Liebe Leserinnen und Leser,
macht Fleisch krank? Rettet die Mammografie Leben? Erhöht die Pille das Krebsrisiko? – Viele derartige Fragen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass eines klar wurde: Medizin ist nicht allmächtig und jedes Studienergebnis letztendlich doch nur so gut, wie es der Auftraggeber wünscht oder der Forscher zu interpretieren wusste.
Woher diese Überzeugung stammt? Es ist die – zugegeben, sehr kurz gefasste und auch subjektiv gefärbte – Zusammenfassung der diesjährigen gesundheitspolitischen Gespräche im Rahmen des Forums Alpbach. Rund 500 Experten trafen einander Ende August hier zur traditionellen Wälzung eines Themas, diesmal unter dem Motto „Neue Aufklärung“. Wie ein roter Faden zog sich die Frage durch drei intensive Tage, ob ein Plus an gesundheitsrelevanten Daten tatsächlich auch zu einem Plus an Gesundheit führen würde. Und wenn ja, für wen? Für den Einzelnen oder für die Gesellschaft? Und wenn ja, wozu? Um Geld zu sparen oder mehr Geld zu machen?
Auf den Punkt brachte es der finnische Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Teppo Järvinen: „Eine retrospektive Analyse der im New England Journal of Medicine zwischen 2001 und 2010 erschienenen Studien mit 363 in der Medizin praktizierten Therapien hat ergeben, dass ein erheblicher Teil dessen, was wir tun, nichts anderes als medizinischer Abfall ist.“
Weniger pessimistisch war der Zugang von Leroy Hood, MD, PhD, seit Jahrzehnten in der Genom-Forschungslandschaft tätig. Er ist ein Verfechter der neuen Gesundheits- und Medizinlehre unter Verwendung aller nur möglichen Daten. „Wir werden die P4-Medizin und eine umfassende Gesundheitsversorgung haben: prädiktiv, präventiv, personalisiert und partizipativ. Diese Medizin wird proaktiv statt reaktiv, individualisiert statt auf Gruppenbasis funktionieren. Sie wird auf wissenschaftlich basierte Wellness statt auf Krankheit ausgerichtet sein.“
In diesem Sinne präsentieren wir Ihnen mit der aktuellen Ausgabe wieder eine umfassende Themenpalette, die ein Stück weit zu einer P4-Medizin beitragen kann.
Mag. Renate Haiden, MSc
Chefredakteurin