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Form folgt Funktion

Jedes effiziente Ordinationsmanagement beruht auf einer akribischen Vorausplanung späterer Arbeitsabläufe und einem darauf abgestimmten Raumkonzept. Dazu müssen Verantwortlichkeiten geklärt und Funktionalitäten definiert werden.


Der Wartebereich sollte nach Möglichkeit vom Empfang räumlich getrennt, aber von diesem einsehbar sein. Für die durchschnittliche Kassen-Einzelordination

reichen zwölf bis 18 Sitzplätze aus. Foto: Söllinger

Eva Pöschl, Geschäftsführerin pöschlmed GmbH mit Sitz in Linz und Wien

Ist einmal die passende Immobilie für die neue Praxis gefunden und ein entsprechendes Gesamtbudget erstellt, folgt ein ganz wichtiger Schritt in der Projektabwicklung: die Konzeptionsphase. Ihr wird allerdings nicht immer die gebührende Aufmerksamkeit und Geduld geschenkt, die notwendig wäre, um sich später böse oder auch teure Überraschungen zu ersparen. In dieser Phase gilt es, die wesentlichen Grundpfeiler des späteren Ordinationsalltages festzulegen. Dazu müssen unter anderen folgende Überlegungen angestellt werden:

  • Personalplanung und Verantwortlichkeiten
  • Technische Ausstattung
  • Raumkonzept
  • Funktionalitäten

Personalplanung und Verantwortlichkeiten

Die Personalplanung hat massive Auswirkungen auf die Raumgestaltung und Ausstattung der Praxis. Das gilt nicht nur für die Zahl der Mitarbeiter, sondern auch für die Aufgabenverteilung innerhalb des Teams. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt sollte festgelegt werden, wer dann im Praxisalltag welche Aufgaben übernehmen wird: von der Anmeldung bis zur Medikamentenausgabe, vom Bluttest bis zum Verbandswechsel, vom Terminmanagement bis zum Einkauf usw. Welche dieser Tätigkeiten bleiben ausschließlich dem Arzt überlassen, welche dürfen oder müssen die Arztassistentinnen alleine ausführen – und wo gibt es Schnittpunkte bzw. gemeinsame Aufgabengebiete?
Mit der Festlegung der Therapie-, Diagnose- und Versorgungsräume geht deren technische Ausstattung einher. Vor allem bei der EDV-Planung wird noch immer häufig zu gering dimensioniert, weiß Eva Pöschl, die mit ihrem Unternehmen pöschlmed GmbH niedergelassene Mediziner bei der Neuübernahme oder Sanierung ihrer Arztpraxis begleitet. „Die Annahmen vieler Ärzte in einer Einzelpraxis, man käme im modernen Ordinationsmanagement mit drei bis vier EDV-Arbeitsplätzen durch, erweist sich in der Regel als fataler Irrtum.“ Oft werde etwa auf die Integration medizintechnischer Geräte in das Netzwerk vergessen. Im Eingriffsraum ist ein Zugriff zu digitalen Daten ebenso essenziell wie in einem etwaigen Kleinlabor. EKG- oder Ultraschallgeräte wiederum müssen in das Netzwerk integriert werden, um etwa die digitale Bildarchivierung zu ermöglichen. Voraussetzung für eine entsprechend dimensionierte EDV-Planung ist daher das exakte Wissen um Anzahl und Art der medizintechnischen Geräte sowie um Zusatzleistungen wie Labor oder Hausapotheke.

Raumkonzept

Erst wenn all diese Faktoren abgeklärt sind, kann ein nachhaltig funktionierendes Raumkonzept entwickelt werden, das möglichst kurze Wege für Arzt, Mitarbeiter und Patienten gleichermaßen sicherstellt.
Zentraler Bereich jeder Ordination ist der Empfang. Er ist erster Treff-, Dreh- und Angelpunkt für Patienten und Mitarbeiter, gibt der Praxis Gesicht, Struktur, Funktion und Effizienz. „Der Trend geht inzwischen klar vom designorientierten, pompösen Empfang in Richtung kleinerer, zurückhaltender Anmeldung mit rückversetztem, funktionalem Backoffice-Bereich“, meint Pöschl. Hier können auch vertrauliche Telefonate oder Patientengespräche geführt werden.
Vom Empfang aus sollte zwar nach Möglichkeit eine räumliche Trennung zum Wartebereich existieren, der Blickkontakt aber dennoch gewährleistet sein, etwa durch Sichtfenster. Als Faustregel für den Platzbedarf im Wartebereich einer Einzelpraxis nennt Pöschl zwölf bis 18 Sitzplätze in einer Kassenordination und acht bis zehn Plätze in einer Wahlarztordination. Zudem schlägt sie Vorwartebereiche oder Zwischenwartezonen vor. Das würde einerseits den Arbeitsablauf verbessern, indem zum Beispiel Patienten nach der Blutabnahme gleich weiter in den Therapiebereich wechseln könnten, ohne wieder in den Warteraum zurück zu müssen, andererseits den Patienten aber auch ein Gefühl der Dynamik vermitteln und so Wartezeiten subjektiv kürzer erscheinen lassen.

Funktionalitäten

Die größtmögliche Funktionalität der einzelnen Praxisräume ist nicht nur ausschlaggebend für die spätere Arbeitseffizienz, sondern auch den sich ständig verschärfenden behördlichen Auflagen und Vorgaben geschuldet, etwa was die Hygiene oder den Schallschutz betrifft. Dieser ist im Sinne der Wahrung der Intimsphäre der Patienten von großer Bedeutung und in vielen Bundesländern inzwischen entsprechend rigoros geregelt. Er ist aber darüber hinaus auch ein wichtiger Faktor, was die Gesamtatmosphäre der Praxis und das Arbeitsklima der Mitarbeiter betrifft. All diese Aspekte bereits in einer frühen Projektphase entsprechend zu durchdenken und in die Planung einfließen zu lassen, stellt für Ärzte nicht nur zeitlich eine enorme Herausforderung dar. Das bestätigt Dr. Marcus Jell, der gerade in Leobendorf, im nördlichen Niederösterreich eine neue Kassenpraxis für Allgemeinmedizin errichtet. „Ich bin froh, dass ich mir professionelle Hilfe geholt habe. Aus heutiger Sicht hätte ich das sogar noch früher tun sollen. Bei einem derartigen Projekt ist sowohl Erfahrung und Kompetenz als auch der Außenblick enorm wichtig. Als Arzt plane ich vielleicht ein bis zwei Praxen in meinem Leben. Da kann man unmöglich alles notwendig bedenken.“ Außerdem werde man über die Jahre auch einigermaßen „betriebsblind“, da sei es schon wichtig, in der Konzept- und Planungsphase die richtigen Fragen zu stellen, gewohnte Abläufe zu hinterfragen oder zu optimieren, innovative Entwicklungen zu berücksichtigen. Abgesehen davon fehle es dem Kassenarzt an der notwendigen Zeit, um sich neben seiner ärztlichen Tätigkeit noch dem Bauprojekt über mehr als ein Jahr entsprechend intensiv zu widmen. „Als Nebenjob ist es für den Kassenarzt unmöglich, einen Plan zu entwickeln, der alle behördlichen Auflagen ebenso berücksichtigt wie die eigenen Präferenzen – und dann diesen Plan auch noch umzusetzen“, ist Jell dankbar für die Expertise und Unterstützung durch die professionellen Praxisplaner. vw