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Kontrolle ist nicht nur besser

Ein Medizinprodukt ist kein Produkt wie jedes andere. Vielmehr gelten im Hinblick auf Nutzung und Hygiene bestimmte rechtliche Regelungen, für deren Einhaltung die jeweilige Gesundheitseinrichtung verantwortlich ist.


Foto: istockphoto

Unter dem Begriff „Medizinprodukte“ werden mehr als 400.000 verschiedene Instrumente, Vorrichtungen oder Stoffe, die der Erkennung, Verhütung und Behandlung von Erkrankungen dienen, zusammengefasst. Was das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten angeht, müssen eine Reihe von Regeln eingehalten werden. Die gesetzlichen Vorschriften dazu finden sich in der Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBV), die für alle Einrichtungen des Gesundheitswesens – von der Hausarztpraxis bis zu großen Krankenhäusern – gilt. Verantwortlich ist immer der Betreiber, also beispielsweise der niedergelassene Arzt selbst.

Gut geschult

„Insbesondere bei Hochrisikoprodukten muss der Betreiber zunächst eine Eingangsprüfung durchführen bzw. durchführen lassen“, erklärt Mag. Philipp Lindinger, Geschäftsführer der Interessensvertretung der Medizinprodukte-Unternehmen AUSTROMED. Darunter fallen Produkte, für die besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind: aktive, nicht implantierbare Medizinprodukte und Systeme, Säuglingsinkubatoren, externe aktive Komponenten aktiver Implantate und Druckkammern. Im Anschluss daran hat der Betreiber sicherzustellen, dass derjenige, der das Medizinprodukt nutzt, entsprechend eingewiesen wird, beispielsweise durch einen Medizinprodukteberater. Die MPBV erlaubt aber auch, dass die Einweisungen von Personen abgehalten werden, die aufgrund Ausbildung, Kenntnissen und praktischen Erfahrungen dafür geeignet sind. Außerdem sind wiederkehrende Schulungen vorgeschrieben, unter anderem um dem Schulungsbedarf der Anwender nachzukommen sowie um, laut Lindinger, sicherzustellen, „dass die Geräte den Herstellervorgaben entsprechend angewendet werden und um Fehlbedienungen zu vermeiden.“
Der richtige Umgang mit Medizinprodukten – das heißt, eine den Herstellervorgaben angemessene Anwendung – ist essenziell, unter anderem weil die Behandlung nur dann eine entsprechende Wirkung erzielen kann. Nicht zu vergessen kosten neue, hochinnovative Produkte freilich mehr als Medizinprodukte vorheriger Generationen, insbesondere wenn sie inkorrekt angewendet werden. Aus Sicht von AUSTROMED-Geschäftsführer Lindinger geht es jedoch nicht darum, „bei Medizinprodukten zu sparen, sondern mit ihnen zu sparen.“

Dokumentation erforderlich

Ferner obliegt der betreibenden Stelle, fortlaufende Instandhaltungsmaßnahmen, wiederkehrende technische Sicherheitsüberprüfungen sowie messtechnische Kontrollen, die die Kalibrierung und Bewertung umfassen, vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen. Die letzten beiden Punkte werden etwa im Rahmen von Wartungsverträgen durch den Hersteller durchgeführt, gelten jedoch nur für bestimmte Produkte wie zum Beispiel aktive nicht implantierbare Medizinprodukte oder aber, wenn es der Hersteller verlangt –
§ 6 und § 7 des MPBV gehen ausführlich darauf ein. Weiters braucht es eine Gerätedatei, ein Bestandsverzeichnis sowie ein Implantatregister. Einmal mehr ist in der MPBV genau deklariert, für welche Produkte eine derartige Dokumentation erforderlich ist und welche Angaben diese beinhalten müssen. Im Übrigen ist die gesamte Verordnung in einem durchaus verständlichen und somit auch Nicht-Juristen zumutbaren Stil verfasst. Nichtsdestotrotz rät Philipp Lindinger, den Medizinprodukteberater als solchen in Anspruch zu nehmen: „Insbesondere die AUSTROMED-Mitgliedsunternehmen stehen immer beratend zur Seite, von den Benutzern wird dieses Angebot allerdings viel zu selten wahrgenommen.“ Wohlgemerkt spricht Lindinger hier von österreichischen Unternehmen oder Herstellern mit österreichischen Standorten bzw. Niederlassungen: „Abgesehen davon, dass die Qualität bei Geräten und Produkten, die zum Beispiel aus China stammen, teilweise erschreckend ist, muss man sich fragen: Wer soll schulen? Wer soll servicieren?“ Gerade in diesem hochsensiblen Bereich der Medizinprodukte ist der Informationsbedarf groß und diesen gilt es zu bedienen, nicht zuletzt weil es um die Versorgungssicherheit der Patienten geht. „Die Unternehmen sind dazu verpflichtet, einen Know-how-Transfer herzustellen. Andererseits werden durch stetige Beziehungen zu den Benutzern neue Ideen geboren“, weiß Geschäftsführer Philipp Lindinger.
Im Zweifelsfall können sich Betreiber selbstverständlich an die Ärztekammer bzw. an die Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Medizin (ÖQMed) wenden. Neben der Abwicklung der Evaluierung der Arztordinationen beschäftigt sich die ÖQMed als Teil der Österreichischen Ärztekammer Beteiligungsholding mit sämtlichen Themen, die Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement im ärztlichen Bereich betreffen. Sie ist somit jene Stelle, die der Ärzteschaft hinsichtlich Qualitätsfragen beratend zur Seite steht.

Saubere Sache

Hygiene spielt in Bezug auf Qualität und Sicherheit freilich eine ebenso wichtige Rolle und auch hier bietet die ÖQMed unter anderem mit Arzthygiene.at ein hilfreiches Informationstool zur Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die hygienischen Anforderungen von Ordinationsstätten und Gruppenpraxen. Aufgrund des breiten sowie heterogenen Spektrums der in ärztlichen Ordinationen angebotenen Leistungen und der Tatsache, dass je nach Fachbereich höchst unterschiedliche Anforderungen im Hinblick auf Hygienestandards gelten, wurde § 2 der Hygieneverordnung kurz bzw. allgemein gehalten: „Die Anforderungen an die Hygiene in einer Ordinationsstätte sind an die Art der erbrachten Leistungen, die Patientenfrequenz und das Gefährdungspotenzial besonderer Erkrankungen anzupassen, der ordinationsführende Arzt oder der Hygiene-Verantwortliche haben eine Abschätzung des Infektionsrisikos vorzunehmen und die erforderlichen Hygiene-Anweisungen dem Leistungsspektrum der Ordinationsstätte anzupassen.“ Im Anhang der 18-seitigen Verordnung finden sich relevante Detailinformationen sowie Formulare („Aufbereitung wiederverwendbarer Instrumente“, „Dokumentationsblatt Sterilisation“ u. a. m.). Übrigens: Aus juristischer Sicht sei laut ÖQMed festzuhalten, „dass in der Rechtsprechung eine Verschärfung hinsichtlich der Haftung bei Hygienemängeln zu verzeichnen ist, da diese zu den ‚voll beherrschbaren Risiken’ zählt.“
Ob korrekter Umgang mit Medizinprodukten – von der Einweisung bis zum Führen einer Gerätedatei – oder Einhaltung hygienischer Anforderungen: Schlussendlich geht es um die Sicherheit der Patienten, aber auch darum, Fehler zu vermeiden und damit das Haftungsrisiko des Arztes bzw. des Betreibers auf ein Minimum zu reduzieren.

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