Gruppenpraxis leicht gemacht
Checkliste für Gründer und solche, die es werden wollen.
Autoren:
Mag. Paul Kessler, LL.M
FIEBINGER POLAK LEON RECHTSANWÄLTE
Tel.: 01/582 58
p.kesslerfplp.at, www.fplp.at
Mag. Katharina Kessler, MBL
Rechtsanwaltsanwärterin
FROTZ RIEDL
RECHTSANWÄLTE
Tel.: 01/890 85 90
k.kesslerfrra.at, www.frra.at
OG oder GmbH – das ist hier die Frage?
Für die Gründung einer Gruppenpraxis stehen die Rechtsform der Offenen Gesellschaft (OG) sowie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zur Verfügung. Beide Formen haben ihre Vor- und Nachteile und es gilt sorgsam abzuwägen, welche im konkreten Fall die geeignete ist.
Haftung
Gesellschafter einer OG haften persönlich und unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen sowie unbeschränkbar und unmittelbar für sämtliche Gesellschaftsverbindlichkeiten. Bei der GmbH ist die Haftung grundsätzlich für vertragliche Verbindlichkeiten auf das Vermögen der GmbH beschränkt. GmbH-Gesellschafter haften daher mit ihrer übernommenen Stammeinlage. Besonderes gilt bei Behandlungsfehlern: Hier haftet dem Patienten neben der Gruppenpraxis auch der behandelnde Arzt.
Vertretung
Das Konzept der OG sieht – sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt – vor, dass jeder Gesellschafter, unabhängig ob und in welcher Höhe ihm ein Kapitalanteil zuzurechnen ist, zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt ist. Dies entspricht auch dem Gedanken des § 52a Abs 5 Ärztegesetz. Davon abweichend können aber im Gesellschaftsvertrag einzelne Gesellschafter von der Geschäftsführung und der Vertretung ausgeschlossen werden, wobei unklar ist, ob auch ein nicht-ärztlicher Geschäftsführer bestellt werden darf. Zu beachten ist allerdings, dass zumindest ein Gesellschafter organschaftlicher Geschäftsführer und Vertreter bleiben muss. Bei der GmbH wird der Gesellschafter schon im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss zum Geschäftsführer bestellt. Zum Abschluss von Behandlungsverträgen für die Gesellschaft ist dennoch jeder Gesellschafter unabhängig von seiner Stellung berechtigt (§ 52a Abs 5 ÄrzteG)
Persönliche Arbeitsleistung der Gesellschafter
Grundsätzlich sieht § 52a Abs 3 Z 6 vor, dass jeder Gesellschafter maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung verpflichtet ist. Es ist daher ratsam, das Ausmaß der persönlichen Arbeitsleistung und die entsprechenden Arbeitszeiten genauso wie Regelungen für den Krankheitsfall, Vertretung, Urlaub, Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen in eine separate Nebenvereinbarung aufzunehmen.
Nebentätigkeiten
Grundsätzlich dürfen Gesellschafter einer OG bzw. GmbH-Geschäftsführer ohne Einwilligung der Gesellschaft in deren Geschäftszweig keine Geschäfte machen. Aber eine Einwilligung ist nach der gesetzlichen Vermutung des § 24 Abs 2 GmbH-Gesetz dann anzunehmen, wenn bei der Bestellung eines Arztes zum Geschäftsführer den übrigen Gesellschaftern eine derartige Tätigkeit oder Teilnahme bekannt war und diese nicht abbedungen wurde.
Vergütung und Gewinnverteilung
Der Gesellschaftsvertrag sollte eine Quote für den Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel vorsehen, die den jeweiligen konkreten Umständen entspricht. Dabei kommt es insbesondere auf die Frage an, ob sich die Vergütung maßgeblich nach der Arbeitszeit oder nach den Geschäftsanteilen richtet. Empfehlenswert sind auch Regelungen über die Vergütung von Fortbildungsveranstaltungen sowie Sachbezüge.
Übertragung von Geschäftsanteilen
Da das ÄrzteG die Zulassung einer Gruppenpraxis davon abhängig macht, dass ausschließlich Ärzte Gesellschafter sind, sollte der Gesellschaftsvertrag die Übertragung von Geschäftsanteilen an die Zustimmung der übrigen Gesellschafter binden (Vinkulierung). In diesem Zusammenhang finden sich im Gesellschaftsvertrag auch regelmäßig Vorkaufs- und Aufgriffsrechte. Ebenso von Bedeutung sind Regelungen über die Kündigung, das Ausscheiden und den Ausschluss von Gesellschaftern und deren Ausbezahlung. Nicht unüblich sind weiters Schiedsklauseln, die Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsvertrag einem Schiedsgericht unterwerfen.
Fusion bzw. Umwandlung
Wollen sich mehrere Vertragsärzte zu einer Gruppenpraxis zusammenschließen oder ein Vertragsarzt seine Ordination in eine Gruppenpraxis umwandeln, so ist ein schriftlicher Antrag an die Ärztekammer zu stellen. Aus Versorgungsgründen schafft der Invertragnahmeausschuss (Gremium mit Vertretern der Ärztekammer und der Gebietskrankenkasse) eine Gruppenpraxisplanstelle. Sofern es sich um keine Fusion handelt, wird die Planstelle von der Ärztekammer in der Folge ausgeschrieben.
Reihung und Auswahl der Bewerber
Die Auswahl der Bewerber erfolgt bei der Umwandlung ebenfalls auf Basis der Reihungskriterien, wobei der Vertragsarzt einen geeigneten Kandidaten aus den besten Bewerbern selbst wählen kann. Bei neuen Planstellen haben Bewerberteams die Möglichkeit, sich für die Planstelle zu bewerben. Die Bewerber werden auf Basis der Reihungskriterien-Verordnung gereiht.
Wechselseitige schriftliche Zusage
In jedem Fall folgt die wechselseitige schriftliche Zusage zwischen der Gruppenpraxisgesellschaft und der Gebietskrankenkasse. Die Zusage regelt bereits verbindlich den Standort, das Leistungsspektrum und die Öffnungszeiten der Gruppenpraxis. In jedem Fall ist die wechselseitige Zusage gemeinsam mit dem Antrag auf Gründung einer Gruppenpraxis dem Landeshauptmann anzuzeigen. Dieser hat unverzüglich die Landesgesundheitsplattform mit der Gründung zu befassen.
Eintragung in die Ärzteliste
In der Folge wird die Gesellschaft in das Firmenbuch eingetragen. Die Bestätigung hierüber muss samt Beschlussvermerk der Landesgesundheitsplattform, dem Nachweis einer Haftpflichtversicherung und dem Gesellschaftsvertrag der Ärztekammer vorgelegt werden, die die Gruppenpraxis in die Ärzteliste einträgt.