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Muss guter Rat teuer sein?

Immer wieder stellen sich die Eigentümer die Frage: Wie viel ist meine Immobilie wert? Wer sein Haus verkaufen will, ist gut beraten, sich schon im Vorfeld ausführlich mit der Materie auseinanderzusetzen.


Der erste Eindruck kann trügen. So manches alte, stark renovierungsbedürftige Gemäuer kann sich als Juwel entpuppen. Für Laien aber sind der wahre Wert und das Potenzial der Immobilie nur schwer erkenn- und abschätzbar. Foto: fotolia

Es ist verzwickt. Wie bestimme ich den Wert (m)einer Immobilie? Die Preisbestimmung ist vor allem im Falle eines Verkaufes von entscheidender Bedeutung. Wird die Verkaufssumme zu niedrig angesetzt, ist das Haus zwar rasch verkauft, eventuell aber deutlich unter dem Marktwert. Sind die Preisvorstellungen zu hoch, wird der Hausverkauf zu einer langwierigen – und unter Umständen auch kostspieligen – Angelegenheit. Denn ist die Immobilie zu lang am Markt, kann dies potenzielle Käufer abschrecken. Wer hat nicht schon im Freundeskreis bei der Immobiliensuche den Satz gehört: „Das Angebot kenne ich schon. Das ist seit Monaten im Netz. Da hat’s sicher was.“ Was also tun?
Der schnellste Weg, den Wert einer Immobilie festzustellen, ist die Beauftragung eines Sachverständigen. Doch das ist nicht billig, muss man doch mit Kosten von rund 1.500 bis 2.000 Euro bei einem Objektwert von rund 250.000 Euro rechnen.

Lieber nicht Daumen mal Pi

Von einer Daumen-mal-Pi-Methode – à la „Bei einem Einfamilienhaus mit Garten multiplizieren Sie die Quadratmeterzahl der Wohnnutzfläche mit den fiktiven Baukosten. Die betragen bei neuen bzw. fast neuen Häusern 1.900 Euro, bei bis zu 20 Jahre alten Häusern ca. 1.500 und bei älteren Häusern 1.000 Euro pro Quadratmeter. Zum Ergebnis addiert man den Grundstückspreis.“ – rät DI MMag. Peter Sittler, geschäftsführender Gesellschafter der Sittler Consulting GmbH und Sittler Immobilien KG ab. Sittler ist Stiftungsprofessor am Institut für Immobilienwirtschaft der FH Wien der WKW mit (unter anderem) Schwerpunkt Immobilienbewertung: „Das ist eine Bierdeckelmethode – mehr nicht.“ Auch Mag. Alexander Bosak, BOSAK Real Estate Consulting GmbH, kann dieser Methode nur wenig abgewinnen. „Da gibt es noch deutlich mehr Faktoren, die bei einer Wertermittlung zu berücksichtigen sind. Wie ist der Allgemeinzustand des Hauses? Wie wurde gebaut, mit welchen Materialien wurde gebaut, Wärmedämmung? All diese Überlegungen müssen in eine Kalkulation einfließen.“ Die rechtliche Grundlage einer Immobilienbewertung findet sich im Liegenschaftsbewertungsgesetz 1992, BGBl 1992/150 und in der Ö-NORM B-1802. Um zu einer realistischen Einschätzung zu kommen, werde man wohl oder übel ein wenig Geld in die Hand nehmen müssen. Bosak: „Natürlich kann man vieles aus dem Grundbuch und der Dokumentensammlung herauslesen. Aber das kostet auch Zeit und Geld.“
Eine im Vergleich zur Bestellung eines Gutachters kostengünstigere Methode wurde von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr an der TU mit dem Grundstückspreis-Simulations-Modell (GPSIM) entwickelt, das einem hedonischen Ansatz verfolgt. Dabei wird die Immobilie als ein Bündel von Eigenschaften angesehen, welche bewertet werden. Diese Eigenschaften werden unterteilt in Liegenschafts- und Lagemerkmale. Als Liegenschaftsmerkmale gelten beispielsweise die Anzahl der Zimmer, Badezimmer und Garagenplätze sowie die Wohnfläche und das Volumen des Gebäudes. Lagemerkmale können sozioökonomischer Art sein, wie zum Beispiel der Steuersatz oder die Bevölkerungsdichte einer Gemeinde, aber auch makroökonomische Kennzeichen wie das allgemeine Zinsniveau und die Inflation zählen ebenso wie die unmittelbare Umgebung einer Immobilie oder die Aussicht zu den Lagemerkmalen. Ein klarer Vorteil der hedonischen Bewertungsmethode für Immobilien liegt darin, dass das Verfahren replizierbar ist, das heißt, der Schätzung wird kein subjektiver Ermessungsspielraum gelassen. Die Wertermittlung ist somit von Drittpersonen replizierbar. GPSIM hat zu jeder Adresse in Österreich Hunderte Daten gespeichert, die den Wert der Liegenschaft erhöhen oder mindern. Doch auch diese Methode hat ihre Grenzen. Besonders geeignet ist das Modell für Immobilien im Preissegment bis etwa 800.000 Euro bei Eigentumswohnungen und bis zirka eine Million Euro bei Häusern. Bei Luxusobjekten und Sonderfällen ist die Treffsicherheit – aufgrund der geringen Fallzahlen – stark reduziert. Hier empfiehlt sich die Beiziehung eines Sachverständigen.mn