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Medizin goes postgraduate

Der Trend geht klar in Richtung fachliche Spezialisierung und lebenslanges Lernen. Entsprechend groß ist das postgraduale Weiterbildungsangebot, aus dem Mediziner wählen können.


Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle, Rektor der Medizinischen Universität Graz. Fotos: meduni graz

Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai, Vizerektor für Studium und Lehre der Medizinischen Universität Graz

Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin

Seit 20 Jahren zählt die Donau-Universität Krems im Gesundheitsbereich europaweit zu den führenden Anbietern postgradualer Lehrgänge. Neben zahlreichen zukunftsweisenden Zentren, wie etwa jenem für Neurowissenschaften unter der Leitung von Univ.-Prof. DDr. Michael Brainin, für Neurorehabilitation unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Michaela Pinter, dem Zentrum für Geriatrische Medizin und Geriatrische Pflege unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Christoph Gisinger oder dem Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Anton Leitner, ist das Zentrum für Regenerative Medizin und Orthopädie mit dem Masterstudium im Bereich Orthopädie und orthopädischer Chirurgie und dem international ausgerichteten Masterlehrgang „Advanced Orthopedics and Traumatology“ beispielhaft hervorzuheben.
Die Besonderheit besteht unter anderem darin, dass der Masterlehrgang Orthopädie in die Facharztausbildung eingebunden ist. Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin, Leiter des Departments für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin sowie Leiter der Zentren für Regenerative Medizin und Orthopädie sowie für Medizinische Spezialisierungen, erklärt: „In vielen Ländern ist es gang und gäbe, dass Mediziner parallel zur praxisorientierten Facharztausbildung einen postgradualen Lehrgang absolvieren. Das macht Sinn, schließlich bleibt bei der Ausbildung im Krankenhaus meist nur wenig Zeit für Theorie und Forschung. Es gibt zwar da und dort zusätzliche Fortbildungskurse, diese werden aber weder vorgeschrieben noch beurteilt.“
Hier nimmt die Donau-Universität Krems einmal mehr eine Vorreiterrolle ein. Als ehemaliger Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie hatte Nehrer, nunmehr Vizepräsident der Gesellschaft, die Möglichkeit, im Hinblick auf eine qualitätskontrollierte und zertifizierte Ausbildung einige Weichenstellungen zu setzen und ein strukturiertes Ausbildungskonzept für angehende Orthopäden zu implementieren.

Nicht nur Dr. med.

Nehrer ist überdies der Meinung, dass Zusatzaus- bzw. -fortbildungen sehr wohl auch nach außen kommuniziert gehören. Allein: Während etwa in der Wirtschaft ein postgraduales Studium fast schon zum guten Ton zählt und die Titel MBA und MSc so gut wie immer angeführt werden, ist das im medizinischen Bereich noch nicht der Fall. Dabei geht es Nehrer nicht um „Titelhascherei“, sondern darum, dass Ärzte leider nach wie vor auf den Dr. med.-Titel reduziert werden und damit zugleich auf ihre Tätigkeit als Angestellte in einem Krankenhaus oder Inhaber einer eigenen Praxis. „Lebenslanges Lernen ist heutzutage ein Gebot der Stunde, insbesondere in der Medizin. Das gehört definitiv anerkannt und ich bin davon überzeugt, dass postgraduale Ausbildungen in den kommenden Jahren auch in der Medizin vermehrt greifen werden“, so Orthopäde Nehrer.
Im Übrigen hat die Österreichische Ärztekammer ebenfalls einen Schritt gesetzt und mit der im September 2013 in Kraft getretenen Novelle der Verordnung über ärztliche Fortbildung das verpflichtende Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) beschlossen. Seither müssen innerhalb von fünf Jahren durch die Teilnahme an verschiedensten Fortbildungskursen mindestens 250 DFP-Punkte erlangt werden.

Postgraduate an der MedUni Graz

Auch die Medizinische Universität Graz gehört seit Jahren zu den führenden Anbietern postgradualer Lehrgänge und fasst ihr vielfältiges Weiterbildungsangebot unter der Dachmarke Postgraduate School zusammen, wofür – wie auch an der Donau-Uni Krems – DFP-Punkte vergeben werden: von Fortbildungskursen über Universitätslehrgänge bis zum Observership Program. Letzteres umfasst kostenpflichtige Trainings für Studierende und Mediziner, im Zuge derer neue Techniken und Therapien erlernt werden. Eine große Anzahl der Universitätslehrgänge wird für gemischte Berufsgruppen angeboten, so Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai, Vizerektor für Studium und Lehre der Medizinischen Universität Graz: „Dieser interdisziplinäre Charakter spiegelt die Realität der Arbeitswelt wider. Außerdem tragen ausgesuchte Kooperationen dazu bei, den hohen Qualitätsstandard zu sichern, etwa indem externe Experten ihr Know-how einbringen.“
Durch die enge Vernetzung mit Wissenschaft, Forschung und täglicher Praxis können neue Lehrgänge nach dem aktuellen Bedarf entwickelt werden: So hat sich etwa bei der Genetik in den letzten Jahren viel getan – in Bezug auf die Forschung rund um Vererbung, genetische Diagnostik und Qualitätsmanagement in genetischen Laboreinrichtungen und was die genetische Beratung betrifft, die nun auch hierzulande von Fachärzten durchgeführt werden darf. Der neue Masterlehrgang Medizinische Genetik vermittelt dazu das nötige Rüstzeug. Im neuen Lehrgang Diabetes Care lernen Mediziner und diplomierte Pflegepersonen, unter Heranziehung medizinischer und pflegewissenschaftlicher Forschungsergebnisse besser auf die Bedürfnisse von Diabetespatienten einzugehen und sie zu befähigen, verantwortungsvoller mit sich und ihrer Krankheit umzugehen.

Fachliche Spezialisierung und Prävention

„Das Gesundheitssystem ist enormen ökonomischen Belastungen ausgesetzt. Daraus folgt auch: Rechtzeitig und richtig vorbeugen ist besser als kostenintensiv heilen“, weiß Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle, Rektor der Medizinischen Universität Graz. „Als Gesundheitsuniversität positionieren wir uns unter anderem mit innovativen Lehrgängen rund um Arbeitsmedizin und Health Education als Bildungspartner im Bereich der Prävention sowie als Ausbilder von verantwortungsbewussten Führungskräften.“
Dekan Stefan Nehrer von der Donau-Universität Krems ist ebenfalls davon überzeugt, dass die fachliche Spezialisierung in Zukunft zunehmen wird. Und gerade deshalb brauche es ein strukturiertes postgraduales Ausbildungssystem: „Die Fächer werden stets größer. Die theoretischen Inhalte können allerdings im Spital selbst vielfach nicht mehr entsprechend erlernt werden, etwa weil einzelne Abteilungen die ganze Breite eines Fachs oft gar nicht abbilden können. Dies ist auch mit Blick auf die Facharztprüfung von Bedeutung. Und hier kommen wir bzw. sämtliche universitären und postgradualen Ausbildungseinrichtungen ins Spiel.“

Forschung und Entwicklung

Ebenfalls von enormer Wichtigkeit sind freilich Forschung und Entwicklung neuer Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten. Diesem Trend wird an der Grazer Postgraduate School beispielsweise mit dem eigens für Mediziner konzipierten Universitätslehrgang zum Klinischen Prüfarzt Rechnung getragen. An der Donau-Universität Krems werden etwa im Rahmen des Christian Doppler Labors neue unterstützende Therapieansätze für die Behandlung der Sepsis, vor allem auf Basis der extrakorporalen Blutreinigung, entwickelt. Der Forschungsschwerpunkt im Bereich der regenerativen Medizin und Orthopädie liegt einerseits auf der Entwicklung alternativer Therapien, andererseits aber auch auf der Verbesserung bestehender Therapien bei orthopädischen Problemen des Bewegungsapparates. Und um ein weiteres Beispiel zu nennen, verweist Nehrer auf das Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin und Komplementärmedizin, wo die wissenschaftliche Perspektive bewusst gefördert werde: „Traditionelle Heilmethoden bauen auf zum Teil Jahrtausende altem Wissen auf, haben also mit Sicherheit ihre Berechtigung. Nichtsdestotrotz bedarf es einer kritischen Auseinandersetzung, etwa im Hinblick auf die Frage, wann sie einsetzbar sind und wann nicht.“                                                   cm
www.donau-uni.ac.at/studium/gesundheit
www.medunigraz.at/ps