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Immobilienmix fürs Portfolio

Die an der Wiener Börse notierten Immobiliengesellschaften konzentrieren sich nach den spektakulären Übernahmeversuchen im Frühjahr wieder auf ihr Kerngeschäft: die Optimierung ihrer Portfolios und die Stärkung ihrer Profitabilität. Die Aktien bieten attraktive Dividendenrenditen von drei bis vier Prozent und ein Kurssteigerungspotenzial zwischen zehn und 20 Prozent.


Im Berliner Stadtteil Oberschöneweide revitalisiert S IMMO die historische, denkmalgeschützte Leuchtenfabrik in den Spreehöfen für Büroflächen. foto: s-immo

„Wir sind als mittelgroßer Immobilienkonzern flexibler als die Branchenriesen.“ Daniel Riedl, Buwog

„In Berlin werden die Preise für Eigentumswohnungen noch mindestens drei Jahre weiter steigen.“ Ernst Vejdovsky, S IMMO

Wer vor fünf Jahren in eine Eigentumswohnung in Wien investiert hat, kann sich glücklich preisen: Die Kaufpreise sind in dieser Zeit laut dem Immobilienportal immowelt.at im Schnitt um 51 Prozent, das sind knapp neun Prozent pro Jahr, gestiegen. Denn viele Anleger haben in den vergangenen Jahren ihr Erspartes aus Angst vor Inflation in Immobilien gesteckt. Die Zeiten der rasanten Zuwächse sind jetzt aber vorbei. Per Ende Juni ist der Anstieg im Jahresvergleich auf zwei Prozent abgeflacht. Das ist aber immer noch deutlich mehr als Anleihen bester Bonität abwerfen oder Sparbücher, deren Zinsen entlang der Nulllinie grundeln.

Immobilien sind weiterhin eine attraktive Veranlagung. Denn in der Regel geht es nicht bloß um Wertsteigerungen, sondern auch um gesicherte Einkommensströme aus indexierten Mieten. Immobilien sind daher eine sinnvolle Ergänzung zu einem klassischen Portfolio aus Anleihen, Aktien und Gold. Wer nicht gerade ein paar Hunderttausend Euro auf der hohen Kante hat, um eine Wohnung oder Liegenschaft anzuschaffen, aber dennoch Erträge aus dem Immobiliengeschäft lukrieren will, ohne allzu große Risiken einzugehen, kann sich Realbesitz alternativ auch scheibchenweise in Form von Wertpapieren ins Portfolio legen – zum Beispiel mit Aktien der heimischen Immobilien-AGs: Die meisten Gesellschaften bieten immerhin Dividendenrenditen zwischen drei und vier Prozent und – gemessen an ihrem fairen Wert – ein Kurspotenzial von zehn bis 20 Prozent. Das gilt vor allem für CA Immo, Buwog, conwert und S IMMO. Doch auch Immofinanz ist auf dem besten Weg, an frühere Erfolge wieder anzuschließen.
Mit den rasanten Wertsteigerungen einer Wiener Eigentumswohnung in der Vergangenheit können die meisten heimischen Immobilien-AGs nicht mithalten. Nur die Aktien der CA Immo schnitten im Fünfjahresvergleich mit 67 Prozent noch besser ab. Jene der S IMMO verzeichneten zumindest ein Plus von 39 Prozent, conwert und Buwog, Letztere seit ihrem Börsendebüt Ende April 2014, immerhin 25 Prozent. Die Aktien der Immofinanz sind dagegen heute um fünf Prozent billiger zu haben als vor fünf Jahren.

Die Immo-Gesellschaften konzentrieren sich jetzt wieder voll und ganz auf die Optimierung ihrer Portfolios und die Stärkung ihrer Profitabilität. Die Rahmenbedingungen sind dazu so vielversprechend wie schon lange nicht: In nahezu allen Märkten, in denen die Immo-AGs tätig sind, geht es bergauf. Das schlägt sich in den Bilanzen in Form von erfreulichen Aufwertungsgewinnen nieder – eine willkommene Gegenreaktion auf die hohen Abschreibungen im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise. Zudem profitieren die Unternehmen vom niedrigen Zinsniveau: Sie können sich nicht nur äußerst günstig refinanzieren, sondern obendrein das niedrige Zinsniveau mittels Finanzinstrumenten wie Swaps noch langfristig einloggen.

Büro und Einzelhandel

CA Immo konzentriert sich auf gewerblich genutzte Immobilien mit klarer Ausrichtung auf Büros in Deutschland, Österreich und Osteuropa vorwiegend in Form von Bestandsimmobilien. In Deutschland zählt CA Immo im Office-Bereich zu den Top drei. In Osteuropa hat sie ihre Marktposition durch den Ankauf des EBRD-Minderheitsanteils mit hochwertigen Immobilien gestärkt.
Bei der Immofinanz hat Oliver Schumy am 1. Mai die Konzernführung als neuer CEO übernommen und umgehend einen Strategiewechsel eingeleitet: „Wir planen, das Portfolio auf die Kernkompetenzen Einzelhandel und Office zu konzentrieren und unsere Wettbewerbsposition in diesen Bereichen auszubauen“, erklärt Schumy. Die Logistiksparte, knapp acht Prozent des Gesamtportfolios, die mit rund 450 Millionen in den Büchern steht, soll im laufenden Geschäftsjahr verkauft werden, „weil die führenden Mitbewerber mittlerweile fast zehnmal so groß sind, sodass wir in unserer Kernregion keine führende Stellung erlangen können.“ Immofinanz hält an Russland, ihrem größten Einzelmarkt mit rund einem Viertel des Gesamtportfolios, fest, obwohl die spürbar gesunkenen Mieterlöse in den Moskauer Einkaufszentren und Abwertungen im Ausmaß von 200 Millionen Euro auf die dortigen Immobilien maßgeblich zum Verlust von 361,4 Millionen Euro im vergangenen Geschäftsjahr 2014/15 (per Ende April) beigetragen haben. Immerhin winken in Russland mit knapp elf Prozent die höchsten Spitzenrenditen. Der Konzern hat die Dividende für das Vorjahr gekippt, will aber rasch wieder ausschüttungsfähig sein.

Fokus Wohnen

Buwog, die vor knapp eineinhalb Jahren von der Immofinanz als Spezialist für Wohn­immobilien abgespalten wurde, glänzte im abgelaufenen Geschäftsjahr (per Ende April analog zu Immofinanz) mit einem verbesserten Betriebsgewinn: Das operative Ergebnis FFO stieg um ein Drittel auf 91,7 Millionen Euro. Der Gewinn brach jedoch um knapp zwei Drittel auf 40,7 Millionen Euro ein. CEO Daniel Riedl erklärt diese Diskrepanz mit den Rechnungslegungsvorschriften gemäß IFRS (International Financial Reporting Standards). Es handle sich dabei aber nur um eine buchhalterische Darstellung und keinen geldmäßigen Abfluss. Daher musste auch an der Dividende von 0,69 Euro je Aktie nicht gerüttelt werden. Das Immobilienportfolio der Buwog entfällt aktuell je zur Hälfte auf Österreich und Deutschland. Dieses Verhältnis soll sich künftig stark in Richtung Deutschland verschieben. Der Schwerpunkt der weiteren Expansion liegt auf dynamisch wachsenden Mittelstädten mit guten wirtschaftlichen Perspektiven und positiver Bevölkerungsprognose. Als mittelgroßer Wohnimmobilienkonzern sei Buwog flexibler als Branchenriesen. „Wir können in Märkte investieren, die deutlich höhere Renditen versprechen als Metropolen wie München, Hamburg oder Berlin“, erklärt Riedl.
Bei conwert, die ebenfalls Wohnimmobilien in Österreich und Deutschland entwickelt und betreibt, hat CEO Wolfgang Beck am 1. September die Führung übernommen. Er soll das Unternehmen nach den Turbulenzen um die mehrfachen Eigentümerwechsel in diesem Jahr wieder in ruhiges Fahrwasser bringen und das Immobilienportfolio straffen, die Kosten senken und dem Aktienkurs auf die Sprünge helfen. Der deutsche Wohnungskonzern Adler Real Estate ist seit Mitte August größter Einzelaktionär der conwert mit knapp 25 Prozent.

Diversifikation statt Fokussierung

Im Gegensatz zu CA Immo, Immofinanz, Buwog und conwert, setzt S IMMO auf Risikoausgleich durch Diversifikation: 60 Prozent des Portfolios entfallen auf die sicheren Märkte Österreich und Deutschland, 40 Prozent auf die Wachstumsmärkte in Zentral- und Südosteuropa, 80 Prozent auf kommerzielle Nutzungsarten, also Büro, Einzelhandel und Hotels, und 20 Prozent auf den Wohnbereich. In Deutschland ist das Unternehmen primär mit Wohnimmobilien in Berlin und Umgebung aktiv. Vorstandsvorsitzender Ernst Vejdovszky erwartet, dass „die Mieten zwar weiter steigen werden, aber nicht mehr so dynamisch wie in den letzten drei Jahren“. Die Differenz zwischen Berlin und Wien sei jedoch immer noch beachtlich: „In Berlin liegen die Mieten im Schnitt bei sieben Euro pro Quadratmeter, in Wien bei neun bis zehn, zum Teil auch darüber.“ Die Preise für Eigentumswohnungen hätten dagegen noch lange nicht ihren Plafond erreicht. „Die Preise werden noch mindestens drei Jahre weiter steigen“, ist Vejdovszky überzeugt. In Wien, wo der Zyklus bereits weiter fortgeschritten ist, sieht er dagegen wenig Potenzial. Attraktive Chancen tun sich auch im Gewerbesegment auf. „Berlin boomt, es entstehen viele neue Unternehmen“. S IMMO baut den Bürobereich deshalb aus. Zu den größeren Projekten zählen die Objekte Sonnenallee und die Spreehöfe.
„In Osteuropa, wo die Wirtschaft stärker wächst als in Westeuropa, stabilisiert sich das Immobiliengeschäft inzwischen auf solidem Niveau“, berichtet Vorstand Friedrich Wachernig. „Die Investoren schauen erstmals seit zwei Jahren wieder auf die Region“. Vor allem in Bukarest sei ein deutlicher Aufschwung zu spüren. S IMMO erwartet noch in diesem Herbst die Baugenehmigung für das Bürogebäude „The Mark“ im Hauptgeschäftszentrum der rumänischen Hauptstadt. „In Budapest ist die Nachfrage nach Bürokapazität trotz der politischen Wirren und negativen Berichterstattung angesprungen. Die Preise steigen“, beobachtet Wachernig. In Sofia gebe es dagegen kaum neue Projekte. „Die internationalen Projektentwickler ziehen sich eher weiter zurück.“
Das operative Ergebnis FFO I wurde zum Halbjahr um 17,8 Prozent auf 17,9 Millionen Euro gesteigert. „Bis 2018 wollen wir den FFO I von 21,3 Millionen Euro per Ende 2014 auf über 40 Millionen nahezu verdoppeln“, kündigt Vejdovszky an. Dieses Ziel soll durch das aktuelle Investitionsprogramm und die Absicherung des momentan günstigen Zinsniveaus erreicht werden – konkret: Rund zwei Drittel des Investitionsvolumens ist für Akquisitionen in Deutschland, ein Drittel für opportunistische Zukäufe und Entwicklungsprojekte in den anderen Märkten vorgesehen. Das durchschnittliche Zinsniveau für Fremdkapital wurde durch langfristige Absicherungen von 4,86 auf 3,72 Prozent reduziert. „Ab 2016 beträgt es im Schnitt 3,5 Prozent“, verrät Wachernig.
Fazit: Die Aussichten für die heimischen Immobilien-AGs sind günstig und deren Aktien schon allein wegen der Dividendenrendite attraktiv. emb