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Hydrotherapie bei Wechseljahresbeschwerden

Güsse, Waschungen und Teilbäder aus dem Kneippschen Therapiekonzept haben sich bei typischen Wechseljahresbeschwerden wie Müdigkeit, Hitzewallungen oder Schlafstörungen bewährt.


Dr. Miriam Ortiz

Das Klimakterium bezeichnet eine natürliche Lebensphase der Frau, die durch wesentliche hormonelle Veränderungen und damit verbundene körperliche und seelische Prozesse gekennzeichnet ist. Die spürbare hormonelle Umstellung im Klimakterium kann von einigen Monaten bis zu mehr als zehn Jahren dauern und beginnt meist zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr. Symptome wie Hitzewallungen, aber auch depressive Verstimmungen, Libidostörungen, Schlafstörungen, Muskel- und Gelenkbeschwerden, Beschwerden im urogenitalen Bereich sowie Haut- und Schleimhauttrockenheit können damit Hand in Hand gehen und werden von den betroffenen Frauen als mehr oder weniger unangenehm empfunden. „Fallweise können die Symptome aber so intensiv sein, dass die Betroffenen eine erhebliche Beeinträchtigung bis hin zur Arbeitsunfähigkeit erfahren“, erklärt Dr. med. Miriam Ortiz vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité Berlin.

Therapie mit Tradition

Die Hydrotherapie nach Kneipp hat in der naturheilkundlichen Therapie des klimakterischen Syndroms seit Langem einen festen Platz. Dabei werden kurze kalte oder wechselwarme Anwendungen, wie Arm-, Knie oder Gesichtsguss, aber auch kalte Teilbäder und Waschungen eingesetzt. Wasser ist vor allem wegen seiner Eigenschaften als Lösungsmittel und aufgrund seiner hohen spezifischen Wärmekapazität und Leitfähigkeit vielseitig therapeutisch im Rahmen einer Reiztherapie nutzbar. In der Kneippschen Hydrotherapie werden über 100 verschiedene Wasseranwendungen in Form von Waschungen, Güssen, Bädern, Wickeln, Dämpfen, Packungen, aber auch Wassertreten und Taulaufen unterschieden. „Vorrangig und bekannt sind Kaltanwendungen, aber auch Warmanwendungen werden eingesetzt. Die Hydrotherapie ist eine der fünf Säulen des ganzheitlichen Therapiekonzepts nach Kneipp“, erklärt die Medizinerin.
Für die Behandlung von Wechseljahresbeschwerden haben sich vor allem Teilkörper-Kaltwasseranwendungen wie Güsse und Waschungen nach Kneipp bewährt.
Die sogenannten kleinen Güsse der Extremitäten sind einfach zu erlernen, schnell durchführbar und somit gut in den Alltag zu integrieren. Um einen für Güsse geeigneten Wasserstrahl zu erzeugen, braucht man ein im Handel erhältliches Kneippsches Gussrohr oder einen Gartenschlauch mit 3/4 Zoll. Der Wasserdruck sollte niedrig sein, sodass der Strahl die Haut ummantelt und nicht spritzt.
Frauen, die sehr kälteempfindlich sind, beginnen mit wechselwarmen Anwendungen. Dabei starten sie zunächst mit einem warmen Guss und wechseln dann zu kaltem Wasser, nach Wiederholung wird der Guss mit kaltem Wasser abgeschlossen. Sehr beliebt ist der Gesichtsguss bei Müdigkeit und Konzentrationsstörungen. Dazu wird das Gesicht von rechts unterhalb der Schläfe über die Stirn bis zur linken Schläfe langsam umkreist. Dann wird der Strahl in Querstrichen mehrmals über die Stirn geführt. Von der rechten Schläfe in Längsstrichen bis zum Kinn fortschreitend wird das ganze Gesicht begossen. Beendet wird der Guss mit einer ovalen Begießung des Gesichts. Nach dem Guss wird das Gesicht leicht abgetrocknet oder abgetupft. Der Guss fördert die Durchblutung des Gesichts, mitunter kommt es vorübergehend zu einer starken Gesichtsrötung.

Güsse gegen Hitze

Ebenfalls erfrischend und zur Unterbrechung von Hitzewallungen kann der Armguss empfohlen werden. Dabei beginnt man rechts und führt den Strahl von der rechten Kleinfingerseite über den Handrücken langsam aufwärts über den Arm bis zur Schulter. Von dort aus lässt man den weichen Wasserstrahl ca. zehn Sekunden mantelartig über den Arm abfließen und führt ihn anschließend abwärts bis zum Daumen. Der linke Arm wird in gleicher Weise behandelt. Zum Abschluss werden die linke und rechte Handfläche begossen. Die Anwendung kann anschließend wiederholt werden.
Knie- und Schenkelguss wirken anregend auf die Durchblutung der Beine und (indirekt) der Beckenregion. Beide werden am rechten Vorfuß seitlich begonnen. Von da aus wird der Strahl zur Ferse und anschließend langsam an der Außenseite der Wade hinauf bis eine Handbreit über die Kniekehle beim Knieguss oder bis zum Beckenkamm beim Schenkelguss geführt. Von dort aus lässt man den Wasserstrahl fünf bis zehn Sekunden über die Rückseite des Beines abfließen. Der Wasserstrahl sollte dann an der Innenseite wieder hinunter bis zur Ferse und zum Vorfuß herabgeführt werden. Dasselbe erfolgt am linken Bein. Dann wird der Guss an beiden Beinen für die Vorderseiten wiederholt. Abschließend wird zuerst die rechte, dann die linke Fußsohle begossen.
Die Waschungen sind in ihrer Reizwirkung schwächer als Güsse. Bei durch Hitzewallungen bedingten Durchschlafstörungen stellt die Oberkörperwaschung eine einfache und vom Bett aus durchführbare Anwendung dar. Ein Leinen- oder Baumwolltuch wird dabei in kaltes Wasser eingetaucht und kurz ausgewrungen. Während der Waschung wird das Tuch immer wieder ins kalte Wasser eingetaucht oder Stück für Stück entfaltet, so dass es permanent feucht bleibt und der Oberkörper von einem gleichmäßigen Flüssigkeitsfilm überzogen werden kann. Bei der Waschung sollte die Haut möglichst wenig gerieben werden. Vom Handrücken des rechten Armes wird das Tuch aufwärts bis zur Schulter geführt, dann auf der Innenseite des Armes zurück und wieder aufwärts bis zur Achselhöhle.
Es folgt die Waschung von Brust, Bauch und den Seiten des Rumpfes in vier bis fünf großen Strichen. Dann wird der linke Arm entsprechend behandelt und schließlich der Rücken mit dem auseinander gefalteten Waschtuch in großen Längsstrichen gewaschen. Anschließend hüllt man sich in einen Bademantel oder Hand­tücher und legt sich zur Wiedererwärmung unter die warme Bettdecke.
Mindestens zwei Anwendungen sollten regelmäßig im Tagesablauf durchgeführt werden. Man sollt berücksichtigen, dass sich Therapieerfolge mitunter erst nach mehreren Wochen einstellen.

Autorin:
Dr. Miriam Ortiz
Ärztin für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren/Akupunktur, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie Charité-Universitätsmedizin Berlin,
miriam.ortiz(at)charite.de

 

Foto: istockphoto