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Herr der Luxuswelten

Wer von soviel Gold, Platin und Edelsteinen umgeben ist, könnte leicht an Bodenhaftung verlieren. Hans-Peter Jucker, Geschäftsführer von Bucherer am Stephansplatz, ist jedoch der beste Beweis, dass man auch in diesem Umfeld den Blick für das Wesentliche bewahren kann.


Vor einem Jahr sprachen wir mit Hans-Peter Jucker über den spektakulären Umbau und die damit verbundenen Veränderungen – die Geschäftsfläche auf 330 Quadratmeter verdreifacht, die ersten Rolex- und Patek Philippe-Boutiquen Österreichs inklusive. Seit der Eröffnung im November 2010 hat sich jedoch nicht nur am Stephansplatz/Ecke Kärntnerstraße viel verändert. Auch im unmittelbaren Umfeld stehen die Zeiger nicht still. Demnächst eröffnet nebenan eine Omega-Boutique, die von Bucherer Schweiz direkt betrieben wird. Die IWC-Boutique, die gerade in der ehemaligen Haban-Dependence am Graben 12 entsteht, wird direkt von Hans-Peter Jucker und seinem Team geführt.

ÄrzteEXKLUSIV: Abgesehen von Ihren eigenen Expansionsprojekten, entstehen derzeit im Zentrum von Wien noch weitere Luxus-Shops. Denken Sie, dass sich all diese Investments auch auszahlen werden? Hat Wien tatsächlich noch so großes unausgeschöpftes Potenzial?
Hans-Peter Jucker: Diese Frage sollte man sich natürlich stellen. Was den Ausbau unseres Geschäftes betrifft, so können wir glücklicherweise schon jetzt sagen, dass wir eine sehr zufrieden stellende Umsatzsteigerung verzeichnen können. Bei Mono Brand Boutiquen ist das schon ein bisschen anders zu sehen. Sie werden auch als Werbemaßnahme für die betreffende Marke gesehen und können zumindest am Beginn nur sehr schwer echte Gewinne schreiben. Es ist eine Investition in die Zukunft, ein Statement gegenüber dem Konsumenten und eine Möglichkeit, die Marke hundert Prozent so zu präsentieren, wie es ihrer Corporate Identity entspricht. Das ist im Fachhandel nicht möglich. Deshalb suchen immer mehr Hersteller parallel nach geeigneten Immobilien für eigene Boutiquen.

ÄrzteEXKLUSIV: Wie sieht das eigentlich der potenzielle Kundenkreis?
Hans-Peter Jucker: Es gibt natürlich Kunden, die den klassischen Fachhandel bevorzugen, sei es aus Gewohnheit oder auch aufgrund der markenübergreifenden Auswahl. Hier bei uns kann man dem Kunden verschiedene Produkte vorlegen, die er unmittelbar miteinander vergleichen kann. In einem Mono Brand Store fühlen sich hingegen vor allem Konsumenten gut aufgehoben, die schon vorab genau wissen, was sie wollen und sich in höchstem Maße mit der Marke identifizieren. Letzteres ist aber auch ein Geschäft, das sehr stark Tourismus-abhängig ist.

ÄrzteEXKLUSIV: Gerade dem Tourismusgeschäft kommt der derzeitige Schweizer Frankenkurs sehr entgegen. Für den heimischen Fachhandel ist diese Währungsentwicklung dennoch ein Hemmschuh. Was überwiegt?
Hans-Peter Jucker: Die Uhren sind in Wien derzeit deutlich günstiger als in der Schweiz, was viele Europa-Reisende, vor allem Asiaten, dazu bewegt, bei uns zu kaufen. Das ist aber auch der einzige Vorteil, denn zum starken Franken kommt noch der Goldpreis, der stetig steigt. Laufende Preiserhöhungen sind die Folge und wir verlieren doppelt, da wir unsere Produkte in der Schweiz einkaufen müssen. Ich frage mich manchmal schon, wo das hinführen soll. Ich kann nur sagen, dass wir da sehr behutsam mit unseren Kunden umgehen müssen.

ÄrzteEXKLUSIV: Welche Trends lassen sich derzeit im Uhrenbereich festmachen?
Hans-Peter Jucker: Rotgold gewinnt zunehmend gegenüber Gelbgold – sowohl für Herren als auch für Damen – und Bicolor-Varianten feiern eindeutig ein Comeback. Bei Rolex war „Rolesor“, wie die Bicolor-Modelle dort bezeichnet werden, immer im Programm, doch man spürt jetzt eine deutlich steigende Nachfrage.
Das zweite große Thema im hochpreisigen Segment sind Komplikationen. Uhreninteressierte wollen Raritäten, die entweder aufgrund ihrer Komplexität in kleinen Stückzahlen gefertigt werden oder als limitierte Editionen erscheinen. Der Werterhalt solcher Uhren ist dabei natürlich auch ein ganz wichtiges Kriterium. Doch auch im mittleren Preissegment achtet der Kunde immer mehr auf das gebotene Preis-Leistungs-Verhältnis, deshalb können hier Marken mit vernünftiger Preiskalkulation, wie beispielsweise Longines, die größten Zuwächse verbuchen.

Foto: feelimage/ matern