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Ist Ihr Vertretungsarzt Ihr Angestellter?

Ärzte holen sich in der Urlaubszeit oder während arbeitsintensiver Phasen öfters Unterstützung durch selbstständig tätige Kollegen.


Autorin: Mag. Iris Kraft-Kinz, geschäftsführende Gesellschafterin der Steuer- und Unternehmensberatungskanzlei MEDplan

Mit diesen Vertretungen werden üblicherweise sogenannte „Werkverträge“ abgeschlossen. Ob das Finanzamt und die Sozialversicherung diese Verträge so akzeptieren, ist noch fraglich und muss vom Verwaltungsgerichtshof noch geklärt werden. Damit ein Werkvertrag vom Finanzamt oder der Gebietskrankenkasse auch akzeptiert und nicht in ein Dienstverhältnis mit steuerlich entsprechend negativen Folgen umqualifiziert wird, sollten mehrere Kriterien beachtet werden.

Persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit

Werden Sie auf Basis eines Werkvertrages von einem Vertretungsarzt unterstützt, bezahlen Sie diesen Werkvertragsnehmer nicht nach Arbeitsdauer, sondern nach erbrachtem „Werk“, das heißt der Vertretung. Im Gegensatz dazu liegt ein Dienstverhältnis nach der Definition des Steuerrechts dann vor, wenn ein Dienstnehmer dem Dienstgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, „wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist“. Nach dem Sozialversicherungsrecht liegt ein Dienstverhältnis dann vor, wenn die Beschäftigung in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgeübt wird.

Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates

Der Unabhängige Finanzsenat – kurz UFS – in Graz hat sich im Jahr 2011 mit dem Vertragsverhältnis eines Vertretungsarztes auseinandergesetzt: Ein Facharzt für Urologie mit einer Kassenplanstelle hatte fallweise zwei Ärzte mit seiner Vertretung betraut. Die beiden Vertretungsärzte haben ihre Vertretungstätigkeit steuerlich als selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung wurden jedoch diese Vertretungsärzte vom Finanzamt als echte Dienstnehmer des Urologen qualifiziert und dementsprechend für beide Vertretungsärzte die Lohnsteuer und Lohnabgaben vorgeschrieben. Hauptargument des Finanzamtes war die Eingliederung der Vertretungsärzte in den Ordinationsbetrieb ähnlich einem Dienstnehmer.
Anders die Ansicht des UFS: Aufgrund des Vertrages und des Gesamtbildes der zu beurteilenden Tätigkeit nach ging der Unabhängige Finanzsenat in diesem Fall von einer selbstständigen Tätigkeit des Vertretungsarztes aus, da das unbedingt erforderliche Merkmal der persönlichen Weisungsgebundenheit hier nicht gegeben war. Gegen dieses Urteil wurden Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eingebracht. Der Gerichtshof hat die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates infolge von Verfahrensfehlern wieder aufgehoben.
Wichtig: Bei der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Einordnung eines Vertrages mit einem Vertretungskollegen kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse und die entsprechende Vertragsgestaltung an, unabhängig von berufsrechtlichen Bestimmungen!