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Klartext wirkt

Ob interne Besprechungen, Patientengespräche oder Kongressvorträge: mit der optimalen Vorbereitung sind Ärzte für alle Situationen gut gerüstet.


Kommunikationsstrategin Tatjana Lackner

Gerade in Arztpraxen und Krankenhäusern trifft man auf viele verschiedene Sprachwelten, Patienten unterscheiden sich punkto Alter, Herkunft, Bildung und gesellschaftlicher Position. Inwieweit ist es Ärzten und medizinischem Personal überhaupt möglich darauf einzugehen? Kommunikationsstrategin Tatjana Lackner gibt Antwort.

Können und müssen sich Ärzte auf unterschiedliche Sprachwelten einstellen?
Lackner: Ärzte arbeiten unter enormem Druck. Gelungene Gesprächsführung, Kommunikations-Screening und investigative Fragen zu beherrschen, hilft, diese komplexen Situationen rascher und erfolgreicher zu meistern. Die Techniken dazu kann jeder Mediziner lernen – leider nicht im Zuge seines Studiums. Viele Ärzte bestätigen, dass ihnen diese modernen Gesprächswerkzeuge weiterhelfen.

Ist es überhaupt möglich, in der Welt der Medizin, im Patientengespräch, Fremdwörter zu vermeiden?
Analogien und sprachliche Bildvergleiche braucht es. Diese können je nach Patiententyp variieren. Ein achtjähriges Mädchen braucht andere Erklärungen als ihre Mutter, damit die Nachbehandlung zu Hause akkurat eingehalten wird. Zielgruppenorientierte Kommunikation ist in jedem Beratungsgespräch Trumpf – das gilt auch für das medizinische Personal. Klare Anweisungen ersparen Zeit und geben dem Patienten Sicherheit. Fremdwörter sind kein Problem, solange der Patient genau weiß, was er hat und was er alles darf. Patienten sind sogar stolz, wenn sie wissen, dass sie eine „Laryngitis“ haben. Wichtiger ist aber, dass ihnen gesagt wird, dass bei der Kehlkopfentzündung Ölwickel gemacht werden sollten.

Schaffen moderne Kommunikationsmittel mehr Zeit für die Beratung?
Beides stimmt. Wenn sich der Arzt wie ein Schalterbeamter hinter die Anonymität eines Apparates flüchtet, bricht er die Regel der „atmosphärischen Wohlgeformtheit“. Ohne Blickkontakt und das professionelle Interesse am Gegenüber wäre er auch in der freien Wirtschaft eine Zumutung. Wenn allerdings die Beziehungsebene im Gespräch hergestellt ist und abgewandte Arbeitsschritte gut anmoderiert werden, dann schaffen moderne Kommunikationsmittel durchaus Raum für bessere Beratung.

Macht angelesenes Halbwissen aus dem Internet den Ärzten die Arbeit schwerer?
Niemand freut sich über Schlaumeier, die mehr Interesse an der Verbreitung der Eigendiagnose haben, als daran, konkrete Antworten auf die Fragen ihres Arztes zu finden. Klar ist aber auch, dass Patienten heute mündiger sind und durch gute Vorinformation sinnvollere Fragen stellen. Zwei Herausforderungen gilt es im Patientengespräch zu meistern: Auch wenn jemand informiert scheint, muss der Arzt klare Instruktionen geben und darf nicht Opfer des „Ergänzungsfehlers“ werden. Manche Patienten stellen zwar schlaue Fragen, brauchen die Behandlungsanordnungen aber dennoch haarklein erklärt. Und zweitens ist mit Halbwissen oder populären Glaubenssätzen aufzuräumen. Ja, das kostet Zeit und stellt den Arzt kurzzeitig auf den Prüfstand – auf der anderen Seite gewinnt jemand, der durch solide Erklärungen und spürbare Expertise punktet, Zeit und Vertrauen.                              cw