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Karriere mit Sicherheit

Der erste österreichische Preis für Patientensicherheit zeichnet engagierte Teams in Spitälern aus, die sich den Themen Qualität, Risiko und Sicherheit verschrieben haben. Das AKh Linz ging als Sieger hervor, auf Platz zwei landeten ex aequo die AUVA und die Grazer Elisabethinen.


v.li.: Dr. Brigitte Ettl, Präsidentin der Plattform Patientensicherheit und Ärztliche Direktorin am KH Hietzing, und das Siegerteam Dr. Heinz Brock, MBA, MPH, Medizinischer Direktor, Geschäftsführer, AKh Linz, Mag. Birgit Weh (med. Ausbildungszentrum), Angelika Edtstadler, MBA (Qualitätsmanagement), Dr. Wolfgang Puchner sowie Dr. Maria Kletecka-Pulker, Geschäftsführerin der Plattform für Patientensicherheit (ANetPAS) und Sektionschef Hon.-Prof. Dr. Gerhard Aigner (BMG). Foto: Publish Factory GmbH/APA-Fotoservice/Schedl

Die Plattform Patientensicherheit hat heuer erstmalig in Österreich den „Austrian Patient Safety Award“ (APSA), einen Preis für Patientensicherheit in Spitälern und Gesundheitseinrichtungen, vergeben. „Der Preis steht für innovative Leistungen zur Erhöhung von Patientensicherheit und Qualität in Gesundheitseinrichtungen. Ziel ist es, hervorragende Projekte der Öffentlichkeit zu präsentieren und damit Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen für das Thema zu sensibilisieren“, erklärt Dr. Maria Kletecka-Pulker, Geschäftsführerin der Plattform für Patientensicherheit (ANetPAS). Gleichzeitig will die Expertin mit dieser Initiative auch Innovationen erzeugen, die das Thema Patientensicherheit in der Praxis attraktiv machen.

Engagement für mehr Sicherheit

Auf Platz eins landeten OA Dr. Wolfgang Puchner, Anästhesist und Risikomanager im AKh Linz, und sein Team mit dem Projekt „PARS – patient at risk-Score/System“. Der multidisziplinäre Ansatz, Patienten in lebensbedrohlichen Situationen rasch der richtigen Behandlung zuzuführen, bezieht alle Gesundheitsberufe und Disziplinen ein und schafft so eine nachhaltige Sicherheitskultur. Das Projekt wurde in die Gesamtstrategie integriert, für die Evaluierung aufbereitet und steht letztlich für ein Roll-out in der gesamten Institution zur Verfügung. Die zusätzliche Einbettung in die Ausbildung und Schulungen der Gesundheitsberufe hat die Jury überzeugt, Puchner mit dem Austrian Patient Safety Award 2013 auszuzeichnen.
Platz zwei belegt das AUVA-Projekt „CIRPS entwickelt sich – Zahlen, Daten und Fakten belegen die Wirkung von CIRPS zur Erhöhung der Patientensicherheit“. Das Projekt wurde von der Jury als Leitprojekt für Patientensicherheit in Österreich bewertet und daher ausgezeichnet.
Mag. Michaela Drexel, MAS, Leitung Qualitätsmanagement, und Univ.-Prof. Ing. Dr. Gerhard Stark, Ärztlicher Direktor im Krankenhaus der Elisabethinen GmbH, Graz, punkteten mit der Einreichung einer videoassistierten Simulation von Notfallsituationen im Operationssaal. Im Vordergrund des ebenfalls auf Platz zwei gereihten Siegerprojektes stehen die Zusammenarbeit im Team sowie die Nutzung neuer Medien für den Bereich der Patientensicherheit.

Kritische Situationen rechtzeitig erkennen

„Je kritischer die Beeinträchtigung der gesundheitlichen Verfassung, desto zwingender und unumgänglicher wird eine zunehmend lückenlose Überwachung der Patienten sowie eine eine adäquate, medizinische, spezialisierte Hilfe zeitgerecht bereitzustellen. Erfahrungen zeigen, dass eher zu wenig als zu großzügig intensivmedizinische Kompetenz in den Behandlungsprozess von Patienten integriert wird. Ein Erkennungs- und Frühwarnsystem (PAR Score) soll zur objektiveren Identifikation kritisch beeinträchtigter Patienten beitragen und helfen, den richtigen Zeitrahmen für intensivtherapeutische Maßnahmen oder Überwachungen zu finden“, fasst Dr. Wolfgang Puchner, Anästhesist und Risikomanager im AKH Linz, die Motivation zur Entwicklung und Einführung von PARS im AKh Linz zusammen. Er ist überzeugt, dass daraus auch interdisziplinäre, multiprofessionelle Behandlungsabläufe profitieren werden und insgesamt die Qualität der Leistungserbringung in Medizin und Pflege gesteigert wird.

Behandlungsergebnis verbessern

Patienten eines Krankenhauses sind sehr heterogen und sollen individuell in ihrer gesundheitlichen Verfassung als weitgehend gesund bis äußerst kritisch bedroht so erkannt und entsprechend behandelt werden. Patienten auf den Stationen der Fachabteilungen benötigen in der Regel keine strenge, ununterbrochene klinische Überwachung. Somit sind Personal, Kompetenzen und Strukturen dieser Stationen nicht für die Behandlung kritisch Kranker ausgerichtet. Immer wieder aber können sich Patienten auf Normalstationen ob der Dynamik von Krankheitsverläufen, als Folge von vermeidbaren oder unvermeidbaren, unerwünschten Zwischenfällen oder Komplikationen kritisch verschlechtern und müssten dort als solche rechtzeitig erkannt werden, um ihnen auch entsprechende Hilfe angedeihen zu lassen und katastrophale Folgen abzuwenden. Die demografische Entwicklung wird dieses Problem der möglichen Verschlechterungen des Gesundheitszustandes von Patienten während eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus verstärken.
„Konsistente Daten bestätigen bei ungeplanten oder Wiederaufnahmen auf Intensivstationen, dass im Vorfeld auf Fachstationen viel kostbare Zeit liegengeblieben ist, verspätet richtige Diagnosen gestellt und entsprechende Therapien eingeleitet wurden und eine suboptimale Betreuung der Patienten vorlag. All das sind Beiträge, die das Behandlungsergebnis verschlechtern“, weiß Puchner.

PARS macht’s möglich

Daher beauftragte die Geschäftsführung des AKh Linz mit Jänner 2013 ein Projekt zum frühzeitigen Erkennen von kritischen Verschlechterungen von Patienten – „patient at risk“ – auf Normalstationen. Die Projektleitung übernahm der klinische Risikomanager, das Projektcoaching die Qualitätsmanagerin. Diese Projektinitiative ist in die AKh-Strategie „Verbesserung der medizinischen Ergebnisqualität und Patientensicherheit“ eingebunden.
„Das frühzeitige Erkennen von bedrohlichen Gesundheitszuständen mit rechtzeitigem Einleiten adäquater Maßnahmen wurde als Projektzweck definiert. Ein in der Literatur als valide beschriebenes Instrument, der ‚National Early Warning Score’, soll diese Aufgabe für Pflegekräfte und Mediziner mittels Überwachung von Körperfunktionen erleichtern“, gibt Puchner Einblick. Die notwendigen, Score-verbundenen, medizinischen und pflegerischen Maßnahmen von verbesserter Überwachung bis Einbindung der Intensivmedizin wurden im „PARS-Trigger“ festgelegt. „Begleitet durch intensive Kommunikation mit den Abteilungsvorständen und Stationsärzten sowie Schulungen der Pflegekräfte vor Ort wurde auf zwei Pilotstationen gestartet“, erzählt der Mediziner.

Risikofaktor Teamkultur

Der Alltag, Erfahrungen aus vielen Krankenhäusern und medizinischen Publikationen belegen, dass es aus vielen Gründen nicht gelingt, im Stationsalltag diese kritisch kranken Patienten herauszufiltern und sie zeitgerecht den in einem Krankenhaus ohnehin vorhandenen kompetenten Strukturen zuzuführen. Mängel des Managements kritisch bedrohter Patienten lassen sich über Indikatoren wie Reanimationsdaten und Mortalitätsraten erheben, sollten aber auch in Abhängigkeit von gelebter Fehler- und Sicherheitskultur über Bericht- und Lernsysteme wie CIRS (Critical Incident Reporting Systeme) erfassbar sein. Ebenso können über die Schiene des Beschwerde- und Schadensmanagements zu mitunter wirtschaftlich folgeschweren und unangenehmen Einzelschicksalen entsprechende Hinweise erfolgen. Bei in einer Institution etabliertem Risikomanagement könnte ein solcher Mangel auch durch verschiedene zugrundeliegende Risiken oder Risikofaktoren analysiert sein. „Dabei spannt sich der Bogen von Risiken der Verfügbarkeit fachlicher Kompetenz, über Kommunikation- und Teamkultur, Sicherheitsbewusstsein hin bis zu Führungsaufgaben“, betont der Risikomanager.

Intensivmedizinische Kompetenz gefragt

Der Erfolg eines Frühwarnsystems hängt entscheidend von der Umsetzung adäquater Behandlungsschritte ab und erfordert letztendlich die Verfügbarkeit intensivmedizinischer Expertise über die Grenzen der Intensivstationen hinaus. Es ist daher organisatorisch zu gewährleisten, dass 24 Stunden am Tag intensivmedizinisch ausgebildete Anästhesisten oder Intensivmediziner zur Verfügung stehen oder entsprechend leicht erreichbar, kontaktierbar und abkömmlich sind.
Der PAR Score verlangt wiederholt retrospektive Beurteilungen der Performance. Statistische Ausarbeitungen über abgelaufene intensivmedizinische Kontaktaufnahmen und Konsultationen, zu Herzalarmeinsätzen und Mortalitäten dienen als Grundlagen für den erforderlichen interdisziplinären, interprofessionellen Dialog. Derzeit wird die Optimierung und Integration des Scores für die tägliche Praxis in den elektronischen Patientendokumenten finalisiert. Aus Erkenntnissen der Pilotphase wird für das bevorstehende hausweite Rollout an einem effizienten und einheitlichen Scoren und Triggern für AKh-Patienten gearbeitet.       rh

www.akh.linz.at