< vorhergehender Beitrag

Geheimtipp Balkan

Was 1951 begann, findet in Etappen seine Fortsetzung: Die Bildung und Erweiterung der Europäischen Union. Für den Tourismus bedeutet das, dass so manches verborgene wunderschöne Fleckchen Europa schlagartig „entdeckt“ wird.


Die Brücke von Mostar

Mit der ersten Osterweiterung im Mai 2004 traten zehn Staaten der Europäischen Union bei, die bis dato nicht zu den primären Urlaubszielen der Österreicher gezählt hatten: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowenien, Slowakei und Ungarn sowie Malta und der griechische Teil Zyperns. Plötzlich buchten Urlauber Städtereisen nach Riga, Vilnius und Tallin, Skiurlaub in der Hohen Tatra und Wochenendausflüge nach Krumau. 2007 folgten zwei weitere Länder: Rumänien und Bulgarien. Nun wurde die bulgarische Schwarzmeerküste populär und auch das rumänische Hinterland rund um Graf Dracula beglückte Kulturreisende mit seinen Schätzen. Natürlich – viele werden einwenden, dass sie diese europäischen Highlights schon lange vor der Osterweiterung kannten. Das bestreitet niemand, doch einen Boom, eine Destination für Massentourismus entstand erst danach.

Neue EU-Kandidaten

Umso spannender stellt sich nun ein Blick auf die nächsten „Kandidaten“ dar, denn auch dort gibt es landschaftliche und kulturelle Schätze, die noch als Geheimtipps gelten. Aber nicht mehr lange. Grundsätzlich wird zwischen „Beitrittskandidaten“ und „potenziellen Beitrittskandidaten“ unterschieden. Aktuell gibt es sechs Beitrittskandidaten: Kroatien, Türkei, Mazedonien, Island, Montenegro und Serbien. Potenzielle Kandidaten sind Albanien, Bosnien und Herzegowina und in mancher Hinsicht Kosovo, das allerdings nicht von allen EU-Staaten als unabhängig anerkannt wird.

Kroatien und die Türkei brauchen als Urlaubsländer wohl nicht mehr vorgestellt werden, auch Island genießt eine touristische Fangemeinde. Doch was haben Länder wie Mazedonien, Montenegro oder Serbien zu bieten? Mazedonien, die „Perle des Balkans“, mit seiner Hauptstadt Skopje ist ein Vielvölkerstaat, der international kaum Beachtung erfährt. Die gebirgige Landschaft kann auf zwei Seen, einen Nationalpark und eine urtümliche, artenreiche Natur verweisen. Wer die Ursprünglichkeit, die Unberührtheit sucht, wird hier fündig. Mazedonische, albanische, türkische, serbische oder aromunische Kulturelemente, bunte Volkstrachten und eine vielfältige Architektur machen das Land aber auch für Kulturinteressierte zum Geheimtipp. Auch Montenegros Tourismus boomt noch nicht – das könnte allerdings nur mehr eine Frage der Zeit sein. Der kleine Balkanstaat baut seinen Tourismus auf ein kleines Stück Adriaküste auf. Fünf Amtssprachen, eine vielfältig beeinflusste Küche und architektonische Einflüsse aus allen Himmelsrichtungen zeugen von der Vielfalt dieses kleinen Staates. Stolz sind die Montenegriner auf wilde Schluchten, Berge und Flüsse, die sich für Extremsportarten eignen und auf der anderen Seite stille Seen und niemals überfüllte Strände für Ruhesuchende. Die wechselhafte Geschichte legte in Form von kulturellen Sehenswürdigkeiten Zeugnis ab. Ein kleines Juwel am Balkan, das wohl nicht lange unentdeckt bleiben wird.
Noch ein Balkanstaat macht von sich reden: Serbien. Auch dieser Binnenstaat überrascht mit Naturschönheiten, beispielsweise in fünf National- und 20 Naturparks. So sind alleine die Steppendünenlandschaft im Reservat Deliblatska Pešcara sowie der Bergurwald im Nationalpark Tara-Gebirge eine Reise wert. Sechs verschiedene Amtssprachen, viele verschiedene Volksgruppen und eine höchst wechselhafte Geschichte prägten Kultur und Entwicklung des Landes. Die Großstädte Belgrad und Novi Sad, zahlreiche Kurorte, Festungen und Klosteranlagen gelten als touristische Ziele. Und die serbische Küche verdient besonders viel Aufmerksamkeit – sie ist einfach wunderbar!
Albanien mit seiner stillen Küste, Bosnien und Herzegowina mit seinen berühmten Brücken und der geschichtsträchtige Kosovo werden wohl noch länger auf einen möglichen EU-Beitritt warten. Spannend sind auch diese Länder allemal – und noch herzlich wenig frequentiert. Vielleicht wird ja genau das zum Hauptkriterium für die nächste Wahl des Urlaubsziels.                   bw

Foto: fotolia