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Gute Gespräche schaffen Vertrauen

Gesprächsführung zwischen Arzt und Patient findet im diagnostischen, dem informierenden bzw. therapeutischen Bereich und vor allem als motivierende Funktion eines helfenden Gesprächs statt. Ein gutes Gespräch ist die beste Voraussetzung für ein gutes Vertrauensverhältnis.


Univ.-Prof. Dr. Rudolf Schoberberger

Der Umgang mit Patienten gewinnt in der Medizin immer mehr an Bedeutung. Dem wird etwa Rechnung getragen, indem im Medizincurriculum der Medizinischen Universität Wien die Studenten schon in der Studieneingangsphase mit kommunikativen Fähigkeiten vertraut gemacht werden. In weiterer Folge werden die kommunikativen Kompetenzen im Kleingruppenunterricht und im Rollenspiel mit Simulationspatienten gefestigt. So lernen die Studenten im dritten Semester mittels Videofeedbacks die Anamneseführung, im sechsten Semester werden mithilfe von Schauspielpatienten schwierige Gesprächssituationen geübt und im achten Semester erfolgt die Beschäftigung mit den bewährten Simulationspatienten zum Schwerpunkt „psychopathologischer Status“ (Frischenschlager, Hladschik-Kermer, 2013).

Zuhören fördert Vertrauen

So wie die Studierenden das vermittelt bekommen, sollten sich auch die bereits im Beruf stehenden Ärzte über die verschiedenen Funktionen der Gesprächsführung bewusst sein. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um den diagnostischen Bereich, den informierenden bzw. therapeutischen Anteil und vor allem die motivierende Funktion eines helfenden Gesprächs. Voraussetzung für eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis. Dieses wird beispielsweise durch das „aktive Zuhören“ gefördert. Der Arzt konzentriert sich in diesem Zusammenhang nicht nur auf den akustischen Gesprächskanal – den Inhalt des Gesagten –, sondern auch auf den visuellen Kanal. Die vom Patienten vermittelte Information soll dann gemeinsam mit dem Ausdruck in der Körpersprache den Arzt die Gefühlslage des Patienten erkennen lassen. Wenn er diese so wahrgenommene Emotion dem Patienten in einem etwas fragenden Tonfall mitteilt, kann dieser darauf entsprechend reagieren und sein Anliegen weiter vorbringen. Dabei kommt es nicht durch zu voreilig gemachte Interpretationen oder Ratschläge dazu, dass der Patient in seinen Ausführungen in eine Richtung gelenkt wird, die er vielleicht vorerst gar nicht einschlagen wollte. Wenn es dann noch vermieden wird, Bagatellisierungsfloskeln oder negative Werturteile im Gespräch zu äußern, ist die beste Voraussetzung für ein gutes Vertrauensverhältnis gegeben.

Diagnose ermitteln

Etwa drei Viertel aller Diagnosen werden durch das Arzt-Patienten-Gespräch ermittelt (Peterson et al., 1995). Besonders in Situationen, bei denen geklärt werden soll, inwieweit der Lebensstil Einfluss auf mögliche Krankheitssymptome hat, wird die positive Wertschätzung und emotionale Wärme eine wichtige Rolle spielen. Wenn die Sprache etwa auf das Rauchverhalten oder den Alkoholkonsum kommt, soll der Arzt durch Stimme, Mimik, Körperhaltung und Gestik zum Ausdruck bringen, dass er den Patienten schätzt und an seinen Problemen Anteil nimmt, ohne irgendwelche Bedingungen. Durch diese entgegengebrachte emotionale Wärme erhält der Patient die Möglichkeit, Angst und Verteidigungsverhalten abzubauen und sich zu öffnen.
Damit ist die Basis für die Besprechung eines effektiven Behandlungsplans gegeben. Der Arzt gibt klare Informationen, ohne die emotionale Unterstützung zu vernachlässigen, und ist bereit, Entscheidungen gemeinsam mit dem Patienten zu treffen. Der Patient wird ermutigt, Fragen zu stellen und Informationen einzuholen. Arzt und Patient gelingt es dadurch, sich gemeinsam über die Ursachen des Gesundheitsproblems zu einigen und den Behandlungsplan festzulegen.

Motivierend wirken

Beim motivierenden Gespräch ist Empathie, einfühlendes Verstehen, besonders gefragt. Der Patient soll von seinem Bezugspunkt aus verstanden werden. Wenn ein Diabetiker etwa meint, auch wenn er es sich noch so wünschen würde, das Rauchen einzustellen, glaubt er, es nicht schaffen zu können und der Arzt darauf mit der Äußerung „Sie haben Angst, dass Sie das Verlangen nach einer Zigaretten nicht beherrschen können …?“ reagiert, nimmt der Patient diese Empfindung aus einer gewissen Distanz wahr. Genau das ermöglicht es ihm, gewisse Einstellungen und Werthaltungen infrage zu stellen.
Motivation zur Compliance-Förderung kann aber auch zu einer Überforderung des Patienten führen. Kognitiv überfordert wird er sich beispielsweise dann fühlen, wenn Fachausdrücke verwendet werden, mit denen der Betroffene nichts anfangen kann. Ein Zuviel an Empfehlungen kann nicht nur die Merkfähigkeit des Patienten überstrapazieren, sondern auch zu einer Art emotionaler Überforderung führen. Zu aufwendige und zu umfangreiche Verhaltensänderungen werden fast immer aversiv erlebt, wenn sie nicht schrittweise angeboten werden. Sieht sich der Mensch aus emotionalen Gründen nicht in der Lage, all die Ratschläge einhalten zu können, kann es passieren, dass im Sinne eines Bumerang-Effektes keine der Empfehlungen eingehalten wird.

Schwierige Kommunikation

Das Überbringen einer schlechten Nachricht, wie etwa die Mitteilung einer ungünstigen Diagnose oder die Nachricht vom Tod des Ehepartners, erfordert besonders viel Einfühlungsvermögen. Die patientenzentrierte Vorgangsweise unter Einbeziehung der Erfahrungen, Erwartungen und Einstellungen von Patienten und Arzt sowie das emotionale Band zwischen beiden Partnern sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Vonseiten des Arztes ist es wichtig, dem Patienten für seine Emotionen „Raum“ zu geben, Pausen zuzulassen und den Redeanteil eher gering zu halten.
Bei Migranten können unterschiedliche Konzepte von Gesundheit und Krankheit oftmals richtiges Handeln erheblich verhindern, was durch verminderte Kommunikation aufgrund von Sprachbarrieren verstärkt wird. Problematisch sind besonders Wissenslücken, die in Bezug auf die Störung oder Krankheit bestehen und zusätzlich das Fehlen bestimmter Informationen, um sich kooperativ in ambulanter oder stationärer Versorgung zu verhalten. Oft ist auch das Wissen zur Gesunderhaltung allgemein, nicht nur bei Menschen aus Minderheiten, begrenzt (Amsterdamer Erklärung, 2005).

Fehler vermeiden

Kommunikationsfehler können passieren, wenn man etwa aufgrund zeitlicher Limitierung die Schilderungen eines Patienten unterbricht. Dieser könnte dadurch verunsichert werden. Auch das Vertrauensverhältnis wird reduziert, was schließlich beim Patienten eine Einschüchterung bewirken kann. Der Patient ist dann damit beschäftigt, sich zu überlegen, was er dem Arzt nicht mitteilen konnte und wird in seiner Aufmerksamkeit sehr eingeschränkt sein. Gut gemeinte Informationen werden dann nicht richtig wahrgenommen oder nicht akzeptiert.
Eine mangelnde Strukturierung des Gesprächs kann auch die Arzt-Patienten-Kommunikation empfindlich stören. Es wäre darauf zu achten, beim Thema zu bleiben und nicht verschiedene Problembereiche in einer unzusammenhängenden Art und Weise zu diskutieren.
Wenn es gelingt, Informationen nicht in einer Art apostolischer Mission zu vermitteln und den Patienten nicht als Laien abzuwerten, sondern mit positiver Wertschätzung und Einfühlungsvermögen zu agieren, wird die Motivation des Patienten gefördert, aktiv und gemeinsam mit seinem Arzt an das jeweilige Gesundheitsproblem heranzugehen.

Literatur beim Verfasser

Autor: Univ.-Prof. Dr. Rudolf Schoberberger
Institut für Sozialmedizin,
Zentrum für Public Health
Medizinische Universität Wien
Tel. 01/40160-34887
rudolf.schoberberger(at)meduniwien.ac.at