Karriere in der Medizin – lohnt sich das noch?
Nicht das Gehalt, sondern vor allem die Wertschätzung steht an erster Stelle, wenn es um die Anforderungen an ein gutes Arbeitsumfeld bei Österreichs Ärzten geht.
Die Motive heimischer Ärzte, nicht nur ihr Medizinstudium im Land zu absolvieren, sondern auch im hiesigen System tätig sein zu wollen, liegen auf der Hand. Neben einem angemessenen Gehalt zählen vor allem die Wertschätzung ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit im Gesundheitssystem und damit verknüpft ihre Aufgaben gegenüber den Patienten. Eng damit verbunden ist auch der Wunsch nach einer ausgezeichneten Ausbildung und kontinuierlichen Weiterbildungsmöglichkeiten. Das war der einhellige Tenor einer hochkarätigen Expertenrunde, zu der der Verband leitender Krankenhausärzte (VLKÖ) zusammen mit DocSolution kürzlich in Wien einlud. Auch wenn es immer wieder Hürden gibt, Karriere lohnt sich sehr wohl, auch unter den veränderten Rahmenbedingungen wie Ausbildung neu und Arbeitszeit neu, es bedarf aber Wertschätzung und Flexibilität.
Anerkennung muss stimmen
„Vor allem in Zeiten eines akuten Ärztemangels, wie wir ihn heute erleben, und eines drohenden Personalkollaps ist es wichtig, die Ausbildung in den Mittelpunkt zu rücken, junge Kollegen zu motivieren und ihnen attraktive Möglichkeiten im Feld der Medizin anzubieten“, bringt es Prim. Doz. Dr. Otto Traindl, Präsident des VLKÖ, auf den Punkt. Gelingen kann das nach Ansicht Traindls nur mit einem großen, qualitativ hochwertigen Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten, Flexibilität seitens der Krankenhäuser als Arbeitgeber und vor allem mit hoher Wertschätzung der Tätigkeit. Denn generell erschweren die vorherrschenden Grundbedingungen der immer knapper werdenden Ressourcen und des Anstiegs der Patientenströme die Gesamtsituation.
Auch der Präsident der Ärztekammer für Wien, Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres, beklagte den herrschenden Ärztemangel nicht nur in Österreich, sondern weltweit, und konstatiert: „Eine medizinische Karriere wird für den Ärztenachwuchs immer unattraktiver. Wenn laufend am Personal gespart wird, Ärzte administrativ überfrachtet und in ihren medizinischen Aufgabenbereichen überfordert werden, wenn Abteilungen geschlossen und menschenbelastende Schichtdienste eingeführt werden, muss es zu kritischen Situationen kommen.“ Man müsse versuchen, die jungen Kollegen zu ködern, ihnen etwas anzubieten, denn die neue Generation zeichne sich vor allem durch Flexibilität, Mobilität und eine hohe Wechselbereitschaft aus. Bedeutet im Klartext: „Wenn die jungen Kollegen sich nicht korrekt behandelt und wertgeschätzt fühlen, gehen sie“, so Szekeres.
Strukturen müssen sich ändern
OÄ Dr. Jutta Claudia Piswanger-Sölkner von der Medizinischen Universität Graz und Leiterin des Ärzteservice KAGes ist der neuen Ärzteausbildung gegenüber prinzipiell positiv eingestellt: „Der Vorteil ist das Mehr an Transparenz vor allem durch die neuen Rasterzeugnisse.“ Um den Ärztenachwuchs aber auch nach der Ausbildung in Österreich zu halten und vor allem in Anbetracht eines Frauenanteils von 50 % in der Medizin, bedarf es Piswanger-Sölkner zufolge jedoch eines noch grundlegenderen Umdenkens. „Die Strukturen müssen sich ändern. Leider gilt immer noch, dass nur ein hundert Prozent tätiger Arzt hundert Prozent zählt. Das muss neu gedacht werden. Man muss Teilzeitmodelle entwickeln und diese gut integrieren, das ist genauso ein Thema wie die Work-Life-Balance.“
Einig sind sich die Experten, dass es längst an der Zeit ist, eine Bedarfserhebung zu machen, „um absehen zu können, wie viele Ärzte in welchen Fächern prospektiv benötigt werden“, so Traindl abschließend.
Der VLKÖ
Der VLKÖ ist die Plattform leitender Ärzte im Gesundheitswesen. Sie hat engen Kontakt zu über 1.500 Ärzten in Führungsposition und vertritt deren Anliegen und Interessen. Eines der Hauptanliegen des Verbandes ist es, gesundheitspolitische Themen voranzutreiben, um neue, dringend benötigte Lösungsansätze für Probleme, mit denen sich Primarärzte im Berufsalltag konfrontiert sehen, zu diskutieren und so auch zu Verbesserungen beizutragen. Die Mitglieder des VLKÖ verfügen über hohe fachliche Expertise und Kompetenz hinsichtlich ihrer Organisation und über sehr gute Kenntnis des österreichischen Gesundheitswesens. Damit stellt der Verband eine informative Plattform von Primar- und OberärztInnen dar. Durch die enge Zusammenarbeit mit allen wichtigen medizinischen Fakultäten, Akademien und Gesundheitsinstitutionen hat der Verband einen weitreichenden Einblick in das ärztliche Gesundheitswesen der Krankenhäuser und arbeitet stets auch an einer soliden Zusammenarbeit mit der niedergelassenen Kollegenschaft.
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Lehrgänge & Fortbildung 2016/17
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