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Kinderseelenkunde

Ao. Univ.-Prof. Dr. Marguerite Dunitz-Scheer, Klinische Abteilung für allgemeine Pädiatrie am Klinikum Graz, im Kurzinterview


Ich habe mich als Medizinerin für die Kinderheilkunde entschieden, weil ...
... ich viel besser mit Kindern umgehen kann als mit Erwachsenen und sie primär kommunizieren und nicht so viel reden.

Das Thema Ernährung ist mir ein Anliegen, weil ...
... das Thema ein zentrales Lebensthema bezüglich der Balance von Ein- und Ausfuhr, von Energiebilanzen, von Medien- und Beziehungseinflüssen in seiner Auswirkung auf unser tägliches Leben und unsere Gesundheit ist und einfach megaspannend.

Essstörungen sind ...
... die Antwort unserer Zeit auf die Perversion des Ungleichgewichtes zwischen verfügbaren Ressourcen und einzelnen Bedarfsgruppen.

Selbst Kleinkinder können Essstörungen haben, weil ...
... sie auf Spannungen und Erwartungswelten spezifisch und empfindsam
reagieren.

Die Sondenernährung ist erforderlich, wenn ...
... ein Mensch so schwer krank oder beeinträchtigt ist, dass eine ausreichende ausgewogene Ernährung auf oralem Wege nicht gewährleistet ist, zum Beispiel bei extrem früh geborenen Babys, Kindern nach schweren Operationen oder Menschen mit Schluckstörungen.

Die Sondenentwöhnung ist dann notwendig, wenn ...
... die beabsichtigte Phase der geplanten Sondenernährung vorbei ist und keine medizinische Indikation zur Fortsetzung besteht. Zusätzlich können schwere Nebenwirkungen wie Erbrechen, Würgen, Unverträglichkeit und schlechtes Gedeihen trotz Sondierung den Übergang zur oralen Ernährung notwendig machen.

Für das Thema Ernährung in Österreich würde ich mir wünschen, dass ...
... wir kleine interdisziplinäre Expertenteams für die einzelnen betroffenen Patientengruppen ausbilden und nicht jeder sich als Experte bezeichnet, nur weil er auch essen und trinken kann! Unter www.notube.at sind spezielle Fortbildungskurse angeführt, die dazu laufend angeboten werden. Ein neues telemedizinisches Angebot stellt das NETcoaching dar, welches für Familien sondenabhängiger Kleinkinder und für Menschen mit anderen schweren Essstörungen entwickelt wurde und eine hoch individualisierte Beratung übers Internet anbietet.

Die Pädiatrie-Ausbildung in Österreich ist ...
... super!

Österreichs Kinderheilkunde braucht ...
... gerade im Bereich der Prävention und Behandlung von Essstörungen mehr Austausch mit angrenzenden Subdisziplinen wie Psychologie, Psychotherapie, Ernährungswissenschaften, Pädagogen und die Experten aus Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie, die sich speziell mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben. Man kann nicht nur „organische Ursachen ausschließen“ und dann glauben, dass sich alles andere mit Geduld und Reden von selbst löst!

Marguerite Dunitz-Scheer stammt aus Maryland, USA, und wuchs in den Vereinigten Staaten, in England, der Schweiz und in Österreich auf. Sie ist Mutter von sechs Kindern und mit Univ.-Prof. Dr. Peter Jaron Zwi Scheer verheiratet.

Dunitz-Scheer entschied sich nach der Promotion für die Kinderheilkunde und habilitierte 1995. Zusätzlich kann sie Diplome für psychosoziale Medizin, psychosomatische Medizin, ein Psychotherapiediplom und eine Ausbildung zur Kinder- und Jugendtherapeutin am Fritz Perls Institut in Deutschland vorweisen. Sie gilt als versierte Expertin für Sondenentwöhnung bei Kindern.
Ihre ärztlichen Tätigkeiten erfolgten unter anderem an der Universität Zürich, an der Harvard Medical School in Boston, USA, und an der Universität Graz, wo sie heute stellvertretende Leiterin der Abteilung für allgemeine Pädiatrie ist.

Neben ihrer Arbeit an der Pädiatrie und als Psychotherapeutin gründete Marguerite Dunitz-Scheer die ARGE KIKU, die Arbeitsgemeinschaft Kinderkultur, ein interdisziplinäres Team, welches seit 2001 mit Kindern und Jugendlichen kulturelle Angebote erarbeitet.
www.notube.at