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Kein Patentrezept in der Finanzierung

Die Kreditzinsen sind aktuell niedrig wie nie zuvor. Dennoch sollte man Alternativen wie Leasing oder den Einsatz von Eigenkapital überdenken.


Foto: pixelio

Für Investitionswillige bieten sich drei Möglichkeiten: Eigenkapital (Girokonto, Sparbuch etc.) nutzen, Kredit aufnehmen oder Leasing. „Für welche Form sich ein Arzt entscheidet, hängt von seiner individuellen Situation ab“, berichtet Michaela Kuttenberger, Marketing Erste Bank. „Das letzte Wort spricht oft der Steuerberater.“ Wie alle anderen Bankinstitute versucht auch die Erste Bank, neue Kunden – im Regelfall bonitätsstarke – Ärzte und Zahnärzte zu finden. Der Wettbewerb sei hart, die Konditionen würden sich nicht wesentlich unterscheiden. „Kennen wir den Kreditnehmer durch eine langfristige Kundenbeziehung besser, haben wir – wie jede andere Bank in diesem Zusammenhang – bei den Konditionen ein wenig mehr Spielraum“, so Kuttenberger. Einige Grundregeln sollte man allerdings bei seiner Entscheidung beherzigen. Wie bei allen Freiberuflern kann es auch bei Ärzten sinnvoll sein, Erwirtschaftetes privat und möglichst gewinnbringend zu veranlagen, bei betrieblichen Investitionen auf – vorausgesetzt die Bonität stimmt – sehr günstiges Fremdkapital zurückzugreifen. „Durch die Steuerersparnis ist Fremdfinanzierung mitunter günstiger als Eigenfinanzierung“, heißt es da dazu bei den Finanzberatern unisono. Ob das im Einzelfall so ist, errechnet man gemeinsam mit seinem Steuerberater. Vor allem sollte man sich um Förderungen umsehen: So gibt es zum Beispiel für Neueinsteiger bei den Landesärztekammern begünstigte Praxisgründungskredite (siehe unten).
Auch wenn Ärzte bei den Banken gern gesehene Kunden sind, auch unter der Ärzteschaft mehren sich die Klagen, dass die Banken ihre Kreditbestimmungen zu stark verschärft haben. „Die Banken wollen immer mehr Sicherheiten. Sie sind deutlich zurückhaltender geworden“, klagt ein nicht genannt werden wollender Zahnarzt aus Wien, der aktuell über die Finanzierung eines neuen digitalen Röntgengeräts verhandelt. „Ich bin von meiner Hausbank enttäuscht. Die anderen sind aber auch nicht flexibler.“

Eigenmittel: oft nur scheinbar günstig

Wer sein Girokonto oder Sparbuch belastet, hat keinen Zinsaufwand und steigt auf den ersten Blick günstig aus. Wer will schon gerne Zinsen zahlen. Aber: Liegt das Geld auf dem Konto, wird es verzinst und bringt Ertrag. Werden diese Eigenmittel für eine Finanzierung abgezogen, ist auch der Ertrag weg. Ein weiterer Nachteil: Aktuell sind bei allen Bankinstituten die Sollzinsen bei einem Girokonto deutlich höher als Kreditzinsen. Auch ein steuerlicher Aspekt darf nicht außer Acht gelassen werden: Kreditzinsen und Leasingraten sind als Betriebsausgaben voll absetzbar. Ob letztlich die Finanzierung über das Girokonto günstiger ist oder über Kredit, zeigt nur eine genaue, individuelle Rechnung.

Nachverhandeln lohnt sich

Der Zinssatz allein sagt jedoch nichts über die Güte eines Kredits aus, weil zusätzlich Spesen und Gebühren verrechnet werden, welche die gesamte Finanzierung wesentlich teurer machen können. Beim Abschluss eines Kredits muss man beachten, dass dabei nicht nur Zinsen anfallen, sondern auch Rechts- und Buchungsgebühren, Provisionen, Kontoführungsgebühren etc. Für die Laufzeit gilt: Langfristige Investitionen langfristig finanzieren, kurzfristige kurzfristig. Die Kreditlaufzeit soll der Nutzungsdauer des Anlageguts entsprechen – außer, der Arzt ist derart flüssig, dass er den Kredit vor Ablauf der Nutzungsdauer tilgen kann.
Freiberufler beklagen nach wie vor eine restriktive Finanzierungspolitik seitens der Banken. Aus deren Sicht gibt es jedoch keine Kredit-, sondern eine Nachfrageklemme. Dass Basel III zu einer Verschärfung bei der Kreditvergabe geführt habe, wird in den Banken gar nicht bestritten. Beklagt wird hingegen, dass nach wie vor viele Kreditnehmer ohne Businessplan zu Finanzierungsgesprächen kommen. „Versetzen Sie sich in unsere Lage. Was würden Sie gerne von jemanden wissen, dem Sie Geld leihen?“ Daher solle man ein erhöhtes Augenmerk auf Soft Facts legen. „Dazu gehört auch die Erstellung von Strategiekonzepten für die Zukunftsbeurteilung“, heißt es bei den Banken unisono. Zwei Faktoren stehen bei allen Bankern außer Streit: Die Bedeutung von Planungsrechnung und Controlling nimmt zu und ohne ausreichendes Eigenkapital geht gar nichts mehr. Eines sollten die Unternehmen nicht außer Acht lassen: Die Optimierung der eigenen Bonität reduziert Kosten.“
Die Beistellung von Sicherheiten reduziert das Risiko der finanzierenden Bank und kann dadurch die Höhe des Zinssatzes zugunsten des Kreditnehmers beeinflussen. Als Sicherheiten können beispielsweise private Bürgschaften sowie Verpfändungen von Liegenschaften (Hypotheken), von (Honorar-) Forderungen, von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen oder von Wertpapieren dienen.
Leasing ist altbekannt und die meisten Unternehmen haben neue Investitionen schon einmal über diesen Weg refinanziert. Es gibt am Markt viele Modelle – dazu gehören zum Beispiel Leasing, Mietkauf oder Sale-and-Lease-Back. Insbesondere Sale-and-Lease-Back-Transaktionen – eine Finanzierungslösung, bei der das Unternehmen im Eigentum befindliches mobiles Anlagevermögen wie beispielsweise Analysegeräte und Anlagen verkauft und im gleichen Moment wieder über einen Leasingvertrag zurückleast – findet zunehmend Interesse bei Freiberuflern. Es ermöglicht eine Liquiditäts- und Ertragsbeschaffung aus der Substanz des Unternehmens. Langfristig in die Ordinationsausstattung gebundenes Kapital wird aktiviert. Oft lassen sich zudem erhebliche stille Reserven aus Wertsteigerungen aufdecken.
Doch wo liegen die Unterschiede zwischen den beiden populärsten Finanzierungsformen? Grundsätzlich eignen sich sowohl Leasing als auch Kredit zur Finanzierung nahezu jeder Anschaffung, egal ob es sich um Immobilien, Ordinationseinrichtungen oder medizinisch-technische Ausrüstungen handelt. Am bekanntesten ist wohl das Kfz-Leasing, mehr als die Hälfte aller Kraftfahrzeuge werden aktuell von Leasinggesellschaften finanziert. Einstige Unterschiede bei der Bonitätsprüfung gibt es inzwischen nicht mehr. Noch vor einigen Jahren konnte es durchaus vorkommen, dass jene, die keine Kredite mehr bekamen, beispielsweise ein Auto leasen konnten. Inzwischen erfolgt aber bei beiden Finanzierungsformen eine ähnliche Bonitätsprüfung samt Einschaltung des Kreditregisters.

Die Unterschiede

Bei einem kreditfinanzierten Kauf geht der Kaufgegenstand in der Regel ins Eigentum des Käufers über, bei Ratenkäufen gibt es hingegen oft einen Eigentumsvorbehalt. Das Leasingobjekt bleibt jedoch bis zum Vertragsende Eigentum der Leasingfirma. Zwar geht die Verfügungsmacht auf den Leasingnehmer über, doch Achtung: Ein Leasingvertrag kann mitunter teure Nebenabreden beinhalten. So kann für die Technische Wartung und Servicierung eine bestimmte Vertragswerkstatt vorgeschrieben werden, die zu bestimmten Zeiten einen Service durchführen muss. Kredite können in der Regel vorzeitig zurückgezahlt werden, außer es handelt sich um solche mit Fixzinsvereinbarungen. Leasingverträge sind nicht jederzeit kündbar. Bei einem Kauf belastet der Kaufpreis oder dessen Finanzierung die Passivseite der Bilanz, während der Wert der Anschaffung das Umlauf- oder (meistens) das Anlagevermögen erhöht. Leasingverträge sind bilanzneutral. Ein Vergleich zwischen Leasing und Kredit bedarf finanzmathematischer Berechnungen unter Berücksichtigung der steuerlichen Situation. mn

Fristenkonforme Finanzierung

Bei fremdfinanzierten Investitionen ist auf die sogenannte Fristigkeit der Finanzierung zu achten. Ein Kredit für ein Wirtschaftsgut sollte immer spätestens dann zurückgezahlt sein, wenn dieses Wirtschaftsgut zum Beispiel wegen Veralterung erneuert werden muss. Aber auch im umgekehrten Fall, wenn das Investitionsgut zu kurz steuerlich abgeschrieben wird, kann es passieren, dass der Gewinn zwar steigt, die Liquidität aber zurückgeht und in vielen Fällen der Kontorahmen weiter ausgenützt werden muss.

Kurzfristig: 2 bis 3 Jahre, z. B. EDV
Mittelfristig: 4 bis 8 Jahre, z. B. Ordinationsausstattung
Langfristig: > 10 Jahre, z. B. Gebäude

Praxisgründungskredit

Gleichgültig ob eine bereits bestehende Praxis übernommen oder eine neue Praxis (egal ob privat oder mit Kassenverträgen) gegründet wird: Bei einer erstmaligen Praxisgründung kann dieser geförderte Praxisgründungskredit in Anspruch genommen werden. Voraussetzungen sind die üblichen Bonitätskriterien und die ordentliche Mitgliedschaft in der Ärzte- bzw. Zahnärztekammer.
Der Kredit (maximale Kreditsumme 75.000 Euro) kann einmalig frühestens drei Monate vor und längstens drei Jahre nach erstmaliger Praxiseröffnung (oder Praxisübernahme) in Anspruch genommen werden. Als Laufzeit für die Kreditrückzahlung sind maximal zehn Jahre vorgesehen, wovon bis zu einem Jahr als tilgungsfreie Zeit vereinbart werden kann. Der Sollzinssatz orientiert sich am Drei-Monats-Euribor zuzüglich eines Aufschlages von 1,00 % (kaufmännisch gerundet auf 1/8 Prozent). Die Anpassung des Zinssatzes erfolgt vierteljährlich jeweils am 01.01., 01.04., 01.07. und 01.10. jeden Jahres und beträgt für das dritte Quartal 2015 1,000 %. Die Anpassung dieses Zinssatzes erfolgt vierteljährlich entsprechend den Veröffentlichungen durch die Österreichische Nationalbank. Bei Änderung des Zinssatzes wird auch die monatliche Pauschalrate angepasst. Der Kredit kann auch früher, immer zum Ende der Zinsperiode (Quartalsende), zurückgezahlt werden. Als Besicherung ist eine Versicherung für den Todesfall erforderlich. Dies kann eine Kreditrestschuldversicherung oder eine bereits bestehende Lebensversicherung sein.

Checkliste: Das Bankgespräch: Darauf kommt es an!

Der nachvollziehbare Businessplan
Enthält Ihr Businessplan unter anderem Aussagen zu

  • Ihrem Vorhaben?
  • dem Alleinstellungsmerkmal Ihres Angebotes?
  • Ihren fachlichen und unternehmerischen Fähigkeiten?
  • Markt, Branche, Wettbewerber und den sich ergebenden Marketing- und Vertriebsmaßnahmen?
  • der Unternehmensorganisation einschließlich Rechtsform?
  • Enthält Ihr Businessplan einen Finanzplan mit Zahlen zu Kapitalbedarf, Liquidität, Rentabilität und Finanzierung?
  • Können Sie Ihre Kreditwürdigkeit deutlich machen?
  • Enthält Ihr Businessplan eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Aussagen? Ist Ihr Businessplan für Dritte gut verständlich?
  • Sind alle Zahlen und Daten nachvollziehbar und realistisch?

Das darf auf keinen Fall fehlen:
Finanzplanung

  • Planung des voraussichtlichen Umsatzes
  • Investitions- und Finanzierungsplanung
  • Aufwandsplanung
  • eventuelle Mindestumsatzberechnung
  • Plan-Gewinn-&-Verlustrechnung
  • Cashflow-Planung bzw. detaillierter Liquiditätsplan
  • eventuelle Ermittlung des Sicherheitsgrades (Gewinnschwelle bzw. Cashflow-Schwelle)
  • eventuell Darstellung einer Plan-Bilanz

Liquiditätsplanung

Können die laufenden Rechnungen für Versicherungen, Steuern oder Miete und anderes in den nächsten drei bis sechs Monaten bezahlt werden? Mithilfe einer Liquiditätsvorschau haben Sie immer den genauen Überblick. Darin halten Sie Ihre geplanten und zu erwartenden monatlichen Einnahmen und Ausgaben fest. Aus der Differenz der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben ergibt sich der monatliche Überschuss (Überdeckung), den Sie zur Verfügung haben, um Ihre Rechnungen zu bezahlen. Ergibt sich ein Fehlbetrag (Unterdeckung) sollten Sie schnellstmöglich dafür sorgen, dass „Geld in die Kasse“ fließt.

Verfügbare Mittel (pro Monat)

  • Bestand an flüssigen Mitteln (Kasse, Bank)
  • Zahlungseingänge (Umsatzerlöse, sonstige Einnahmen, Privateinlagen) inklusive Mehrwert-/Umsatzsteuer

Ausgaben (pro Monat)

  • Zahlungsausgänge
  • Löhne, Gehälter, Sozialabgaben, Lieferanten
  • Bareinkäufe
  • Marketing
  • Vertrieb
  • Investitionen
  • Kreditzinsen
  • Kredittilgung
  • Miete, Nebenkosten, Mehrwert-/Umsatzsteuer, Versicherung, Privatentnahmen, sonstige Ausgaben

+/– Überschuss/Fehlbetrag vom Vormonat

Steuerbegünstigungen für Neugründungen

Die Neugründung von Arztpraxen wird durch Befreiung von verschiedenen Abgaben, Beiträgen und Gebühren gemäß Neugründungsförderungsgesetz (NeuFöG) gefördert.
Neugründung bedeutet, dass der Arzt eine neue, bis dahin noch nicht vorhandene betriebliche Struktur schafft und sich bisher (innerhalb der letzten 15 Jahre) nicht in vergleichbarer Weise selbstständig betrieblich betätigt hat – also keine Tätigkeit als niedergelassener Arzt ausgeübt hat. In diesem Fall ist er von bestimmten Abgaben befreit. Dazu zählen bestimmte Lohnabgaben (Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds, Wohnbauförderungsbeiträge, Unfallversicherungsbeiträge) für ein Jahr und die Befreiung von bestimmten Stempel- und Gerichtsgebühren (zum Beispiel für praxisgründungsbedingte Facharztdekrete), Gesellschaftssteuer, Grunderwerbsteuerfreibetrag in Höhe von 75.000 Euro etc.
Voraussetzungen für die Beantragung der Förderung sind die Inanspruchnahme einer Beratung bei der gesetzlichen Berufsvertretung (Ärztekammer, Zahnärztekammer). Die Kammer bestätigt die Beratung auf dem Formular NeuFö1/NeuFö3. Dieses ist bei den in Betracht kommenden Behörden (Finanzamt, Gericht, Bezirkshauptmannschaft, Magistrat, Gebietskrankenkasse etc.) vorzulegen.