Gesunder Schlaf
Viele Patienten klagen über Ein- und Durchschlafstörungen. Während bei den meisten einfache Tipps für einen guten Schlaf reichen, kommen andere nur in einem Schlaflabor der Ursache auf den Grund.

PD Dr. Michael Saletu, Ärztezentrum Haus mit Herz und Schlaflabor Rudolfinerhaus Wien, www.dr-saletu.at
Dem guten Schlaf wenig Bedeutung beizumessen, wie es gerade junge Menschen oft tun, rächt sich manchmal. Während simple Grundregeln für einen entspannten Schlaf den meisten klar sind, wird auf die Schlafumgebung oft zu wenig Wert gelegt.
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Erfolgreiche Betten- und Matratzenhersteller wie beispielsweise TEMPUR beschränken sich aber längst nicht mehr auf die Ästhetik – sie ist selbstverständlich –, sondern stellen die Gesundheit in den Mittelpunkt. Die Matratzen und Kissen von TEMPUR bestehen aus einem Hightech-Komfortmaterial, das ursprünglich in den 1970ern von der NASA für das US-Raumfahrtprogramm entwickelt wurde, um die Andruckkräfte aufzunehmen, die während des Starts auf die Astronauten einwirken. Wissenschaftler haben das Material so perfektioniert, dass es sich bestens für Schlafprodukte eignet. Neben individuell angepassten, getesteten und hochwertigen Materialien für das Bett ist aber noch eine Reihe weiterer Faktoren für einen gesunden Schlaf erforderlich. ÄrzteEXKLUSIV hat beim Schlafforscher PD Dr. Michael Saletu nachgefragt, ab wann Schlafprobleme medizinischer Klärung bedürfen.
ÄrzteEXKLUSIV: Welche Faktoren halten Sie für besonders unterschätzt, wenn es um gesunden Schlaf geht?
Dr. Michael Saletu: Das sind grundsätzlich die Schlaf- und Lichthygiene. Wir leben in einer „schlafdeprivierten“ Gesellschaft und in schlafhygienisch ungünstigem Licht, das heißt, wir verwenden viel künstliches Licht und halten uns wenig in hellem Sonnenlicht auf. Licht ist jedoch der wichtigste Zeitgeber für den Körper, dadurch weiß die innere Uhr nicht mehr, wann wir schlafen und wann wach sein sollen. Das führt unter Umständen zu Schlafproblemen.
Wer sind die größten Licht-Übeltäter?
Helle Bildschirme mit einem hohen Blaulichtanteil werden unterschätzt. Besonders am Abend, wenn Entspannung einsetzen sollte, kommt es zu einem emotionellen Übererregungszustand. Durch den Blaulichtanteil werden das Melatonin und die körpereigenen Signale unterdrückt, während häufig mehr vom Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird. Damit fällt das Schlafen in der ersten Nachthälfte schwerer.
Was genau ist mit Schlafhygiene gemeint?
Schlafhygiene umfasst sämtliche Dinge, die dem Schlaf zuträglich sind. Das sind beispielsweise Entspannungsmaßnahmen, das Schlafumfeld, Vermeidung langer Wachphasen im Bett, aber – ganz wichtig – auch Rituale, denn sie funktionieren als Zeitgeber. Rituale können etwa ein warmes Bad, Lesen oder ein Spaziergang sein. Wenn wir Koffein nach 14 Uhr konsumieren, blockieren wir das natürliche Schlafhormon Adenosin, welches Tiefschlafphasen in der ersten Nachthälfte einleiten soll.
Was hat es mit den Zeitgebern auf sich?
Wir ignorieren die Zeitgeber häufig, sie wären aber enorm wichtig für die innere Uhr und einen physiologischen Schlaf-Wach-Rhythmus. Gerade junge Menschen sind abends oft zu aktiv, beschäftigen sich mit Handy, Tablet-PC oder TV. Doch nicht umsonst sperren große, internationale Firmen häufig abends den Internetverkehr. Durch das Blaulicht stellt sich der nötige Grad der Schläfrigkeit nicht ein, Stresshormone werden aktiviert. Das kann wie bei einem Jetlag zum „Syndrom der verzögerten Schlafphase“ führen.
Wie sieht Ihrer Ansicht nach das optimale Schlafzimmer aus?
Wer Schlafprobleme hat, sollte möglichst darauf achten, dass helle Lichtquellen von TV-Geräten oder PCs eliminiert werden. Auch Leselampen sollten nur klein sein und nicht zu grell. Ein reduziertes Maß an Blaulicht am Abend fördert die Melatoninausschüttung. Optimal wäre ein Schlafzimmer mit Morgensonne, die wiederum als Zeitgeber für den Körper fungiert. Außerdem sollen Schlafzimmer natürlich immer lärmabgeschieden liegen und etwa eine Temperatur von 18 Grad haben, denn die Körpertemperatur muss beim erholsamen Schlafen absinken. Frischluft ist wichtig – gerade in der Heizperiode mit trockener Luft – und zwar ganz besonders für Schnarcher. Im Idealfall wird abends gelüftet.
Worauf sollte man bei der Wahl des Bettes Wert legen?
Bettaufbau und Matratze sind selbstverständlich wichtig, aber eindeutig eine Wohlfühlfrage und individuell höchst unterschiedlich. Grundsätzlich kann für das Bett keine Empfehlung abgegeben werden – das wäre ähnlich wie die Empfehlung von Medikamenten. Dafür ist eine individuelle Austestung erforderlich. Ein Lagewechsel muss jedenfalls problemlos möglich sein, das heißt, es muss genug Bewegungsraum vorhanden sein, und auch eine gute Bettdecke ist für eine optimale Thermoregulation erforderlich.
Welchen Rat sollen Ärzte ihren Patienten geben, die unter Schlafproblemen leiden?
Abgesehen von der Schlaf- und Lichthygiene sind auch die Tagesbeeinträchtigungen entscheidend für das Schlafverhalten. Ein- und Durchschlafstörungen, die länger als einen Monat andauern und an mehr als drei Tagen pro Woche einschließlich spürbarer Leistungsbeeinträchtigungen untertags stattfinden, gehören professionell abgeklärt. Häufig hilft den Patienten bereits das Gespräch, um einen neuen Zugang zu bekommen, denn oft sind es intensive Gedanken und Probleme, die gewälzt werden. Organisch und seelisch bedingte Schlafstörungen überlagern einander oft. Das Schlaflabor kann bei Partner- und psychischen Problemen nicht helfen, doch wenn es keinen eindeutigen Auslöser für die Schlafstörungen gibt, dann können wir der Sache nachgehen. Die Aufgabe des Schlafmediziners ist es, organische und nicht organische Schlafstörungen zu gewichten.
Welche neueren Erkenntnisse der Schlafforschung halten Sie für besonders vielversprechend?
Das Schlaflabor ist dann die richtige Anlaufstelle, wenn es um das Leitsymptom „Nicht erholsamer Schlaf“ geht oder um eine Einschlafneigung tagsüber trotz adäquater Schlafdauer. In den USA und Skandinavien machen derzeit mobile Schlaflabore Furore, die eine Untersuchung vor Ort, dort wo das Problem stattfindet, ermöglichen. Das halte ich für eine exzellente Neuerung. Vor einigen Jahren wäre eine EEG-Ableitung dort, wo die Störung Nacht für Nacht passiert, aus technischen Gründen noch undenkbar gewesen. Ich hoffe, dass dieser Trend bei uns bald umgesetzt wird und Abrechnungsmöglichkeiten mit den Kassen entstehen. Die Technik ist der Umsetzbarkeit im Gesundheitssystem immer um Lichtjahre voraus. Einen weiteren Trend stellt die Erforschung der Schlaffehlwahrnehmung dar. Viele Menschen denken, sie können nicht schlafen, weil sie beispielsweise unter bestimmten Ängsten leiden, dabei schlafen sie tatsächlich ganz gut und nicht zu wenig. Dann gilt es, den Menschen klarzumachen, dass nichts Schlimmes passiert, wenn sie einmal nicht gut schlafen – nicht jede Nacht ist wie die andere.
Warum ist Schlaf überhaupt so wichtig?
Schlaf ist unsere wichtigste Erholungsform. Bei Schlafentzug machen wir tagsüber Fehler, mit der Zeit immer mehr und immer öfter, es kommt zu mehr Krankenständen, mehr Kosten entstehen. Heute weiß man auch, dass Schlaf für die Gedächtniskonsolidierung enorm wichtig ist. Im Schlaf wird Wissen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis transferiert und in der Gehirnrinde gefestigt. Tiefschlaf ist für das Faktenwissen essenziell, das prozedurale Lernen – also das motorische Lernen – wird im REM-Schlaf konsolidiert. Fehlen entscheidende Schlafphasen, so hat man Probleme sich Dinge zu merken oder sie zu erlernen, da die Neuroplastizität nicht gut funktioniert. Schlaf- und Gedächtniskonsolidierung ist derzeit ein echtes Hot Topic. Die Zusammenhänge zwischen Lernen und Schlaf, aber auch dem Immunsystem und dem Schlaf werden intensiv erforscht.
Eine abschließende Frage: Was halten Sie von Power-Napping?
Power-Napping hat sich in Österreich noch nicht durchgesetzt. Es hat aber, wenn es richtig gemacht wird, einen Effekt wie ein doppelter Espresso – nur ohne Magenbelastung! Richtig heißt, maximal 15 bis 20 Minuten, im Liegen und ohne Tiefschlaf zu erreichen. Vielleicht kommt dieser Trend irgendwann auch zu uns.
Wer schlecht schläft, lebt gefährlich!
Schlafgestörte haben vermehrt gesundheitliche Probleme: Sie gehen doppelt so oft zum Arzt und haben doppelt so viele Krankenhausaufenthalte wie gute Schläfer. Schlafgestörte haben vermehrt psychische Probleme wie Angststörungen und Depressionen. Sie leiden unter vermehrter Tagesmüdigkeit und Schläfrigkeit, an Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, zeigen eine verminderte Arbeitsleistung, haben siebenmal so häufig Arbeitsunfälle und 2,5-mal so häufig Verkehrsunfälle, eine deutlich schlechtere Lebensqualität und nicht zuletzt auch eine verkürzte Lebenserwartung.
Schlafstörungen sind häufig, folgenschwer und vielfältig. 25 % der Österreicher leiden an Schlafstörungen. 80 % der Schlafgestörten leiden an ihren Schlafproblemen länger als ein Jahr, 50 % länger als 5 Jahre, dennoch sprechen nur 35 % der Schlafgestörten über ihre Probleme mit ihrem Arzt!
PD Dr. Michael Saletu bietet ein mobiles Schlaflabor an, mit dem nicht erholsamer Schlaf, zum Beispiel durch schlafbezogene Atmungsstörungen oder nächtliche Bewegungsstörungen, zu Hause abgeklärt und therapiert werden können. www.dr-saletu.at
Eine Liste der akkreditierten ÖGSM-Schlaflabore in Österreich finden Sie unter www.schlafmedizin.at/deutsch/slabormap.html