Gestritten wird immer
Eine Scheidung wirft immer viele vermögens- und privatrechtliche Fragen auf. Kompliziert kann es werden, wenn Ordination und Wohnung in einem gemeinsam finanzierten Einfamilienhaus liegen.
Auch wenn knapp neun von zehn Ehen einvernehmlich geschieden werden, heißt das nicht, dass weniger gestritten wird. Auch bei einer „Einvernehmlichen“ können im Vorfeld schon mal ordentlich die Fetzen fliegen. Schließlich geht es immer wieder um Geld. Glücklich können sich diejenigen schätzen, die für den Fall der Fälle einen Ehevertrag geschlossen haben. Dieser verhindert viele Unstimmigkeiten, bevor es zu nervenaufreibenden Auseinandersetzungen kommt.
In Österreich gilt laut Gesetz prinzipiell die Gütertrennung. Das bedeutet, dass jeder Eigentümer dessen bleibt, was er in die Ehe schon eingebracht hat, aber auch, was er während der Ehe erwirtschaftet. Im Zuge einer Scheidung wird all das aufgeteilt, was während der Ehe gemeinsam erwirtschaftet worden ist („Zugewinn“) – das sind sowohl das eheliche Gebrauchsvermögen wie Möbel, Elektrogeräte, Pkw etc. als auch die ehelichen Ersparnisse. Die gerichtliche Aufteilung erfolgt nach dem Grundsatz der Billigkeit. In der Praxis wird das Vermögen regelmäßig im Verhältnis 50:50 verteilt. Einige Bemessungskriterien zur Bestimmung des Aufteilungsverhältnisses sind der Beitrag jedes Ehegatten zum Erwerb des Vermögens, Unterhaltsleistungen, Haushaltsführung und Kindererziehung und sonstiger ehelicher Beistand. Auch Liegenschaften werden aufgeteilt – sofern im Vorfeld keine vertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden.
„Die gemeinsame Ehewohnung wird im Fall der Scheidung grundsätzlich auch dann aufgeteilt, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat, sie diesem geschenkt wurde oder er sie geerbt hat“, erklärt der Wiener Notar Markus Kaspar. Will man eine in die Ehe eingebrachte Eigentumswohnung oder eine geerbte Villa aus dem gemeinsamen ehelichen Vermögen heraushalten, darf sie nicht zum Lebensmittelpunkt der Familie werden. Das heißt: Wohnung oder Villa vermieten und mit den Einnahmen eine Mietwohnung finanzieren. Damit erübrigt sich jede Diskussion. Die Eigentumswohnung bleibt dem bisherigen Eigentümer auch im Falle einer Scheidung erhalten.
Bei gemischter Nutzung von Räumen bzw. bei mangelnder Trennbarkeit in einen Firmen- und einen Wohnbereich fällt das gesamte Grundstück oder Gebäude in die Aufteilung hinein. Nur jener Teil, der eindeutig als dem Unternehmen gewidmet angesehen werden kann, ist von der Aufteilung ausgenommen. Daher eine weitere Empfehlung für Krisenzeiten: rechtzeitig für die Trennbarkeit beider Bereiche sorgen. Ein Grundstück gilt zum Beispiel auch dann als dem Unternehmen gewidmet, wenn für das Unternehmen für ein Darlehen oder einen Kredit ein Pfandrecht eingetragen wurde. Mit der Unterfertigung der Pfandurkunde erfolgt nämlich die Widmung für das Unternehmen.
Sie glauben, dieser Fall kommt in der Praxis nicht vor? Weit gefehlt! Dies ist eine durchaus gängige Praxis. „Vor allem wenn ein Ehepartner bereits eine teure Scheidung hinter sich hat“, so Kaspar.
Ordination im eigenen Haus
Kompliziert wird es, wenn sich die Ordination in einem in gemeinsamem Eigentum stehenden Einfamilienhaus befindet, das gleichzeitig auch den Lebensmittelpunkt bildet – ein Spezialfall, der vor allem in ländlichen Regionen anzutreffen ist. In städtischen Ballungszentren werden Ordinationen in der Regel angemietet. In diesem Fall kann das Gericht – auch wenn eine vertragliche Regelung besteht – eingreifen. „Vertragliche Regelungen über die Aufteilung der Ehewohnung können in einem Ehevertrag nicht unbeschränkt erfolgen. Jedenfalls nicht rechtswirksam sind Vereinbarungen über die Ehewohnung, wenn der andere Ehegatte auf die Weiterbenützung der Ehewohnung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung Bedarf hat. „Das Gericht kann hier eingreifen – und anders, als im Ehepakt vorgesehen, verfügen“, so Kaspar.
Dies kann dazu führen, dass der eine Ex-Partner das Haus bekommt, aber dulden muss, dass sein Ex-Partner die Ordination weiter betreibt – selbst dann, wenn die Ordination vom Wohnbereich nicht durch zum Beispiel einen eigenen Eingang abgetrennt ist. „Auch wenn die Ordination im eigenen Haus betrieben wird, werden in der Regel Mietverträge abgeschlossen. Diese bleiben natürlich nach einer Scheidung aufrecht“, so Rechtsanwalt Ernst Denk, Denk & Kaufmann Rechtsanwälte GmbH. „Die Scheidung allein ist kein Kündigungsgrund. Außer der Ordinationsinhaber hätte schwerwiegende Verfehlungen gegen seinen Ex-Partner und Vermieter begangen.“
Ausweg Ehevertrag
„Je unterschiedlicher die finanzielle Lage der Ehegatten ist, desto mehr ist ein Ehevertrag zu empfehlen“, so Kaspar. Ein Ehevertrag kann nicht jeden Streit verhindern, aber viel Emotion aus einem Scheidungsfall herausnehmen. „Über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse – darunter fallen etwa Bargeld, Sparbücher, Wertpapiere, Kunstgegenstände und vermietete Liegenschaften – können die Ehegatten unbeschränkt vertraglich disponieren.“ Grundsätzlich bestehe auch die Möglichkeit, dass sie auf die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse verzichten. So ist es etwa möglich, das Zins- oder Einfamilienhaus, das im Eigentum eines Ehegatten steht, von der Aufteilung auszunehmen oder aber zu vereinbaren, dass der Arzt das Haus, in dem sich die Ordination befindet, übernimmt und dafür dem Ex-Partner eine Ausgleichszahlung zu leisten hat. „Für einen Ehevertrag ist es nie zu spät. Vereinbarungen können auch während der Ehe getroffen werden. Formelle Voraussetzung ist, dass er vor einem Notar als Notariatsakt abgeschlossen und beurkundet wird.“
In Lebensgemeinschaften bleibt das Vermögen prinzipiell getrennt. „Im Gegensatz zur Ehe gibt es keine allgemeinen Aufteilungsregeln. Es gilt das allgemeine Zivilrecht. Wer etwas bezahlt bzw. erwirtschaftet hat, dem gehört es auch weiterhin. Wer zum Eigentum des anderen etwas beigetragen hat, muss das – kommt es zu keiner gütlichen Einigung – vor Gericht beweisen, um sich einen Anteil daran zurückholen zu können“, so Denk. Jeder Partner behält das Eigentum an jenen Gegenständen, die er selbst angeschafft hat, das sollte man im Streitfall durch Rechnungen beweisen können. Bei größeren Anschaffungen wie zum Beispiel Einrichtungsgegenständen oder gar dem Kauf von Wohnungen oder Liegenschaften sollte möglichst ein schriftlicher Vertrag gemacht werden, der genau festlegt, wer wie viel zahlt und wie die Eigentumsverhältnisse und Ausgleichszahlungen nach einer eventuellen Trennung geregelt werden sollen.
„Bereicherungsrechtliche Ansprüche kommen zur Anwendung, wenn ein Lebensgefährte nicht aus reiner Gefälligkeit, sondern in Hinblick auf eine bestimmte Gegenleistung seinerseits Leistungen erbracht hat“, sagt Denk. So hat der OGH bei einer gemeinsamen Bebauung eines Grundstücks einen Bereicherungsanspruch angenommen. Es sei davon auszugehen, dass der Lebensgefährte Arbeits- bzw. Geldleistungen in Hinblick auf den für den anderen erkennbaren Zweck des künftigen gemeinsamen Wohnens eingebracht hat. Dies sei zum Beispiel anzunehmen, wenn ein Partner den Kredit für den Bau eines Hauses übernimmt und dafür der andere Partner die laufenden Kosten wie Miete, Betriebskosten und gemeinsam genutzte Fahrzeuge. Reine Gefälligkeitsleistungen oder Aufwendungen des täglichen Lebens hingegen werden als unentgeltlich vereinbart angesehen.
Hat einer der Lebensgefährten in den Bau eines Hauses Geld investiert, das im Alleineigentum des anderen steht, so kann dieser Geldbetrag durch den Nichteigentümer nur rückgefordert werden, wenn man schriftliche Belege hat. Geldbeträge sollten nie bar übergeben werden. „Überweisen Sie und führen Sie den Verwendungszweck ganz klar an. Sammeln Sie jeden Beleg“, so der Rat des Experten. Noch besser wäre es, für den Fall der Trennung vertraglich einen Abgeltungsanspruch festzulegen. Besonders bitter: Ein Lebensgefährte ist bei Alleineigentum des Partners nicht am Wertzuwachs des Hauses beteiligt. Es kann nur eingebrachtes Geld und Arbeitsleistung rückgefordert werden. mn