Gute Architektur zahlt sich aus
Das Geld für eine ausgeklügelte Hausplanung ist gut investiert. Warum gute Architektur Kosten sparen hilft und gleichzeitig Wohnqualität und Wertbeständigkeit der Immobilie steigert.
Architektenhaus? Da denkt man zuerst an ein durchdesigntes Gebäude, das ins Auge sticht, das in Erinnerung bleibt, das Wohnträume wahr werden lässt. Nicht zu Unrecht, wie auch die Fotos zu diesem Artikel beweisen. „In Immobilieninseraten wird nicht umsonst der Begriff Architektenhaus immer groß hervorgehoben. Das ist der beste Beweis, dass durch gute Architektur Werthaltigkeit und Wiederverkaufswert gesteigert werden“, ist das Wiener Architektenpaar Michaela Paris und Peter Schierl überzeugt.
Genau wie Qualität und tolles Design werden aber auch dementsprechend hohe Kosten mit einem Architektenhaus verbunden. Das lässt viele Häuslbauer vor dem Gang zum Architekten zurückschrecken. „Natürlich kostet die Planung, davon leben wir“, sagt die oberösterreichische Architektin Claudia Mader offen. „Dafür ersparen wir den Bauherren aber auch jede Menge Ärger. Landläufig gilt die Regel: Man muss ein Haus zwei- oder dreimal bauen, bis es passt. Ich bin stolz, dass meine Kunden noch Jahre später sagen: Genau so würde ich mein Haus wieder bauen.“ Paris und Schierl ergänzen schmunzelnd: „Mit schlechter Architektur baut man auch nicht viel günstiger. Der Bau eines Einfamilienhauses beginnt heute bei 350.000 Euro.“
An die Lebensphasen der Bewohner angepasst
Als eine ihrer Hauptaufgaben sieht Mader, die Wohnträume ihrer Kunden mit effizienter und flexibler Flächennutzung zu kombinieren. Das senkt auch die Baukosten: „Die meisten Bauherren tendieren dazu, ihr Haus zu groß zu bauen. Viel wichtiger ist die Flexibilität im Grundriss, der sich je nach Lebensphase an die Bedürfnisse anpasst. Durch Umnutzungen ergeben sich später keine ungenützten Flächen. Beispiel: Kleine Kinder will man in der Nähe zum eigenen Schlafraum haben, das Bad gemeinsam mit ihnen nutzen. Sind die Kinder im Teenageralter, wollen sich beide Seiten mehr zurückziehen. Dann sollte man den Elternbereich abtrennen können. Immer wichtiger wird auch Barrierefreiheit. Im Alter sollte es möglich sein, dass ich Schlafzimmer, Bad und Küche wieder auf eine Ebene lege, vielleicht sogar eine kleine Wohneinheit für eine Pflegerin abtrenne“, so Mader, die sich neben Einfamilienhäusern und Gewerbebauten auch mit der Planung von Ordinationen beschäftigt. Ihr aktuellstes Projekt ist eine Radiologie-Praxis speziell für Frauen.
Ein guter Grundriss und flexible Raumkonzepte sind auch für den Wiederverkauf entscheidend, um eine möglichst große Käufergruppe anzusprechen. „Man sollte das Haus so planen, dass eine andere Generation dort wohnen kann. Ein Paar, das keine Kinder hat, will statt Kinderzimmern vielleicht riesige Wohnbereiche. Das erschwert den Wiederverkauf natürlich. Ein Haus sollte auf jeden Fall drei Schlafzimmer haben, egal ob sie vorerst als Arbeitszimmer oder Gästezimmer genutzt werden“, rät Schierl.
Wo der Architekt Kosten spart
Ein effizienter Grundriss ist eine der Kernaufgaben des Architekten und ein echter Baukostenkiller. Ein guter Architekt schafft auf weniger Quadratmetern eine höhere Qualität als der Laie, der meist mehr tote Fläche einplant. Für Schierl und Paris, die schon rund 200 Häuser realisiert haben, ist nicht die Größe eines Raumes entscheidend. „Es geht darum, wo ich ein Zimmer betrete, wie ich es möblieren kann. Glasflächen und Blickachsen machen den Raum größer.“ Flächeneffizienz heißt auch eine zentrale Erschließung des Hauses, der Eingang sollte also nicht unbedingt am Eck liegen. Das gilt auch für den Stiegenaufgang.
Auch wenn Budget und Wohntraum nicht immer zusammenpassen, soll es bei der Planung trotzdem nicht um stures Flächensparen gehen. Denn die Kosten sinken nicht linear mit jedem Quadratmeter weniger. Ob ein Haus um fünf Quadratmeter kleiner wird, wirkt sich kaum aus, da die wirklich teuren Räume wie das Badezimmer dadurch nicht weniger werden. „Die meisten unserer Kunden bauen zwischen 150 und 160 Quadratmeter Wohnfläche. Die Untergrenze sind ca. 130 Quadratmeter. Darunter zahlen sich Einsparungen bei der Fläche meist nicht mehr wirklich aus“, so Schierl.
Ein weiteres Kostenthema ist die Kompaktheit des Baukörpers. Wenige Vor- und Rücksprünge, wenige teure statische Lösungen. Je kompakter die Hülle, desto günstiger der Bau und desto höher die Energieeffizienz. Die Gefahr: Das Haus gleicht schnell einer Schuhschachtel und sieht langweilig aus. Hier ist der Architekt gefragt. „Vor- und Rücksprünge steigern sicher den Wohnwert. Es können Hofsituationen geschaffen werden oder Überdachungen durch einen Vorsprung des Obergeschoßes. Aber auch einen kompakten Kubus kann man über Fassadengestaltung – zum Beispiel den Einsatz von Holz – und Fensterflächen attraktiv gestalten“, so Architektin Paris. Die ansprechende Optik ist auch ohne teure Details möglich. Bei schmalen Budgets werden beispielsweise die großen Fensterflächen als Fixverglasung ausgeführt, wer mehr ausgeben will, greift zu teuren Schiebetüren.
Von innen nach außen planen
Bis es an die Auswahl solcher Details geht, ist es allerdings ein langer Weg. „Zuerst machen wir eine Studie, danach einen Vorentwurf. Dazwischen brauchen die Bauherren auch Zeit, um die Entwürfe reifen zu lassen. Bis der Einreichplan fertig ist, dauert es meist etwa ein halbes Jahr“, meint Johannes Pesendorfer vom Architekturbüro Pumar. „Am wichtigsten ist, dass der Grundriss passt. Erst dann designen wir die Außenhülle. Wir planen von innen nach außen. Im Bauprozess gibt es aber noch immer die Möglichkeit für Änderungen“, so Pesendorfer. Auch Claudia Mader und das Architektenpaar Paris und Schierl setzen auf die Planung von innen nach außen. „Das Haus muss zuerst einmal innen ‚funktionieren’. Sprich, wie ist die Erschließung, wie vermeide ich lange Gänge, wo ist die Treppe, welche Blickachsen schaffe ich, wo gibt es eine nette Aussicht und wo will ich den Blick, zum Beispiel auf das hässliche Nachbarhaus, vermeiden?“, beschreibt Paris die Gedanken einer Architektin.
Der Input der Bauherren ist in der Entwurfsphase natürlich gefragt, allerdings anders, als sich das so mancher Häuslbauer vorstellt. „Der Kunde braucht nicht mit einem fertigen Grundriss zu uns kommen. Dafür hat er ja den Architekten. Dennoch sollte er klare Vorstellungen haben, wie er in seinem Haus leben will, etwa in welchen Räumen will ich am Abend Sonne haben, zu welcher Uhrzeit stehe ich auf etc. Deswegen treffe ich mich in der Planungsphase im Schnitt alle zwei Wochen mit den Bauherren, um all diese Fragen zu klären. Bei Ehepaaren ist es oft die größte Herausforderung, die Wünsche beider unter einen Hut zu kriegen“, erzählt Mader, für die die Planung über das Haus hinausgeht. „Garten und Haus verschmelzen immer mehr. Die Terrasse wird zum erweiterten Wohnraum. Das gelingt zum Beispiel über den Einbau von großen Schiebetüren oder mit der Überdachung von Außenflächen. Ich arbeite deshalb auch mit einer Kollegin zusammen, die aus der Golfplatzarchitektur kommt. So können wir die Planung und Bepflanzung des Gartens gleich mit übernehmen.“ Wer den Architekten seines Vertrauens schon vor dem Beginn eines konkreten Bauprojekts ausgewählt hat, sollte diesen übrigens schon bei der Grundstücksauswahl miteinbeziehen. So kann noch vor dem Kauf geklärt werden, ob Traumhaus und Grund kompatibel sind.
Viele Bauherren sehen den Job des Architekten mit dem Zeichnen des Einreichplans erledigt. Freilich kann man das Know-how des Planers noch deutlich besser nutzen. So hilft er etwa bei der Wahl der passenden Haustechnik – Stichwort Betriebskosten – und berät zu den Vor- und Nachteilen der einsetzbaren Materialien. „Die Leute werden offener für den Holzbau“, beobachtet Architektin Mader und stellt fest, dass der Trend „immer mehr in Richtung biologischer Baustoffe und gesundem Raumklima geht“. Michaela Paris und Peter Schierl wiederum haben auch gegenüber Fertigteilhäusern keine Vorurteile. Im Gegenteil, sie arbeiten regelmäßig mit dem oberösterreichischen Fertighausanbieter Genböck zusammen, der die individuell geplanten Häuser nach ihren Vorschlägen umsetzt. „Der Vorteil ist die Produktion der Teile im Werk. Das spart Zeit und Kosten gegenüber einer herkömmlichen Baustelle und ist für den Bauherren die sorgenfreiere Variante.“
Freilich ist nicht jeder Wunsch mit jedem Baustoff umsetzbar. So eignen sich für weite Auskragungen zum Beispiel Stahl oder Beton besser als Holzteile. Mader schätzt dafür an Holz, dass Kältebrücken ein geringeres Problem sind als bei Ziegeln oder Stahlbeton. „Letztlich spielt bei der Materialwahl aber das Bauchgefühl des Bauherren die größte Rolle“, meint Schierl. rw