Haltet den Dieb
Ordinationen sind ein beliebtes Ziel für Einbrecher: Am Abend und am Wochenende sind sie verlassen, Diebe haben leichtes Spiel. Nicht nur Sachwerte sind für Einbrecher interessant, der Schaden bis hin zum möglichen Verlust sensibler Daten ist denkbar.
Keine Frage: Eine Alarmanlage ist eine sinnvolle und wichtige Investition, denn Ordinationen sind lohnende Ziele: Wertsachen, Computer, medizinische Geräte und vor allem Arztstempel sind bei den professionellen Einbrechern beliebte Beutestücke, die sich zu Geld machen lassen. Nicht zu vergessen ist ein möglicher Datenverlust – und der schwer in Zahlen zu beschreibende Imageschaden, wenn Patienten ihre Daten bei ihrem Arzt nicht in sicheren Händen wissen.
Obwohl das vergangene Jahr laut Statistik keine Hochsaison für Einbrecher war – laut den aktuellsten Erhebungen ist die Zahl beim sogenannten Wohnraumeinbruch um 9,3 Prozent gesunken –, boomt das Geschäft mit der Sicherheit. 2015 wurden exakt 15.516 Anzeigen wegen Einbruchs erstattet, in 6.276 Fällen scheiterten Täter bei ihren Coups. Das bedeutet, es gab alle 34 Minuten einen Einbruch in eine Wohnung bzw. ein Einfamilienhaus. Und wie sicher sind Ordinationen? „Ordinationen werden in der Statistik nicht allein ausgeworfen. In Summe aber gab es 2015 im Laufe des Jahres 430 Einbrüche bzw. Einbruchsversuche in Apotheken und Ordinationen“, berichtet ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage von ÄRZTE EXKLUSIV. Das sind immerhin acht Einbrüche bzw. Einbruchsversuche in Apotheken bzw. Ordinationen pro Woche – mehr als ein Einbruch pro Tag.
Österreich rüstet auf
Was auch immer die Ursache war, ein erhöhter Einbruchsschutz war vielen Österreichern im Vorjahr ein wichtiges Anliegen. Die Nachfrage nach Sicherheitstüren der höchsten Sicherheitsklasse (RC 4) stieg sogar um 300 Prozent, wie aktuelle Daten im „Branchenradar Haustüren, Wohnungs- & Sicherheitstüren in Österreich 2016“ zeigen. Denn wenn es um Sicherheit geht, zählen Fakten bekanntlich wenig, Gefühl ganz viel. Und das subjektive Sicherheitsgefühl der Österreicher sinkt. In praktisch allen Warengruppen stiegen Nachfrage und Umsatz substanziell. Im Vergleich zu 2014 stieg etwa die Anzahl der verkauften Alarmanlagen um 14 Prozent, jene für Sicherheitszylinder um fünf Prozent. Selbst die Nachfrage nach Rollläden stabilisierte sich im letzten Jahr völlig überraschend, was wohl nicht zuletzt an der einbruchshemmenden Funktion des Produktes liegt.
Auch der Markt für Sicherheitstüren machte im vergangenen Jahr einen beachtlichen Sprung nach oben. Kein Wunder: Allein der Einbau von Sicherheitstüren kann schon einen Großteil der Einbrüche verhindern. Versehen mit einem einbruchshemmenden Sicherheitsschloss, Stahl-Schutzbeschlag mit Zylinderkern-Ziehschutz, vier massiven Stahlkegel-Schließbolzen und einem mit Stahlstäben und -rohren verstärkten Türblatt machen sie einen Einbruch fast unmöglich.
Eine Türstock-Ummantelung sowie eine optimale Bandsicherung des Türbandes dienen ebenfalls dazu, ein Eindringen durch die Tür zu verhindern. Diese Sicherheit hat natürlich ihren Preis: Qualitätsprodukte schlagen sich mit 3.000 Euro (einflügelig) bis 6.000 Euro (zweiflügelig) zu Buche. Aber auch Balkenriegelschlösser, Mehrfachverriegelungen sowie Zusatzschlösser – etwa uncodierbare Sicherheitszylinderschlösser und Türaushebesicherungen bieten guten Schutz. Ein gewisses Maß an Schutz bieten hingegen „einbruchhemmende Türen“, die in den verschiedensten Ausführungen erhältlich sind. Sie sind nach ÖNORM B-5338 oder – bei deutschen Anbietern – nach DIN V ENV geprüft und zertifiziert. Zu erkennen sind diese Türen an der Plakette mit einer Registriernummer zur Nachverfolgung. Der Trend geht klar zu Türen der oberen Sicherheitsklassen (Widerstandsklasse RC 3 bzw. RC 4). Sechs von zehn Käufern greifen zu Sicherheitstüren dieser beiden höchsten Widerstandsklassen.
Für eine Alarmanlage geben die Österreicher im Schnitt 2.500 Euro aus. Im Vorjahr wurden rund 16.500 Systeme verkauft, etwa 12.000 waren zertifiziert, das heißt mit Qualitätssiegel. Wurden früher vor allem verkabelte Geräte erworben, arbeiten jetzt bereits 78 Prozent der Anlagen via Funk. Kein Wunder, denn sie lassen sich in kurzer Zeit ohne Stemmarbeiten nachrüsten und – sollte man mit der Ordination an einen anderen Standort wechseln – ohne großen Aufwand mitnehmen. Außerdem sind sie einfach in der Bedienung und bieten eine Fülle nützlicher Zusatzfunktionen. Im Gegensatz zu Funk-Anlagen werden bei verkabelten Alarmanlagen die einzelnen Melder mit der Zentrale über Kabel verbunden. Das würde im Nachrüstungsfall zu erheblichem Stemmaufwand oder optisch nicht sehr schönen „Oberputz-Lösungen“ führen. Deswegen werden verkabelte Anlagen vor allem im Um- oder Neubaubereich eingesetzt.
Alarmanlage ist nicht gleich Alarmanlage
Bei den Alarmanlagen in Österreich gibt es zwei Arten. Die erste reagiert bei Alarmauslösungen mit lauten akustischen Signalen und Lichtblitzen, während die zweite über eine Aufschaltung zu Polizei oder einem privaten Sicherheitsunternehmen Alarm auslöst. Im Ernstfall reicht ein ausgelöster Alarm meist trotzdem nicht, um Schäden zu verhindern. Zwischen Alarmauslösung und Überprüfung vor Ort vergeht nämlich oft bis zu einer halben Stunde. In dieser Zeit haben die Einbrecher ihre Beute „längst in Sicherheit“ gebracht und sind über alle Berge. Professionelle Einbrecher wissen ganz genau, wie viel Zeit ihnen zum Ausräumen bleibt“, heißt es dazu unisono bei den Sicherheitsexperten. Denn bei klassischen Alarmanlagen sei die Reaktionskette mitunter sehr lang: Im ungünstigsten Fall werde bei einem Einbruch zunächst der Wachdienst alarmiert, der sich zu dem Gebäude begibt – und dabei an jeder roten Ampel stoppen müsse. Wenn er vor Ort etwas Verdächtiges entdeckt, informiere er die Polizei, die nun ihrerseits erst anrücken müsse. Den Einbrechern bleibe also viel Zeit, zu verschwinden. Allerdings: „Der schlimmste Vandalismus kommt immer am Ende eines Einbruchs“, weiß der Wiener Versicherungsmakler Thilo Börner zu berichten. „Je kürzer der Einbrecher in der Ordination ist, desto besser.“
Live-Übertragung: einfach, aber effektiv
Moderne, wenn auch ein wenig teurere Alarmanlagen verkürzen die Reaktionszeiten durch moderne Kommunikationstechniken – etwa indem das Geschehen in der Ordination mit einer Kamera beobachtet werden kann. Das Prinzip ist einfach, aber effektiv: In der Ordination werden Bewegungsmelder, Mikrofone und hochsensible Kameras installiert. Wird ein Einbruchsalarm ausgelöst, stellt das System sekundenschnell eine Verbindung zur unternehmenseigenen Notruf- und Serviceleitstelle her. Aus der rund um die Uhr besetzten Leitstelle schaltet sich ein Wachhabender über eine Live-Verbindung in das Objekt oder auf das Gelände und spricht den Eindringling über eine Gegensprechstelle lautstark an. Kann sich der mutmaßliche Einbrecher nicht durch ein Kennwort identifizieren, wird sofort die mit dem Kunden vereinbarte Interventionskette in Gang gesetzt. Die direkte Konfrontation erschreckt den Täter in den meisten Fällen allerdings so sehr, dass er sofort die Flucht ergreift – ohne Beute und Vandalismusschäden.
Beim Neubau eines Wohnhauses ist die Installation einer zeitgemäßen Alarmanlage im Zuge der Elektroinstallationen recht einfach durchzuführen. Komplizierter wird es bei einer nachträglichen Installation. Ing. Stefan Auböck, Auböck Sicherheitssysteme GmbH in Ried im Innkreis, rät aber, auf jeden Fall den Weg zum Fachmann einzuschlagen. „Nicht jeder Elektriker kann auch eine Alarmanlage installieren“, so Auböck, der den Einbau durch einen zertifizierten Fachmann bzw. Meisterbetrieb empfiehlt. „Die beste Alarmanlage nützt nichts, wenn sie im Ernstfall durch Fehler bei Montage und Inbetriebnahme nicht funktioniert.“ Daher heißt es auch für den noch so begabten Ärzte-Hobby-Installateur: Finger weg von einem Eigeneinbau – auch wenn es ein wenig günstiger kommen könnte. „Qualitätsalarmanlagen sind ab 3.000 Euro zu bekommen. In Summe kann ein Projekt auch auf 9.000 Euro und mehr kommen – je nachdem, welches Objekt gesichert werden muss“, so Auböck. „Ein Einfamilienhaus mit vielen Fenstern, Garage und Terrasse ist mit einer Wohnung im zweiten Stock nicht zu vergleichen“, gibt der Sicherheitsprofi zu bedenken. Auf jeden Fall sollte man nur zertifizierte Produkte verwenden. „Die Hersteller stellen auch gerne den Kontakt zu qualifizierten Unternehmen zur Montage her.“
Ordinationen mit guten Schutzvorkehrungen könnten sogar Versicherungskosten sparen, denn manche Versicherer gewähren laut Börner Boni für effektive Sicherheitseinrichtungen. Selbstverständlich sei das zwar noch nicht, allerdings: „Da können schon einmal bis zu 10 Prozent drinnen sein“, berichtet Börner aus der Praxis. Doch selbst wenn die Versicherung keine Boni gewährt, könnten Ordinationen von Rollgittern und zusätzlichen Sicherungen profitieren: Denn umgekehrt steigen bei einer hohen Schadensquote auch die Prämien, so der Versicherungsprofi. Kann die Schadensquote hingegen gesenkt oder im optimalen Fall bei null gehalten werden, bleiben auch die Versicherungsbeiträge niedriger. mn