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Explosive Stimmung

Die Auseinandersetzung um die zukünftigen Gehälter der Spitalsärzte, ausgelöst durch die Novelle zum Krankenanstalten-Arbeitszeitengesetz, wird in manchen Bundesländern mit großer Vehemenz, massiven Drohgebärden, verbalen Untergriffen und viel Aktionismus geführt.


„Die Kollegen sind verunsichert und vor den Kopf gestoßen. Die Politik ist aufgefordert, endlich zu handeln und so rasch wie möglich akzeptable Lösungen zu finden.“  Dr. Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte

Bis Mitte 2021 soll die wöchentliche Durchschnittsarbeitszeit laut Novelle des Krankenanstalten-Arbeitszeitengesetzes, die am 1. Jänner in Kraft trat, von derzeit bis zu 60 stufenweise auf maximal 48 Stunden reduziert werden. Bis dahin gelten Übergangsstufen, setzen die Zustimmung der Ärzte voraus. Um die damit zusammenhängenden massiven Einkommenseinbußen zu kompensieren, fordern diese schon seit Monaten eine Aufbesserung ihres Grundgehaltes. Während in einzelnen Bundesländern fristgerechte Einigungen erzielt werden konnten – die bislang letzte diesbezügliche Vereinbarung gelang Ende Jänner in Oberösterreich –, droht in anderen die Situation zu eskalieren.
In Kärnten und Wien kam es zuletzt sogar zu Streiks bzw. zu einer öffentlichen Großkundgebung Hunderter Ärzte, die damit ihren Forderungen entsprechenden Nachdruck verleihen wollen.
Die Bundeskurie der angestellten Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer fordert für ihre Mitglieder nicht weniger als eine „marktkonforme, international wettbewerbsfähige Bezahlung“. Dafür müssten die Grundgehälter überall deutlich erhöht werden. Die Kammer hat als Richtwert eine Anpassung um rund 30 Prozent errechnet.
Derzeit seien seine Kollegen aufgrund des bisherigen unbefriedigenden Verlaufs der Verhandlungen und dem fehlenden politischen Willen „verunsichert und vor den Kopf gestoßen“, findet Kurienobmann und ÖÄK-Vizepräsident Dr. Harald Mayer: „Die Politik ist aufgefordert, endlich zu handeln und so rasch wie möglich akzeptable Lösungen zu finden.“ Nur so könne die kontinuierliche Versorgung in den Spitälern gewährleistet und gleichzeitig die anhaltende Ärzteflucht eingedämmt werden.

Steirisches Vorbild

Dass es durchaus möglich ist, Lösungen zu finden, die für beide Seiten akzeptabel sind, haben etwa die Verhandler in der Steiermark und in Salzburg gezeigt. In beiden Ländern wurde noch vor dem Jahreswechsel eine Kompromisslösung gefunden.
Bereits im Oktober hatten sich Ärztevertreter und Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft KAGes auf ein neues Gehaltsschema verständigt. Es sieht eine Erhöhung der Grundgehälter zwischen 10 und 18 Prozent vor. Dabei wird das bisherige Verhältnis Grundgehalt zu Journaldiensten von bisher 66 zu 34 Prozent auf 75 Prozent Grundgehalt zu 25 Prozent Journaldienste verschoben. Für 2015 werden dafür 28 Millionen Euro zusätzlich budgetiert.
Die Neuregelung in der Steiermark sei aber auch über die Gehaltsvereinbarung hinaus beispielgebend für andere Bundesländer, meint Mayer: „Egal ob bessere Rahmenbedingungen für die Ausbildung, marktkonforme und konkurrenzfähige Gehälter, ein familienfreundliches Arbeitsumfeld, flexible Arbeitszeitmodelle oder Entbürokratisierung – die Steiermark setzt all das um, was wir seit Jahren fordern.“ Auch in Salzburg kam es noch vor Weihnachten zu einer Einigung zwischen Land Salzburg und Ärztevertretung. Das künftige Gehaltssystem sieht höhere Anfangsgehälter für neu eintretende Mediziner und einen flacheren Anstieg der Lebensverdienstkurve vor und soll im Juli in Kraft treten. Es wird aber nur für jene Mediziner gelten, die neu einsteigen oder freiwillig vom alten System umsteigen wollen. Das Land stellt für die höheren Grundgehälter der Spitalsärzte zusätzliche 13,5 Millionen Euro zur Verfügung (Details zur Vereinbarung siehe beistehender Kasten). Mit diesen Gehältern sei das „Salzburger Gesundheitswesen zukunftsfähig, weil man Ärzte nach Salzburg holen bzw. Mediziner hier halten könne“, zeigt sich der Salzburger Ärztekammerpräsident Dr. Karl Forstner mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden.

Konfliktzonen

In manchen Bundesländern gibt es allerdings immer noch keine Lösung, obwohl seit Wochen verhandelt wird. „Die Politik will dort diese für die österreichische Gesundheitsversorgung so wichtige Frage ganz offensichtlich weiter verschlampen und verwurschteln“, kritisiert Mayer. „Das ist unfassbar. Seit mehr als zehn Jahren wurde die Entwicklung verschlafen, die Politik hat auf die EU-Arbeitszeitrichtlinie mit Vogel-Strauß-Taktik reagiert, anstatt langfristig zu planen. Es kann nicht sein, dass manche Politiker allen Ernstes die systematische Ausbeutung der Ärzte als Problemlösung sehen.“
Während es etwa in NÖ, dem Burgenland, Tirol oder Vorarlberg diesbezüglich wenig Aufregung gab und die Verhandlungspartner von durchaus konstruktiven Verhandlungen sprechen, ist die Situation in Kärnten und Wien explosiv, die Wogen gehen da und dort hoch.
In Wien wird an zwei Fronten verhandelt. Während sich das für das AKH zuständige Wissenschaftsministerium schon auf eine schrittweise Gehaltserhöhung, rückwirkend mit 1. Jänner, festgelegt hat, wird um eine Lösung für die städtischen Spitäler intensiv gerungen. Die Einschätzung der Verhandlungspartner über den Status quo ist dabei im Moment sehr indifferent. Zum einen konstatieren Stadträtin, Gewerkschaft und Ärztekammer durchaus Fortschritte in den Gesprächen, gleichzeitig wurde aber unter anderem eine Großkundgebung organisiert, um „die Forderungen der Kammer zu unterstreichen“ oder auch eine neue Gewerkschaft ins Leben gerufen, weil der „Unmut vieler Ärzte über die derzeitigen Verhandler“ groß sei. „Wir fühlen uns von den verhandlungsführenden Gewerkschaften einfach nicht gut vertreten“, begründet der Initiator einer eigenen Ärztegewerkschaft, der Lungenfacharzt Dr. Gernot Rainer, sein Vorhaben.
Indiz für die indifferente Stimmung sind auch Aussagen des Wiener Ärztekammerpräsidenten Dr. Thomas Szekeres, der einerseits in einem APA-Interview davor warnt, dass „die Stimmung unter den Ärzten von Tag zu Tag schlechter wird“, andererseits aber auch das grundsätzliche Bemühen aller Beteiligten betont, „rasch zu einer Lösung zu kommen“. Das sei auch dringend nötig, erläutert Szekeres, weil andernfalls das System bald „nach unten fahren“ würde. Spätestens im März würde es dann zu massiven Einschränkungen und dann zu „großflächigen Versorgungsengpässen“ kommen. In Kärnten protestierten die Ärzte mit einem Warnstreik gegen die einseitige Verordnung eines Gehaltsschemas durch den Landeshauptmann ohne ihre Zustimmung. Kabeg-Vorstand Arnold Gabriel will das „Gehaltsangebot ohne Lohnverlust auf jeden Fall umsetzen“. Das Angebot des Landes habe sich am steirischen Modell orientiert, meint Gabriel. Es sehe eine Erhöhung des Ärzteeinkommens um 13,5 Millionen Euro insgesamt vor. Die Ärzteschaft beharrt aber auf einem stärkeren Gehaltsplus, insbesondere für jüngere Ärzte. Landeshauptmann Peter Kaiser allerdings hat zuletzt die Forderungen nach einem 30-prozentigen Plus als „Utopie“ bezeichnet.                     vw
Fortsetzung folgte nach Redaktionsschluss …

Was Spitalsärzte bisher verdienen (am Beispiel SALK)

Die Ärztegehälter an öffentlichen Spitälern sind regional unterschiedlich und sehr komplex aus vielen Faktoren zusammengesetzt. Selbst innerhalb eines Krankenhauses gibt es kaum zwei Ärzte, die auf ein gleiches Monatsnettogehalt kommen. Die hier dargestellten Zahlen dienen daher nur der Orientierung, sind bedingt aussagekräftig.
Grundgehalt: Das Gehaltsschema des Landes umfasst 30 Stufen. Es beginnt bei 2.124,20 und endet bei 5.808,80 Euro brutto.
Überstunden: Dazu kommen bei allen Ärzten Zulagen. Den größten Teil davon macht die sogenannte Spitalsärztezulage aus. Bei einem 46-jährigen Oberarzt etwa, der ein Grundgehalt von 3.467,60 Euro bezieht, macht diese Zulage 1.501,23 Euro aus. So verändert sich sein Grundgehalt mit den anderen Zulagen auf 5.385,90 Euro. Netto steht auf dem Lohnzettel dieses Arztes ein Betrag von 2.814,87 Euro. Zu diesem Betrag kommt laut Dr. Jörg Hutter, Vizepräsident der Salzburger Ärztekammer, rund ein Drittel an Nettogehalt durch Überstunden, das sind insgesamt also etwa 3.700 Euro netto. Was in diesen Aufstellungen nicht enthalten ist, sind jene Gelder, die Ärzte durch die Behandlung von Klassepatienten bekommen. Diese liegen zwischen wenigen hundert und weit über tausend Euro.

Einigung über Gehälter für Spitalsärzte in Salzburg
Landespolitik und Ärztekammer haben sich in Salzburg im Dezember auf ein neues Gehaltsschema geeinigt. Demnach werden für eine Anhebung der Grundgehälter insgesamt 13,5 Millionen Euro ausgegeben. 10,5 Millionen davon werden bereits ab 1. Jänner 2015 gehaltswirksam, weitere 3 Millionen folgen 2018 parallel zur nächsten Stufe in der Ärzte-Arbeitszeitregelung. Zusätzlich verdreifacht sich das Entgelt für Rufbereitschaften. Insgesamt erhöhen sich somit die Personalkosten für 740 vollzeitäquivalente Grundgehälter der SALK-Ärzte von derzeit ca.  45 Mio. Euro auf 55,5 Millionen Euro ab 2015 und 58,5 Millionen Euro ab 2018.
Die vereinbarte Summe bringt eine Erhöhung der Gehälter um zehn bis 18 Prozent. Wie die Verteilung der Summe auf Turnus-, Fach- und Oberärzte gestaltet wird, soll in den kommenden Wochen von einer Arbeitsgruppe noch im Detail fixiert werden. Jungärzte sollen jedenfalls stärker von den Gehaltserhöhungen profitieren.