Mehr Transparenz
Durch das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz (HIKrG) werden die Verbraucherrechte gestärkt. Die höhere Transparenz soll einen besseren Vergleich der Kredit-Angebote ermöglichen.
Die Zinsen sind im Keller, der Preisauftrieb für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser hat etwas an Dynamik verloren. Also warum nicht unter
die Immobilienbesitzer gehen und ein Eigenheim erwerben? Doch ein Immobilieninvestment will wohlüberlegt sein. Nicht wenigen Kreditnehmern wird wohl ihr Franken- oder Yen-Kredit noch
jahrelang Kopfzerbrechen bereiten.
Das am 21. März 2016 in Kraft tretende Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz (HIKrG) kann daran nichts mehr ändern, aber zukünftige Probleme verhindern, sind Banker, Politik und Konsumentenschützer überzeugt. Wesentliche Punkte der Reform sind die Stärkung der Verbraucherrechte und die umfassendere, transparentere Prüfung der Kreditwürdigkeit. Vermittler haben nun nicht nur die dezidierte Aufgabe, alle entsprechenden Angaben vom Verbraucher einzuholen und kritisch zu prüfen. Zur Beurteilung der Bonität sollen auch private und öffentliche Datenbanken abgefragt werden. Das geht so weit, dass Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, den freien Zugang der Kreditgeber zu entsprechenden Datenbanken zu ermöglichen. Ob damit noch Verbraucherschutz im Sinne der Stärkung der Eigenverantwortlichkeit betrieben wird oder vielmehr Kreditgeber und Vermittler in die Rolle eines „Aufpassers“ über den „unmündigen Verbraucher“ gedrängt werden, kann man durchaus kritisch sehen.
Welche konkreten Auswirkungen das HIKrG auf die Kreditvergabe haben wird, kann Herfried Pauser, Leiter Produktmanagement, HYPO NOE Landesbank, noch nicht abschätzen. Das neue Gesetz tritt zwar am 21. März in Kraft, aber betreffend Art und Weise der Umsetzung gebe es noch offene Fragen. „Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass es für die Bank einerseits zu einem höheren Maß an Sorgfaltspflichten kommen und andererseits die Beratungsqualität aufgrund notwendiger Zusatzausbildungen der Berater steigen wird“, so Pauser. Für die Kunden werde es aufgrund der langen Übergangsfristen kaum spürbare Änderungen geben. „Für die Bank bedeutet das neue Gesetz, zusätzliche Investitionen in die Ausbildung ihrer Berater zu tätigen und vom Gesetz abgeleitete Schulungsmaßnahmen zu implementieren“, ergänzt Pauser.
Vor- und Nachteile
„Das HIKrG schützt den Konsumenten noch mehr als bisher das Verbraucherkreditgesetz (VKrG) vor Risken einer Finanzierung, beispielsweise das Zinsrisiko, aber auch das Risiko der generellen Leistbarkeit über die gesamte Laufzeit des Kredits. Dazu sind bestimmte Formvorschriften einzuhalten. Neu für uns ist daran lediglich Letzteres, da wir die Risken auch jetzt schon prüfen und unsere Kunden darüber umfassend informieren“, streicht Mag. Manfred Aschauer, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, hervor. Einer der wesentlichen Punkte des HIKrG für Erich Czermak, Leiter Freie Berufe und Ärzte in der Bank Austria, sind Bedenkzeit und Rücktrittsrechte des Konsumenten. „Zur Verhinderung einer Drucksituation für den Verbraucher soll das verbindliche Angebot eines Kreditgebers mindestens sieben Tage aufrecht bleiben. Überdies soll dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht zustehen, wenn er seine Vertragserklärung kurz nach Erhalt der vorvertraglichen Informationen abgegeben hat.“ So sieht § 13 HIKrG vor, dass, wenn der Verbraucher seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Werktagen nach Erhalt des vorvertraglichen Merkblattes abgibt oder er diese abgibt, ohne ein Merkblatt erhalten zu haben, er von seiner Vertragserklärung oder vom Vertrag innerhalb von zwei Werktagen ab Abgabe der Vertragserklärung ohne Angabe von Gründen zurücktreten kann.
„Die Vorteile liegen ganz klar im verbesserten Konsumentenschutz“, erklärt auch Michael Bauer, Leiter der Gruppe Aktivmanagement im Bereich Marketing & Produkte der BAWAG P.S.K. „Kunden können mit dem neuen standardisierten Informationsschreiben europaweit vergleichen und das beste Angebot für sich herausfinden. Sie werden auch noch genauer über die möglichen Risiken in Zusammenhang mit der Kreditaufnahme informiert.“ So gebe es genaue Vorgaben zur „Worst-Case-Szenariorechnung“, mit denen zum Beispiel die Gefahr von steigenden Zinsen für variabel verzinste Kredite anschaulich aufgezeigt werden kann. „In Summe wird für die Kunden die Transparenz der Kreditentscheidung erhöht – insbesondere auch, wenn ein Kredit einmal nicht genehmigt wird. Wir haben die Einführung des HIKrG zum Anlass genommen, die Kreditvergabeprozesse weiter zu verbessern und unseren Kunden ausreichend Zeit für die Beibringung ihrer Einreichunterlagen sowie für die Entscheidung – das Angebot bleibt vier Wochen gültig – einzuräumen“, so Bauer.
Was sollte man aus Sicht der Banker im aktuell niedrigen Zinsumfeld bei einer Immobilienfinanzierung beachten? Zinsen absichern, ist für die Finanzierungsprofis das Gebot der Stunde. Bei einer laufenden Finanzierung mit variabler Verzinsung rät Reinhard Aumann, Leiter der Vertriebsdirektion Wohnbau & Immobilien der Erste Bank, sich zu überlegen, zu einem Kredit mit Fixzinsen zu wechseln. „Das ist problemlos möglich.“ Die Vorteile liegen auf der Hand. Fixzinskredite bieten Sicherheit gegen steigende Zinsen. Allerdings: je länger die vereinbarte Fixzinsperiode, desto höher der dafür verlangte Zinssatz. Nach Ablauf der Fixzinsperiode erfolgt eine variable, das heißt jeweils an die aktuelle Marktsituation angepasste Verzinsung des Kredites – alle Anbieter ziehen als Basis hierfür den 3-Monats-Euribor als Indikator heran. Zuzüglich eines von den Banken verlangten Aufschlages – je nach Bonität – ergibt sich daraus der Kreditzinssatz nach Ablauf der Fixzinsperiode. Da der 3-Monats-Euribor gerundet aktuell 0 % beträgt, wäre der Zinssatz nach Ablauf der Fixzinsperiode derzeit mit dem verlangten Aufschlag identisch. Eine Alternative zu Fixzinskrediten können auch Bauspardarlehen sein. Sollten die Zinsen dramatisch ansteigen, ist hier automatisch ein sogenannter Zinscap, also eine Zinsabsicherung nach oben, integriert. Diese liegt bei sechs Prozent. In Niedrigzinsphasen erscheinen Bauspardarlehen aber weniger attraktiv, weil die Kunden zumeist mindestens drei Prozent Zinsen bezahlen müssen. Derzeit gibt es günstigere Alternativen.
Auf keinen Fall sollte man auf eine Absicherung gegen existenzielle Risiken vergessen: Während der langen Laufzeit einer Immobilienfinanzierung kann viel passieren. Denken Sie auch im Interesse Ihrer Angehörigen daran, sich gegen existenzielle Risiken abzusichern. Dazu zählen etwa eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit, eine Unfallversicherung bzw. eine Ablebensversicherung.
Die Experten empfehlen Kreditnehmern immer wieder, ein Vorhaben nicht zur Gänze fremdzufinanzieren. Sinnvoll ist es sicher, einen Teil des Darlehens bereits auf der hohen Kante zu haben. 20 bis 30 Prozent des Darlehensvolumens sollten Kreditnehmer vorhalten können. Je besser die Bonität eines Kunden, desto geringer sind übrigens die zu zahlenden Aufschläge. Eine Lebensversicherung kann die Zinsbelastung reduzieren. mn