Investment zum Angreifen
Wer in eine Vorsorgewohnung investiert, parkt sein Geld dort meist 20 Jahre und länger. Ein Kauf sollte daher gut durchdacht werden. Wie Sie sich teure Fehler ersparen.
„Der Markt ist ungebrochen bullish. Vorsorgewohnungen sind meist blitzartig vergriffen“, beobachtet Karl Fichtinger, Geschäftsführer des Maklerbüros Immo-Contract. Dabei waren viele Anleger noch vor wenigen Monaten stark verunsichert. Schuld daran war die Einführung der neuen Immobilienbesteuerung. Seit April fallen für einen Verkauf von nicht selbst genutzten Immobilien, zum Beispiel Vorsorgewohnungen, 25 Prozent Steuer auf den Verkaufsgewinn an.
Die Verunsicherung hat sich allerdings bereits wieder gelegt. „Die neue Besteuerung hat sich überhaupt nicht auf die Nachfrage ausgewirkt. Denn Anleger, die sich heute für eine Investition in Wohnimmobilien entscheiden, haben nicht vor, diese rasch wieder zu verkaufen. Vielmehr sehen sie ihre Immobilie als wertbeständiges Eigentum an, das nicht mehr veräußert wird“, meint Walter Wittmann, Vorstand des Vorsorgewohnungsanbieters Premium Immobilien. Tatsächlich werden Vorsorgewohnungen nicht gekauft, um auf eine schnelle Wertsteigerung zu spekulieren. Im Vordergrund stehen das regelmäßige Erzielen von Mieterträgen und die Erwirtschaftung eines stabilen Zusatzeinkommens, daher der Name Vorsorgewohnung. Dafür muss man jedoch bereit sein, die Wohnung 20 Jahre und länger zu halten, auch aus steuerlichen Gründen.
Wer sein Geld so lange binden will, ist mit einer Vorsorgewohnung gut bedient. Damit sich die Immobilie aber auch noch in 20 Jahren erfolgreich vermieten lässt und ihren Wert behält, sollte sie folgende Kriterien erfüllen.
Lage, Lage, Lage
Eine Vorsorgewohnung muss nicht am Stephansplatz liegen, entscheidend ist aber eine kurze Fahrtzeit in das Stadtzentrum. In Wien sollte daher eine U-Bahn-Station unbedingt in der Nähe sein, aber auch in anderen Städten wie Graz ist die Öffi-Anbindung ein wichtiges Kriterium. „Die Vermietung funktioniert in Wien zum Beispiel im 15. Bezirk auf der Schmelz besser als in Grünruhelagen des 13. Bezirks. Der 13. genießt zwar ein besseres Image als der 15., ist aber mit der U-Bahn nicht so gut erschlossen“, sagt Fichtinger.
Waren typische Vorsorgewohnungslagen noch vor wenigen Jahren in Wien innerhalb des Gürtels, so findet man dort heute immer seltener Projekte. Punkto Werthaltigkeit sind diese Lagen freilich immer noch top, allerdings gibt es kaum noch Baulücken für neue Projekte und die Preise sind dementsprechend hoch. Da die Mieten wesentlich langsamer steigen als die Verkaufspreise, sind die Renditen deutlich gesunken. „Die Renditen bewegen sich zwischen zwei Prozent in sehr zentralen Lagen und bis zu 4,5 Prozent in den Außenbezirken. Dazu kommt noch die mögliche Wertsteigerung im Falle eines Verkaufs“, rechnet Erwin Hübl, der mit seinem Unternehmen Hübl & Partner zu den erfahrensten Anbietern von Vorsorgewohnungen in Wien gehört. In den Außenbe-zirken ist das Verhältnis von Kaufpreis und Miete noch besser. „Die Vermietung stellt in den Außenbezirken kein Problem dar, vorausgesetzt die öffentliche Anbindung stimmt“, so Premium-Chef Wittmann. Neue Projekte entstehen deshalb bevorzugt entlang der U-Bahn-Linien in den Bezirken 10, 12, 14, 15 und 20, aber auch über der Donau an der U1 im 22. Bezirk. Die günstigsten Einstiegspreise bei diesen Vorsorgewohnungen liegen bei rund 2.200 bis 2.500 Euro pro Quadratmeter und steigen bis über 4.000 Euro. In Graz, dem zweitwichtigsten Markt für Vorsorgewohnungen, sind die Preise mit 2.000 bis 3.500 Euro moderater. Die Preise verstehen sich netto, da Vorsorgewohnungskäufer dank der Vermietung an Dritte als Unternehmer gelten. Daher können sie sich die zwanzigprozentige Umsatzsteuer von der Finanz zurückholen.
Realistische Mieten kalkulieren
Hat man in der richtigen Lage gekauft, hat man das Risiko, dass die Wohnung keinen Mieter findet, schon mal entscheidend gesenkt. Wie schnell ein Mieter gefunden wird, hängt freilich auch von der kalkulierten Miethöhe ab. Je teurer die Wohnung, desto länger dauert in der Regel die Suche nach einem Mieter. Hier sollte der Wohnungskäufer kontrollieren, ob der Vorsorgewohnungsanbieter keine unrealistisch hohen Mieterträge verspricht. „Innerhalb des Gürtels kann man mit zwölf bis 14 Euro netto pro Quadratmeter rechnen, in den Außenbezirken mit bis zu zwölf Euro“, meint Hübl. Die günstigsten Wohnungen in aktuellen Vorsorgeprojekten werden meist zu Mietpreisen rund um neun Euro vermietet. Außerdem sollte man auf die Betriebskosten achten. Für potenzielle Mieter zählt eine niedrige Gesamtbelastung.
Singlewohnungen gefragt
Wer eine Vorsorgewohnung sucht, tendiert oft zu jenen Wohnungen, die er selbst gerne bewohnen würde. Das geräumige Penthouse lässt sich aber schwerer vermieten als die Garçonnière im ersten Stock. Am gefragtesten bei Mietern sind leistbare Zwei- bis Dreizimmerwohnungen mit 40 bis 80 Quadratmeter, effizientem Grundriss und Balkon. Das ist ideal für die wachsende Zielgruppe von Singles und Studenten. Größere Wohnungen sind im Vorsorgebereich die Ausnahme, können aber eine erfolgreiche Nische sein. So hat Hübl & Partner bei vielen Projekten auch Einheiten mit weit über 100 Quadratmeter im Angebot, die zum Beispiel an Diplomaten vermietet werden.
Egal ob Diplomatenfamilie oder Student, Mieter wollen immer schnell und unkompliziert in ihre Wohnung einziehen und ohne Umbauarbeiten vorzunehmen. Im Vorsorgebereich ist es daher Standard, dass alle Wohnungen mit Bad und Einbauküche ausgestattet sind. Sonstige Möblierung schreckt Mieter aber eher ab. Alles sollte in einem modernen Zustand sein und technisch einwandfrei funktionieren. Schließlich hat man als Eigentümer nichts davon, wenn schon nach wenigen Jahren die ersten teuren Reparaturen ins Haus stehen. Das spricht übrigens auch für Vorsorgewohnungen in einem Neubau. Mit großen Instandhaltungsarbeiten muss man hier zumindest in den ersten Jahren nicht rechnen. Dazu kommt, dass Mieten in Altbauwohnungen in Österreich gesetzlich besonders streng reglementiert sind. Im Neubau darf hingegen eine marktübliche Miete verlangt werden.
Mietenpool senkt Risiko
Gute Lage, realistische Miethöhe, begehrte Wohnungsgröße, moderne Ausstattung. Erfüllt die Wohnung all diese Kriterien, ist das Leerstandsrisiko – der Rendite-Killer schlechthin – schon kräftig gesenkt. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, kann sich nach einem Mietenpool oder einer Vermietungsgarantie erkundigen. Diese beiden Ser-vices werden von manchen Anbietern angeboten. Häufiger ist der Mietenpool, mit dem etwa Hübl & Partner gute Erfahrungen gemacht hat. Dabei werden die Mieteinnahmen aller Wohnungen in einen Topf geworfen und anteilig auf die Wohnungseigentümer verteilt. Sollte die eigene Wohnung einmal ein paar Monate leer stehen, lukriert man dennoch Mieteinnahmen. Der Nachteil: Hat man eine sehr attraktive Wohnung, die immer gut vermietet ist, sponsert man jene Eigentümer, deren Wohnungen oft leer stehen. Seltener sind Vermietungsgarantien. Sie sind eine Art Versicherung und meist mit entsprechenden Kosten verbunden. Dabei garantiert der Anbieter fixe Mieteinnahmen für einen bestimmten Zeitraum, auch wenn die Wohnung leer steht. rw
Auf einen Blick: Darauf sollten Sie beim Kauf der Vorsorgewohnung achten
- Gute Lage: Die Fahrzeit in das Stadtzentrum und – in Wien – die Nähe zur U-Bahn sind entscheidend. Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitangebot sind zusätzliche Pluspunkte.
- Nicht zu groß: Je größer die Wohnung, desto kleiner die Mieterzielgruppe. Singles und Studenten suchen meist Wohnungen zwischen 40 und 80 Quadratmeter mit zwei bis drei Zimmern.
- Keine zu hohe Miete: Entscheidend für den Erfolg der Vorsorgewohnung ist ein geringer Leerstand. Monatelange Mietersuche drückt auf die Rendite. Daher gilt es, ähnlich wie bei der Wohnungsgröße eine möglichst große Zielgruppe anzusprechen. Die Schmerzgrenze vieler Mieter liegt bei rund 1.000 Euro pro Monat brutto.
- Küche und Bad: Bad und Einbauküche sind bei einer Vorsorgewohnung Standard. So können die Mieter schnell ein- und ausziehen.
- Top-Zustand: Die wenigsten Wohnungsbesitzer haben Lust auf Renovierungsarbeiten und teure Reparaturen. Daher auf neue Vorsorgewohnungen in Top-Zustand setzen.
Alternative zur Vorsorgewohnung: Das Bauherrenmodell
Vor allem für Anleger, die sich in der höchsten Steuerklasse befinden, sind Bauherrenmodelle eine interessante Form des Immobilieninvestments. Die Anbieter von Bauherrenmodellen kaufen desolate Altbauten, deren Renovierung vom Land gefördert wird, und sanieren sie. Die dabei entstehenden Bau- und Sanierungskosten dürfen sie innerhalb von nur 15 Jahren abschreiben. Normalerweise dauert die Abschreibung für Immobilien 67 Jahre. Das macht das Bauherrenmodell steuerlich interessant. Die Abschreibungen werden auf die einzelnen Anleger, die Bauherren, aufgeteilt und mindern deren steuerliches Einkommen. So kann zum Beispiel ein Arzt die Einnahmen aus seiner Praxis mit den Verlusten aus dem Bauherrenmodell gegenrechnen. Nach spätestens 25 Jahren müssen die Mieterlöse allerdings die Verluste übersteigen. Sonst erkennt die Finanz das Modell nicht an. Ein Bauherrenmodell muss also immer auch tatsächliche Gewinne abwerfen und darf kein reines Verlustbeteiligungskonstrukt sein. „Die Rendite beträgt für Anleger in der höchsten Steuerklasse inklusive des steuerlichen Vorteils zwischen drei und 4,5 Prozent. Ein Einstieg ist ab einem Eigenkapitalanteil von 50.000 Euro möglich. Dazu kommen noch 30.000 Euro in den ersten 15 Jahren für die Rückzahlung des Fremdkapitals“, rechnet Ferdinand Lechner, Vorstand bei IFA, dem Marktführer bei Bauherrenmodellen.
Sobald die Verluste abgebaut sind, kassiert der Anleger regelmäßige Gewinne aus den Mieteinnahmen. Da die Sanierung vom Land gefördert wurde – andernfalls gibt es keine verkürzte Abschreibung –, wird im Gegenzug die Miethöhe beschränkt. Das ist auf den ersten Blick ein Nachteil, sorgt aber für leistbare Wohnungen, die bei Mietern sehr nachgefragt sind. Der Leerstand ist daher gering.
Geschmackssache
Anders als bei der Vorsorgewohnung erwirbt man bei einem Bauherrenmodell keine einzelne, konkrete Wohnung, sondern einen Anteil am ganzen Haus. Die Mieteinnahmen werden unter allen Anlegern anteilsmäßig aufgeteilt. Der Nachteil: Ein Hausanteil ist wesentlich schwieriger wieder zu verkaufen als eine einzelne Wohnung. Wer in ein Bauherrenmodell investiert, sollte also nicht auf einen schnellen Ausstieg spekulieren, sondern auf die langfristigen Mieterlöse setzen.