„Fehler sind nie umsonst!“
Dr. Brigitte Ettl-Karl, Ärztliche Direktorin im Krankenhaus Hietzing mit Neurologischen Zentrum Rosenhügel, im Wordrap – über Fehlerkultur, Risikomanagement und Qualität
Ich habe mich für ein Medizinstudium entschieden, weil … ich schon in meiner Schulzeit beschloss, mit Menschen arbeiten zu wollen. Die interne Medizin wurde es dann, weil sie alle Facetten eines Patienten umfasst und so schön komplex ist – ich komme den Dingen gerne auf die Spur.
Klinisches Risikomanagement fasziniert mich, weil … PatientInnen und MitarbeiterInnen direkt davon profitieren und sehr viel mehr dahintersteckt: Patientensicherheit, Prozessmanagement – eigentlich alles um den Kernprozess im Krankenhaus herum.
Was mich im heimischen Gesundheitssystem am meisten stört, sind … die Barrieren zwischen dem intra- und dem extramuralen Bereich, also zwischen niedergelassenen Ärzten und dem stationären Spitalsbereich.
Das Hauptproblem beim Fehlermanagement in unseren Spitälern ist, … dass wir nach wie vor in einer „Blame-and-shame-Kultur“ leben. Noch immer werden Fehler nicht offen angesprochen, der Umgang mit Fehlern, die Ursachensuche sind nicht positiv besetzt. Das Fehlen einer positiven Transparenz verhindert, dass ein Lerneffekt entsteht.
Der Stellenwert der Patientensicherheit in der Medizin ist … sehr wichtig, aber noch ausbaufähig.
Was das Qualitätsmanagement niedergelassener Ärzte von jenem in Spitälern unterscheidet, ist … dass es einfacher ist, Fehlermanagement in einem großen System wie dem Krankenhaus zu betreiben, da Verantwortungen geteilt und Aufgaben delegiert werden können. Im niedergelassenen Bereich existieren andere Voraussetzungen, Grenzen und Rückmeldemöglichkeiten, daher kann das Spitalssystem nicht ohne Weiteres auf den extramuralen Bereich heruntergebrochen werden.
Für das Qualitätsmanagement in Arztordinationen bedarf es … auch einer verbesserten Kommunikation mit dem intramuralen Bereich, gemeinsamer integrierter Versorgungsmodelle.
Der Status der Patientensicherheit in Österreich im internationalen Vergleich ist … sehr gut. Mit der neuen Nationalen Patientensicherheitsstrategie des Gesundheitsministeriums stehen wir gut da, wobei es natürlich immer etwas zu verbessern geben wird.
Für die Zukunft wünsche ich mir für das Thema Risikomanagement im Krankenhaus, … dass Risikomanagement systematisch und nachhaltig in allen Bereichen des Gesundheitswesens implementiert ist.
Und für das Thema Patientensicherheit wünsche ich mir, … dass es medial nicht immer mit Fehlern verknüpft, sondern positiver gesehen wird. Ein einziger Zwischenfall bedeutet oft eine Katastrophe, obwohl in einem System, das so komplex und fehleranfällig ist, Weiterentwicklung nur aus einem intakten Fehlermanagement und dem daraus folgenden positiven Lerneffekt entstehen kann.
Brigitte Ettl promovierte in Wien und absolvierte die Facharztausbildung für Innere Medizin im Krankenhaus Lainz. Sie hält Zusatzdiplome in Nephrologie, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen sowie Intensivmedizin. Die zweifache Mutter führt eine Privatordination und ist seit 2007 Ärztliche Direktorin des Krankenhauses Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel des Wiener Krankenanstaltenverbundes. Zudem ist sie Referentin der österreichischen Ärztekammer für Qualitätssicherung, Leitlinien, Patientensicherheit, Vorsitzende der ANetPAS – Austrian Network for Patient Safety/Plattform Patientensicherheit, akademische Krankenhausmanagerin und zertifizierte Risikomanagerin.
www.wienkav.at/kav/khr, www.plattformpatientensicherheit.at



