir wissen auch, dass wir derzeit nicht darauf vorbereitet sind, die Patienten in die Peripherie zu verschieben, ohne dort die Ressourcen aufzustocken. Das heißt, wir müssen die Verfügbarkeitszeiten der Ärzte erhöhen, den Leistungskatalog an jene Leistungen anpassen, die auch mehr nachgefragt werden und es braucht finanzielle Anreize für den Arzt und das Personal in der Ordination.“

Bessere Formen der Zusammenarbeit

Eine sogenannte „Partnerpraxis“ ermöglicht es künftig einem Arzt, sich durch einen weiteren Arzt vertreten zu lassen. Insbesondere Kassenärzte, die kurz vor der Pension stehen oder die sich aufgrund sonstiger Verpflichtungen oder Umstände vertreten lassen möchten, kommen diese neuen Zusammenarbeitsmodelle entgegen:
Eine „Teilpraxis“ macht die Teilung einer Kassenstelle möglich. Zwei Ärzte können sich dadurch einen Vertrag teilen, beide tragen die (unternehmerische) Verantwortung für die Ordination. Die Gründung einer Gruppenpraxis schafft schließlich die Möglichkeit für eine Ärzte-Gesellschaft in Form einer GmbH oder OG.
Mit den neuen Kooperationsformen sollen vor allem jene Ärzte angesprochen werden, die gerne in der Praxis arbeiten möchten, jedoch das wirtschaftliche Risiko derzeit nicht tragen können oder wollen.  „Wie das Paket angenommen wird, wird man noch sehen. Das ist letztendlich auch eine Frage, wie es sich mit den Honoraren ausgehen wird, denn wenn eine geteilte Praxis dazu führt, dass keiner der beiden Ärzte überleben kann, ist die Lösung wenig attraktiv“, prognostiziert Wechselberger. rh