Ganganalyse: Muster automatisiert erkennen
Die FH St. Pölten entwickelt im Projekt „IntelliGait“ Werkzeuge zum automatisierten Erkennen von Mustern in Ganganalyse-Daten, um Physikalisten bzw. Orthopäden die Arbeit zu erleichtern und die Therapien zu unterstützen.
Einrichtungen nutzen typischerweise eine Kombination aus unterschiedlichen Analyseverfahren. Für die Erfassung von Gangstörungen werden für diese Zwecke oft Bodenreaktionskräfte beim Gehen mithilfe von Kraftmessplatten analysiert. Therapeuten und medizinisches Personal inspizieren die Vielzahl der resultierenden biomechanischen Parameter in der Regel manuell, leiten daraus klinische Diagnosen ab und stützen medizinische Entscheidungen darauf. Im Projekt „IntelliGait“ werden nun automatisierte Mustererkennungsmethoden entwickelt, die Daten aus der Ganganalyse analysieren und nach möglichen Pathologien klassifizieren. Die Beurteilung erfolgt durch Experten, die durch eine vorhergehende automatische Analyse unterstützt werden – dadurch wäre die Behandlung zeiteffizienter und Therapeuten haben mehr Zeit für Patienten.
Neue Verfahren im klinischen Bereich
„In den letzten Jahren wurden immer wieder neue Ansätze für die automatische Analyse und Klassifizierung von Ganganalysedaten vorgestellt. Doch sie basieren zumeist nur auf kleinen oder künstlich geschaffenen Datensätzen oder schließen nur eine geringe Anzahl an möglichen funktionellen Defiziten ein. Das schränkt die Zuverlässigkeit solcher Methoden stark ein“, sagt Sportwissenschaftler Dr. Brian Horsak, FH-Dozent am Department Gesundheit der FH St. Pölten und Leiter des Projekts IntelliGait.
Das Projekt IntelliGait nutzt die Datenbank des niederösterreichischen Rehabilitationszentrums Weißer Hof der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt), die Ganganalysedaten und zugehörige Diagnosen von Patienten aus 20 Jahren klinischer Praxis beinhaltet. Mit dieser Datensammlung wird ein allgemeines Modell des Normalgangverhaltens generiert, das unterschiedliche Parameter wie Gehgeschwindigkeit, Alter und Geschlecht berücksichtigt. Darauf basierend werden eine automatische Klassifizierung unterschiedlicher Funktionsdefizite sowie Methoden entwickelt, die beim Abweichen vom Normgangmodell Daten der gesamten Datenbank abgleichen, um ähnliche Fälle und deren zugeordnete Diagnosen zu finden. Dies soll die Therapeuten im klinischen Alltag unterstützen, um so effizientere Diagnosen und Entscheidungen treffen zu können.
Das Projekt wird in enger Kooperation mit der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) durchgeführt. Die Universität Wien ist wissenschaftlicher Partner im Bereich Biomechanik. Der Studiengang Physiotherapie der FH St. Pölten bringt die klinische Expertise ein.
Muster erkennen durch maschinelles Lernen
Für die Analyse der Daten sollen Verfahren der Mustererkennung und des maschinellen Lernens entwickelt werden: „Die Datenmengen, die uns im Projekt IntelliGait zur Ver-fügung stehen, erlauben es, selbstlernende Methoden wie neuronale Netze zu nutzen, um einerseits Gangdaten automatisiert klassifizieren zu können und andererseits typische Bewegungsmuster für unterschiedliche Pathologien aus den Daten zu lernen. So können unsere Methoden den Experten helfen, neue Einblicke in die Daten zu gewinnen“, sagt Matthias Zeppelzauer vom Institut für Creative\Media/Technologies der FH St. Pölten (IC\M/T), der im Projekt die Forschung im Bereich Mustererkennung leitet.
Neben der Erkennung von Mustern und Auffälligkeiten ist die Visualisierung dieser Daten von großer Bedeutung. „Bei großen Datenmengen fällt die Analyse und Interpretation der Daten oft schwer. Doch mit den richtigen Ansätzen lassen sich Informationen entdecken, die darin versteckt sind. Entscheidend dafür ist das Zusammenspiel zwischen automatischer Datenanalyse durch Computer und Interpretation durch Experten mittels interaktiver Visualisierung“, sagt Ing. Dr. Wolfgang Aigner, MSc, Leiter des Instituts für Creative\Media/Technologies. Aigner entwickelt mit Mitarbeitern im Projekt „KAVA-Time: Knowledge-Assisted Visual Analytics Methods for Time-Oriented Data” Methoden zur besseren Analyse und visuellen Aufbereitung von Daten, die in verschiedenen Themengebieten angewendet werden. Wichtig ist dabei die gute Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. „Mit Visual Analytics lässt man Computer das tun, was sie am besten können – zum Beispiel Cluster in großen Datenmengen herauszufinden. Doch der Mensch ist besser im Erkennen von visuellen Mustern und im Umgang mit Unsicherheiten und Widersprüchen“, so Aigner. Werden die Daten von Computern entsprechend aufbereitet, lassen sich aus den dargestellten optischen Mustern Informationen herausziehen, die in der unübersichtlichen Sammlung der Daten nur schwer zu entdecken sind und übersehen werden könnten. rh
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