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Liebe Leserinnen und Leser,

die moderne Medizin kann viele Erfolge vorweisen und immer mehr Menschen länger gesund halten. Doch die Spirale dreht sich: Ökonomische Interessen gehen vor Behandlungsinteressen und viele Gesundheitssysteme in Europa stehen unter so hohem Kostendruck, dass nicht mehr länger „das Beste“ für die Patienten am Ende von Diagnose und Therapie steht.


Längst ist aus der solidarischen Versorgung eine Zwei- oder gar Mehrklassenmedizin geworden, die der Ökonomie den klaren Vorzug gibt.
Welche Lösung ist in Sicht? Ein guter Zeitpunkt, darüber nachzudenken, ist immer dann, wenn sich ein Jahr dem Ende zuneigt. Resümees und „Ausblicke“ sind gefragt. Ersteres ist einfach, die brennenden Themen gleichen jenen aus den Vorjahren, aber auch Letzteres geht rasch, denn innovative Lösungen, dieser komplexen Problematik Herr zu werden, sind keine in Sicht.
Den Ärzten mangelt es an ausreichend Zeit für eine menschliche Patientenversorgung und für die Ausbildung des Nachwuchses, zu viele Patienten wollen in Spitälern versorgt werden, wohl auch mangels anderer brauchbarer Alternativen. Gruppenpraxen und PHCs haben nicht annähernd den Weg in die Flächendeckung gefunden. Dafür zieht es junge Mediziner recht bald ins Ausland, wo die Bedingungen scheinbar besser sind. Gepaart mit der bevorstehenden Pensionierungswelle ist der Medizinermangel an vielerlei Orten deutlich spürbar. Bürokratie, Kontrollzwang und Intransparenz machen das System zu einem schier unmanövrierbaren Kahn, der zielsicher gegen die Wand fährt. Schon im Februar wurde gemeldet, dass Österreichs Gesundheitswesen im aktuellen European Health Consumer Index (EHCI) von Platz 12 auf 35 abgerutscht ist. Noch im Jahr 2009 belegten wir den stolzen Platz 4.
Bleibt wohl die berechtigte Frage offen, ob die Medizin noch zu retten ist? Und wenn ja, wer das denn übernehmen könnte und möchte? Schon 2013 schrieb die New York Times unter dem Titel „Who Will Heal the Doctors“, dass die Rückgewinnung der Sinnhaftigkeit in der Medizin auch der erste Schritt zur Rettung des Arztberufes sein könnte. Unter diesem Aspekt steht auch die aktuelle Coverstory, die deutlich macht, dass nur die Ärzte selbst den Prozess der Neuorientierung einleiten und umsetzen können. Sie müssen die Medizin wieder zu dem machen, was sie war – eine menschliche und sinnstiftende Tätigkeit, im Kernteam zwischen Arzt und Patienten.

Axel C. Moser
Herausgeber