Nachgefragt bei ...
... Magdalena Edthofer, MA, Medizinethikerin
Sie waren Sprecherin des Arbeitskreises „Wissen anwenden“ im Rahmen der gesundheitspolitischen Gespräche, wie sind Sie mit den Ergebnissen zufrieden?
Überaus viele Vorschläge wurden erarbeitet und sehr intensiv diskutiert. Schade ist, dass sich viele Ergebnisse mit jenen decken, die bereits in der Gesundheitsreform festgeschrieben sind. Wir hätten das Forum viel intensiver dazu nutzen können, daraus konkrete Handlungsanleitungen für die Praxis zu erarbeiten, dazu ist aber möglicherweise die Zeit zu knapp gewesen.
Welche Wünsche haben Sie mit nach Hause genommen?
Unbedingt den Anstoß für die Weiterarbeit an den Vorschlägen und nicht ständig über das zu diskutieren, was schon passiert ist. Wir brauchen jetzt konkrete, umsetzbare Ergebnisse, damit die Debatte nicht im Sand verläuft.
Im Arbeitskreis über Priorisierung stand das Ethikthema im Vordergrund, wie kam es dazu?
Selbst bei Experten – die ja nicht notwendigerweise alle aus der Gesundheitsökonomie kamen – war kein einheitliches Begriffsverständnis für Priorisierung, Rationierung und Rationalisierung vorhanden. Klar war allen: Wir müssen sparen und die Leistungen sollen gezielt eingesetzt werden. Dass das über Bildung und Gesundheitskompetenz geht, liegt auf der Hand. Dass wir dann aber auch vor der Frage der Fehl-, Über- oder Unterversorgung stehen, vor allem etwa in der Intensivmedizin, lässt rasch die Ethik mit ins Spiel kommen.
Was genau kann Ethikberatung bewirken?
Wenn Ärzte unsicher sind, welche Entscheidungen im Behandlungsprozess zu treffen sind, kann ein Ethikbeirat gut unterstützen und damit am Ende des Tages auch helfen, finanzielle Ressourcen „richtig“ zu verteilen. Die Forderung nach dem „Ende der Eitelkeiten“ und der interdisziplinären Zusammenarbeit, die nach Alpbach ja an erster Stelle steht, geht damit Hand in Hand. Ein Arzt, der nicht über seinen „Allmachtschatten“ springt, wird auch keine Ethikberatung in Anspruch nehmen. Viele haben Angst, als inkompetent abgestempelt zu werden. Als Medizinethikerin sehe ich das naturgemäß anders: Ärzte, die Ethikberatung einfordern, sind hochkompetent, denn sie wollen interprofessionell arbeiten und sich unterschiedliche Expertisen zur Lösung eines medizinethischen Problems einholen.
Jetzt wurde aber die Installierung von Ethikbeiräten im Krankenhaus bei den zehn Top-Forderungen an die Politik erst an letzter Stelle gereiht. Warum?
Ich glaube, dass noch wenige wissen, was Ethikberatung ist und leisten kann. Wir werden sehr oft noch mit Seelsorgern identifiziert und haben maximal einen Platz in der Palliativmedizin. Es hat sich noch nicht herumgesprochen, dass Ethikberater nicht entscheiden, sondern bei einer guten Entscheidungsfindung unterstützen, wie der Name schon sagt. Damit erhöhen sich die Transparenz und die Sicherheit der Entscheidung. Langfristig spart das natürlich auch Kosten im System.
Was muss passieren, dass sich Ethikberatung in Österreich etabliert?
Wir brauchen komprimierte Expertise. Momentan gibt es keinen wirklichen Kompetenzträger, von dem aus auch der Anstoß kommen würde. Deutschland und die Schweiz können derzeit auf viel mehr Erfahrung in der Umsetzung verweisen. Die Vorbehalte in Österreich kommen wahrscheinlich auch aus dem Unwissen, dass Ethik und Moral längst keine Domänen der
Kirche mehr sind, sondern ein ernst zu nehmendes Beratungstool in Wissenschaft, Wirtschaft, Medizin und vielen anderen Bereichen.
Was erwarten Sie sich für „Alpbach 2014“?
Für großflächige Veränderungen ist ein Jahr keine lange Zeit. Es wird hoffentlich weiterhin viele engagierte Einzelinitiativen geben, die sich zu strategischen Allianzen und konkreten Projekten zusammenfinden und Schritt für Schritt das Gesundheitswesen
in die richtige Richtung lenken.



