Gute Planung ist alles
Auch als Minderheitseigentümer hat man durchaus eine Chance, auf einer Eigentümerversammlung seine Interessen durchzusetzen.
Als Alleineigentümer eines Einfamilienhauses ist man sein eigener Herr. Im Rahmen des gesetzlich Möglichen kann man mit seinem Eigentum verfahren, wie man will. Man kann nach Belieben planen. Saniert man zuerst die Heizung oder werden die zugigen Fenster doch noch vor dem Sommer getauscht? Der Nachteil: Alles muss aus eigener Tasche bezahlt werden. Da hat es ein Wohnungseigentümer leichter: Die regelmäßigen Aufwendungen für Gebäude und Grundstück muss er nicht alleine tragen. Die Sache hat allerdings einen großen Haken: Je mehr Menschen mitmischen, desto schwieriger ist es, alle Wünsche und Erwartungen unter einen Hut zu bekommen.
Vorbereitung punktet
Da kann es schon einmal bei der Eigentümerversammlung, dem beschlussfassenden Gremium einer Eigentümergemeinschaft, hoch hergehen. Erst im vergangenen Jahr forderte ein Streit bei einer Eigentümerversammlung in Dossenheim nahe Heidelberg drei Tote und fünf Verletzte. Der spätere Tatverdächtige war des Raumes verwiesen worden, kam aber mit einer Pistole wieder und eröffnete das Feuer, wie ein Polizeisprecher sagte.
Aber keine Angst: In der Regel verlaufen derartige Versammlungen durchaus diszipliniert – auch wenn die Stimmung schon mal kippen kann. Das ist aber verständlich, so Mag. Alexander Glück, Glück Immobilien KG. „In der Regel geht es um Geld – Geld der Eigentümer. Dass dabei schon einmal die Interessen auseinanderdriften können, liegt auf der Hand. Da will der eine Eigentümer das Haus von Grund auf saniert wissen, um seine Wohnung teuer vermieten zu können, doch dem anderen Miteigentümer genügt der derzeitige Zustand des Hauses. Er will mit dem für die Instandsetzung notwendigen Geld lieber auf eine ausgedehnte Weltreise gehen.“
Glück vergleicht eine Eigentümerversammlung mit einem großen Ausflugsdampfer. Der Hausverwalter steuert das Boot, doch über die einzelnen Reiseziele – etwa Sanierung der Fenster, thermische Sanierung – und Route – Geld dafür aus der Rücklage nehmen oder über eine Sonderumlage finanzieren – haben die Eigentümer unterschiedlichste Vorstellungen. Nicht umsonst heißt es: „Jedermann recht getan, ist eine Kunst die keiner kann.“
Das musste auch ein Zahnarzt als Minderheitseigentümer in Wien 18 erfahren. Ein junger Architekt, der eine Wohnung im letzten Stockwerk direkt unter dem regelmäßig kostenintensiv zu sanierenden Flachdach erworben hatte, musste seinen Plan, auf dem Flachdach auf eigene Kosten einen Dachausbau mit einer großen Terrasse zu errichten, fallen lassen – obwohl damit das Problem „undichtes Flachdach“ beseitigt worden wäre und die Eigentümergemeinschaft mit dem Kaufpreis für das Flachdach eine thermische Sanierung des Ende der 60er-Jahre errichteten Gebäudes hätten durchführen können. Obwohl gleichzeitig durch die Erweiterung der Nutzfläche die Betriebskosten pro Quadratmeter gesunken wären, spielten die Co-Eigentümer nicht mit. „Die einen wollten keine jahrelange Baustelle mit Lärm und Staub, die anderen sprachen sich dagegen aus, weil sie dem jungen Architekten die Terrasse einfach nicht gönnen wollten“, trauert der Zahnarzt der vergebenen Chance noch immer nach. „Man wollte die Pläne nicht einmal ansehen und den Architekten anhören. Nach kurzer Debatte war die Sache entschieden. Antrag. Beschluss. Aus.“ Gescheitert wäre das Projekt aber auch, weil nur wenige Eigentümer erschienen waren. „Wäre im Vorfeld die Werbetrommel für dieses Projekt besser gerührt worden, hätte die Sache auch anders ausgehen können“, ist Glück überzeugt. „Vorbereitung ist alles.“
Versammlung alle zwei Jahre
„Das Wohnungseigentumsgesetz sieht vor, dass der Verwalter alle zwei Jahre eine Eigentümerversammlung einzuberufen hat. Dabei hat der Verwalter den Tag und den Zeitpunkt der Versammlung so zu wählen, dass voraussichtlich möglichst viele Wohnungseigentümer daran teilnehmen können“, erläutert Rechtsanwalt MMag. Dr. Ernst, Denk & Kaufmann Rechtsanwälte OG, die Rechtslage. Die Sommermonate hätten sich meist als sehr schlechter Zeitpunkt für eine solche Versammlung herausgestellt, da sich da erfahrungsgemäß die meisten auf Urlaub befinden. „Der Großteil der Eigentümerversammlungen findet im Herbst oder im Frühjahr statt“, ergänzt Glück. „Unabhängig davon können mindestens drei Wohnungseigentümer, die zusammen mindestens ein Viertel der Anteile haben, vom Verwalter schriftlich unter Angabe eines wichtigen Grundes die Einberufung einer Eigentümerversammlung verlangen“, so Denk.
„Als Neo-Eigentümer sollten Sie sich ein Bild machen, was in den letzten Sitzungen beschlossen wurde. Die Protokolle sollte Ihnen der Voreigentümer übergeben können. Als Eigentümer haben Sie natürlich das Recht, diese bei der Hausverwaltung anzufordern“, ergänzt Glück.
Die Mehrheit bestimmt
Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft werden mit Mehrheit gefasst. Die Mehrheit ergibt sich aus der Mehrheit der Eigentumsanteile je nach Nutzwerten der einzelnen Wohnungen. Besitzer größerer bzw. besser ausgestatteter Wohnungen – etwa mit Tiefgaragenplatz – haben also ein „größeres Stimmengewicht“ als Besitzer kleinerer bzw. nicht so gut ausgestatteter Wohnungen. Konnte in der Versammlung keine Mehrheit der Miteigentumsanteile für eine bestimmte Beschlussfassung gefunden werden, hat der Verwalter alle, die nicht bei der Versammlung anwesend waren, unter Übermittlung des Protokolls aufzufordern, sich ihm gegenüber innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu äußern.
Das bedeutet aber nicht, dass der Minderheit keine Rechte zustehen. Immobilienrechtsexperte Denk: „Der § 30 WEG sichert die Individualrechte jedes Wohnungseigentümers. Unabhängig von den Anfechtungsmöglichkeiten von Beschlüssen der ordentlichen und der außerordentlichen Verwaltung kann jeder Wohnungseigentümer einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die übrigen Wohnungseigentümer in bestimmten Angelegenheiten (siehe Kasten) einbringen. Unabhängig davon genießt der Minderheitseigentümer auch noch einen speziellen Schutz, und zwar dann, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer die Mehrheit der Miteigentumsanteile hält und dieser zum unverhältnismäßigen Nachteil eines anderen Wohnungseigentümers Maßnahmen trifft oder unterlässt bzw. dem Verwalter aufträgt oder untersagt. In diesem Fall kann der Minderheitseigentümer einen Antrag bei Gericht einbringen.“ So kann zum Beispiel jeder Wohnungseigentümer die Durchführung von Erhaltungs- oder Reparaturarbeiten an der Liegenschaft verlangen oder etwa die Bildung einer angemessenen Rücklage zur Durchführung von Erhaltungs- und Sanierungsarbeiten. mn
Tipps
- Verbündete suchen: Um Wünsche durchzusetzen, muss die Mehrheit der Wohnungseigentümer dafür stimmen. In brisanten Fällen müssen Sie Ihre Nachbarn ausnahmslos hinter sich wissen – also frühzeitig Verbündete suchen. Es ist wie in einem beruflichen Netzwerk: geben und nehmen. Zustimmung für eigene Vorschläge findet leichter, wer auch die berechtigten Interessen anderer unterstützt.
- Stellvertreter beauftragen: Wer an einer Eigentümerversammlung nicht teilnehmen kann oder mag, hat das Recht, sich vertreten zu lassen. Die Ausübung des Stimmrechts kann auf den Hausverwalter selbst, einen Miteigentümer oder eine andere Person des Vertrauens übertragen werden. Auf Verlangen ist eine schriftliche Vollmacht vorzulegen – im Original.
- Beschlüsse anfechten: In folgenden Fällen können Sie innerhalb von einem Monat ab Aushang des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft gerichtlich die Aufhebung des Beschlusses verlangen: wegen formeller Mängel, wegen Gesetzwidrigkeit bzw. wenn es gar keine Mehrheit für den Beschluss gegeben hat.
In Fällen der sogenannten außerordentlichen Verwaltung (das sind im Wesentlichen Maßnahmen, die über reine Reparatur- bzw. Erhaltungsmaßnahmen hinausgehen) können Sie Mehrheitsbeschlüsse aus folgenden Gründen anfechten: wenn Sie durch diese Maßnahmen „übermäßig beeinträchtigt“ werden würden bzw. wenn die Kosten der Veränderung nicht aus der Rücklage gedeckt werden könnten.