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Investieren in das Schöne

Angesichts niedriger Zinsen, unsicherer Aktienmärkte und stark gestiegener Immobilienpreise suchen Kapitalanleger nach Alternativen. Neben Gold, Silber, Palladium und Platin rückt zunehmend eine Assetklasse in den Fokus, die noch bis vor Kurzem von den klassischen Investoren gemieden wurde wie vom Teufel das Weihwasser: Kunst.


Die kunsthistorische Bedeutung Arnulf Rainers ist unumstritten. Die in den 1950er Jahren entwickelten ‚Übermalungen‘ machen ihn weltweit berühmt.

Ob damit auch immer Rendite gemacht wird, steht in den Sternen, denn auch die Kunst kann sich den aktuellen gesellschaftspolitischen Strömungen nicht verschließen. Der Wertewandel hat den Kunstmarkt erfasst. Bei Möbeln, Tafelsilber, Porzellan oder edlen Perserteppichen fallen die Preise. Experten beziffern die Verluste im Vergleich zur Jahrtausendwende mit rund 40 Prozent. Meissner Porzellan, Teppiche oder Biedermeiermöbel entsprechen nicht mehr dem Geschmack einer Sammlergeneration, die mit Ikea, iPod & Smartphone aufgewachsen ist und deshalb das von den Eltern oder Großeltern Geerbte in großer Zahl verkauft. Das Neugeschäft kam bei den Teppichen fast zum Erliegen. Dies mussten auch so manche Teppichhäuser, die mit hochwertigen Stücken handelten, schmerzlich zur Kenntnis nehmen.

Wichtige Anlageform

Der Erhalt von Vermögenswerten als Triebfeder für das Sammeln von Kunst rückt laut Deloitte Art & Finance Report mehr in den Vordergrund. „Den Sammlern geht es immer häufiger um die langfristige Sicherung von Werten und nicht um kurzfristige schnelle Renditen“, erklärt dazu Dr. Gernot Schuster, Partner von Deloitte Österreich. 72 Prozent der Kunstsammler weltweit kaufen Kunst aus Leidenschaft und haben dabei den Renditeaspekt nur im Hinterkopf, während nur 6 Prozent Kunst als reines Investment kaufen. 22 Prozent der befragten Sammler kaufen Kunst allein mit dem Ziel des Sammelns. Während emotionale Aspekte weiterhin die primäre Motivation für den Erwerb von Kunst bleiben, gewinnt die finanzielle Komponente zunehmend an Bedeutung. Ein weiteres Ergebnis der Deloitte-Studie: Kunst und Sammlerstücke werden von Vermögensverwaltern zunehmend als wichtige Anlageform gesehen, 78 Prozent wollen daher Services mit Kunstbezug in ihr Portfolio aufnehmen. Zum ersten Mal in fünf Jahren wird von einer deutlichen Mehrheit der Asset Manager, Sammler und Experten übereinstimmend Kunst als wichtige Anlageform anerkannt.
Aber wie sieht es in Österreich aus? Werden zum Beispiel die Private Banking Abteilungen der heimischen Banken mit Anfragen nach Unterstützung beim Aufbau einer Kunstsammlung konfrontiert? Mag. Wolfgang Traindl, Leiter Erste Bank Private Banking, weiß von keinem Fall zu berichten. „Wir hätten zwar einen Experten im Haus, da wir ja hin und wieder Kunstwerke bei Finanzierungen als Sicherheit zu bewerten haben. Wir würden aber im Zusammenhang mit dem Aufbau einer Sammlung an externe Experten verweisen.“ Der österreichische Anleger sei sehr konservativ. „Wir haben einmal eine Ausstellung mit Diamanten gehabt, um zu zeigen, wie viele Diamanten und in welcher Qualität man für unterschiedliche Veranlagungssummen bekommen könnte. Das Interesse war überschaubar.“

Illiquider Markt

In den Medien wird fast ausschließlich von Rekorderlösen der großen Auktionshäuser berichtet. Von den weniger glücklichen Sammlern, die in der Hoffnung, der von ihnen entdeckte Künstler werde den Durchbruch schaffen, die nun aber auf Bergen von – mehr oder weniger – unverkäuflichen Bildern, Skulpturen oder Installationen sitzen, findet sich kaum eine Zeile oder ein Fernsehbericht. Sammler müssen wie Investoren den Markt beobachten, die Entwicklungen interpretieren und exakt den richtigen Moment zum Kauf oder Verkauf abwarten. Im Bereich Kunst sind weitere Rahmenbedingungen und Spielregeln zu beachten. Kunst ist ein höchst illiquider Markt. Ein Verkauf kann sich über mehrere Wochen oder Monate hinziehen. Kunstwerke sind keine Goldbarren. Nicht jedes Kunstwerk findet sofort Abnehmer – und das mindert die Rendite.
Wem der Kauf eines einzigen Kunstwerkes zu riskant ist, der kann auch in einen Kunstfonds investieren. Auch hier erwarten den Investor einige Stolpersteine. „Kunstobjekte tragen zu einer Risikostreuung bei. Gerade in Zeiten niedriger Sparzinsen könnte eine Investition in die alternative Anlageklasse Kunst in Betracht kommen“, sind sich Kunstexperten und Kunstfonds-Manager einig. Für eine Investition in Kunst spricht nach Auffassung einiger Kunstmarkt-Beobachter, dass in den letzten Jahren in einigen Kunstsegmenten wie zum Beispiel bei der „antiken“ Kunst deutliche Preisrückgänge zu verzeichnen waren. Doch werden die Preise wieder steigen? Für Sammler haben die Fonds natürlich ein großes Handicap: Sammler wollen sich an ihren erstandenen Gemälden erfreuen. Bei einem Fonds bleibt ihnen nur der Blick auf ihre Depotauszüge.

Indizes und Fonds

Es gibt eine Reihe von Indizes, die die Preisentwicklung einzelner Künstler dokumentieren. Dazu zählen beispielsweise der London All Art Index, der Mei Moses Fine Art Index, der Art Market Confidence Index und der Global Art Index. Zuverlässige und sichere Vorhersagen lassen sich mit solchen Indizes deshalb kaum treffen. Kunst zu bewerten ist enorm schwierig. Was macht den Markt so schwierig? Im Wesentlichen sind es drei Punkte: mangelnde Transparenz und Liquidität sowie ein zu hoher Kostenfaktor.
Sammler haben es schwer. Am Kunst-markt existieren keine „objektiven“ Bewertungskriterien zur Ermittlung von Kunstwerk-Preisen. Zudem ist die Preisentwicklung schwer vorhersehbar. Investitionen in Kunst werden nicht nur durch fachliche oder rein finanzielle Überlegungen bestimmt, sondern sind überwiegend auch emotional geprägt. Kunst-Investoren sind daher häufig keine Kapitalanleger im herkömmlichen Sinn, sondern „begeisterte Enthusiasten“. Ein weiterer Nachteil: Der weltweite Kunsthandel und die allgemeine Preisentwicklung sind wenig transparent. Zwischen 70 und 80 Prozent aller Transaktionen werden nicht auf öffentlichen Auktionen, sondern zwischen privaten Marktteilnehmern getätigt. Eine weitere Hürde beim Einstieg in Kunst stellen die hohen Verwaltungskosten dar: Aufwendungen für Galeristen und Auktionshausprovisionen sowie Versicherungs-, Verwaltungs-, Lager- und Transportkosten. Diese mit Kunstwerken verbundenen Aufwendungen führen dazu, dass selbst solide Wertentwicklungen von Kunstwerken oft nicht ausreichen, um Nettogewinne zu erzielen.
Themen-Fonds haben sich bewährt, um das Risiko zu streuen. Auch auf dem Kapitalmarkt finden sich einige dieser Fonds. Ein Kunstfonds als Anlageform eignet sich für fachkundige Investoren, die langfristig auf einen bestimmten Geldbetrag verzichten und auch den teilweisen oder vollständigen Verlust der Investitionssumme verschmerzen können. Zudem sollte die alternative Anlageform Kunst nur als Beimischung in ein Vermögen aufgenommen werden. Zu bedenken ist außerdem, dass Kunstfonds regelmäßig hohe Mindestanlagesummen fordern. Damit kommen Kunstfonds nur für vermögende Anleger in Betracht, die über fundierte Fachkenntnisse über den Kunstmarkt sowie über einen langfristigen Anlagehorizont und ein hohes Maß an Risikobereitschaft verfügen.

Art Collection Fund

Vorreiter der modernen Renditejäger am Kunstmarkt ist der British Rail Pension Fund, ein Rentenfonds der britischen Eisenbahn. Zwischen 1974 und 1989 investierte er mehr als 40 Millionen Pfund in rund 2.400 Kunstwerke – in zeitgenössische Kunst, Alte Meister, Impressionisten, chinesische Keramik. Während der Verkaufsphase wurde, die Inflation schon abgezogen, eine Rendite von 11,3 Prozent pro Jahr erzielt. Alles bestens? Mitnichten: Hätten die Anleger ihr Geld damals an der Börse investiert, wäre die Wertschöpfung viel üppiger ausgefallen.
Der Franzose Paul Gauguin, Maler und Ex-Banker, hatte im Jahr 1896 – im Alter von fast 50 Jahren – eine interessante Idee: „Es müsste“, so schrieb er damals aus Tahiti nach Hause, „doch möglich sein, dass 15 Leute sich zusammentun, die meine Malkunst schätzen oder die verdienen wollen“. Jedes Jahr wollte der Künstler diesen Leuten 15 Bilder schicken. Im Gegenzug erwartete er 2.400 Franc überwiesen zu bekommen. „Zu diesem Preis“, so Gauguin selbstbewusst, „sind meine Bilder bestimmt nicht teuer und nach einer gewissen Zeit werden die Käufer nichts verloren haben.“ Doch der Deal kam nie zustande.
In der Neuzeit sind die Kunstfonds zwar am Kapitalmarkt angekommen, aber mit durchaus unterschiedlichem Erfolg. Kunstfonds erwerben mit dem Kapital zahlreicher Anleger eine Vielzahl von Kunstobjekten, wodurch eine Risikostreuung erfolgt. In der Regel werden sie als geschlossene Fonds – als unternehmerische Beteiligung mit einer grundsätzlich begrenzten Investitionssumme – errichtet. Die Mindesteinlage beträgt zumeist zwischen 5.000 und 200.000 Euro. Zu den möglichen Objekten eines Kunstfonds gehören Kunstwerke der Bildenden Kunst, vornehmlich aus den Bereichen Grafik, Malerei und Bildhauerei. Der Geschäftsplan geschlossener Kunstfonds sieht meistens vor, dass die erworbenen Kunstobjekte einige Jahre im Bestand des Fonds gehalten werden. Nach anschließendem, schrittweisem Verkauf der Kunstgegenstände wird der Kunstfonds, zum Beispiel nach einer Fonds-Laufzeit von zehn bis zwanzig Jahren, aufgelöst.

Zeitgenössische Kunst

Trotz eines leicht rückläufigen Jahresumsatzes 2014/15 ist der weltweite Preisindex für zeitgenössische Kunst im vergangenen Jahrzehnt um 30 Prozent gestiegen. Langfristig ist diese Rentabilität interessant, auch wenn der Sektor einer starken Volatilität ausgesetzt ist. In den vergangenen 15 Jahren ist der Verkaufserlös in der zeitgenössischen Kunst um 1.800 Prozent gestiegen.
„Wäre der Markt tatsächlich so spekulativ, wie die Kritiker der zeitgenössischen Kunst es gern darstellen, würde der Anteil unverkaufter Werke durch die unersättliche Nachfrage der Käufer auf null schrumpfen. Dies ist aber nicht der Fall“, schreibt Thierry Ehrman, Künstler, Gründer und Geschäftsführer von Artprice.com und der Groupe Serveur in seinem Bericht „Der Markt für zeitgenössische Kunst 2015“. Mit Datenbanken über Bewertungen und Kunstmarkt­indizes, die insgesamt mehr als 30 Millionen Kennzahlen und Auktionsergebnisse von über 592.000 Künstlern enthalten, ist Artprice, nach eigenen Angaben, Weltmarktführer. Für Ehrman entwickelt sich die zeitgenössische Kunst zur Lokomotive des Kunstmarktes – „einer Rolle, die bislang der modernen Kunst vorbehalten war“. Ehrman schließt daraus, dass „zeitgenössische Künstler sowohl eine gewisse Reife in ihrem Schaffen als auch das Vertrauen des Kunstmarktes erworben haben“.
Doch wer treibt den Markt? Tatsächlich sind zwischen 2000 und 2014 mehr Museen entstanden als während des gesamten 19. und 20. Jahrhunderts. Diese Entwicklung setzt sich mit mehr als 700 neu gegründeten Museen pro Jahr fort. Die Museumsindus­trie verlangt nach einem stetigen Nachschub bedeutender Werke. Also worauf warten? Doch lieber langsam mit den jungen Pferden! Das Wachstum erfolgt dabei mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, wie Ehrman einräumt. Nur eine Handvoll Künstler sorgt für spektakuläre Auktionsergebnisse.
Eines der frappierendsten Ergebnisse des Jahres war der neue Rekord für „Swamped“ von Peter Doig. 2002 wechselte das Werk noch für 455.000 Dollar den Besitzer, 2015 waren es dann 25,9 Millionen Euro. „Orange Sports Figure“, ein Werk von Jean-Michel Basquiat, das Anfang der 1990er-Jahre 66.000 Dollar erzielte, wurde am 1. Juli 2015 bei Sotheby’s für 8,8 Millionen Dollar verkauft. Ein Wermutstropfen darf nicht unerwähnt bleiben: „18 Prozent der weltweiten Erlöse in der zeitgenössischen Kunst entfallen auf nur drei Künstler! Dieses Triumvirat hält sich bereits im dritten aufeinanderfolgenden Jahr an der Spitze: In der Reihenfolge ihrer jeweiligen Erlöse sind es Jean-Michel Basquiat, Christopher Wool und Jeff Koons.“

Fotografie & alte Kameras

Wie hoch alte Leicas und Nikons im Kurs stehen, hat die WestLicht Kamera-Auktion im Vorjahr bewiesen, bei der eine Verkaufsquote von 91 Prozent und Ergebnisse weit über dem Schätzwert erzielt wurden: Raritäten von Leica und auch von Nikon bewiesen ihre ungebrochen hohe Attraktivität für Sammler. In interkontinentalen Bietergefechten erzielten dabei viele Lose Verkaufspreise, die weit über den Startpreisen lagen. Einer Gesamtrufpreissumme von 916.860 Euro der insgesamt 573 Lose stand schlussendlich ein Verkaufspreis von 1.968.600 Euro gegenüber. Das bedeutet eine Steigerungsrate von 115 Prozent.
Mit 14.000 Euro ausgerufen, stieg eine schwarz lackierte Leica M3 aus dem Jahr 1959 auf erstaunliche 40.800 Euro, von 15.000 auf 48.000 Euro schoss die MP Gold „60 Years PRC“ nach oben. Das Highlight der Auktion stammt aus dem Hause Nikon, dessen Produkte diesmal stark aufzeigten. Um 156.000 Euro sicherte sich ein Sammler das berühmte Fisheye Nikkor 5.6/6.2mm SAP, von dem nur drei Stück hergestellt wurden (Startpreis: 20.000 Euro). Weitere Überraschungserfolge waren mit 60.000 Euro eine schwarze Nikon S3M (Startpreis: 26.000 Euro) und mit 54.000 Euro ein Stereo-NIKKOR (Startpreis: 30.000 Euro). Im Bereich historischer Kameras glänzte ein Luxus-Megalethoskop von Carlo Ponti aus der Zeit um 1865, das bei 15.000 Euro startete und am Ende für 45.600 Euro verkauft werden konnte.
Wer sich aber nicht auf das Glück verlassen will, bei einer Auktion zum Zug zu kommen, kann in der Galerie „OSTLICHT. GALERIE FÜR FOTOGRAFIE“ in der Brotfabrik fündig werden. Im verkäuflichen Galeriebestand befinden sich Werke von Bryan Adams, Nobuyoshi Araki, Roger Ballen, Clegg & Guttmann, Kerstin Cmelka, Elisabeth Czihak, Andreas Duscha, Tomas Eller, Michael Hakimi, Michael Höpfner, Ren Hang, Franz Hubmann, Birgit Jürgenssen, David LaChapelle, Sonia Leimer, Anja Manfredi, Christian Mayer, Hellen van Meene, Ulrich Seidl, Juergen Teller und Wim Wenders.
Doch macht es wirtschaftlich Sinn, in Fotos zu investieren? „Im Gegensatz zur Fotokunst, die eher dem Bereich der zeitgenössischen Kunst zuzurechnen ist, ist der klassische Fotografiemarkt kein Spekulationsmarkt. Trotzdem sind auch im klassischen Vintage-Markt konstante Wertsteigerungen zu erzielen“, erklärt Anna Zimm, bei WestLicht. für die Photographica Auction verantwortliche Foto-Expertin. „Es gibt natürlich junge Fotografen, die den Markt sehr schnell erobern. Zu erwähnen ist zum Beispiel Ren Hang, ein chinesischer Künstler, dessen Prints und Fotobücher besonders gefragt sind und in kurzer Zeit sehr gute Preise erzielen. Die Preise für einen Print starten schon bei 1.400 Euro. Prints im klassischen Vintage-Bereich starten bereits ab ca. 1.500 bis 2.000 Euro. Um dieses Geld kann man auf Auktionen wunderschöne Prints von namhaften Fotografen wie Mario Giacomelli, René Burri, Henri Cartier-Bresson oder William Klein ersteigern. Im Grunde kann ich aber allen Sammlern nur raten, nicht nur nach Trends zu gehen, sondern sich selber ein Wissen über Fotografie anzueignen. Nur wer sich auskennt und weiß, was ihm gefällt, trifft auch die richtige Kaufentscheidung“, so Zimm. Ein heißer Tipp für Interessenten: Bei der 14. Foto-Auktion am 10. Juni 2016 gelangen rund 200 Fotografien zur Versteigerung, darunter zahlreiche Ikonen aus der bewegten Geschichte des Mediums und einige historische Entdeckungen. Nur einen Tag später kommen wieder Kamera-Enthusiasten auf ihre Rechnung. mn