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Essen mit Dr. House & Co.

Fernsehserien können das Ernährungsverhalten von jungen Menschen beeinflussen. Wie genau, das untersuchte die Kommunikationswissenschaftlerin und Diätologin in Ausbildung Marlene Schöpf in ihrer Master-Arbeit.


Sie nahm dafür elf in ORF 1 ausgestrahlte TV-Serien unter die Lupe und analysierte sie auf ihre „Ernährungsinhalte“ hin. Die Ergebnisse wurden kürzlich am 29. Ernährungskongress der Diätologen in Wien präsentiert.
Fast jeder fünfte Jugendliche in Österreich ist übergewichtig oder adipös. Wie die aktuelle HBSC-Studie (Health Behaviour in School-aged Children Study) ausweist, konsumieren etwa 39 Prozent täglich Süßigkeiten oder süße Limonaden oder beides. Obst und Gemüse stehen bei vielen hingegen nicht auf dem Speiseplan. Durchschnittlich werden an Schultagen 4,9 Stunden, in der schulfreien Zeit 7,1 Stunden der Freizeit sitzend – etwa vor dem Computer oder dem Fernseher – verbracht. Auch die deutsche JIM-Studie 2011 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (MPFS) weist den hohen TV-Konsum junger Menschen besonders hinsichtlich Fernsehserien aus. Dazu kommt, dass man weiß, dass „ungesunde Esser“ eher jung sind. In den USA wird seit Längerem das Thema Ernährung in den gängigsten Medienformaten erforscht. Ergebnis: Die Lebensmittelpyramide steht auf dem Kopf.

Ernährungspyramide steht Kopf

Marlene Schöpf ortete deshalb Forschungsbedarf auch für Österreich. Sie führte im Bereich des heimischen Jugendfernsehens eine Inhaltsanalyse von Serien, die in ORF 1 ausgestrahlt werden, durch. Als Stichprobe arrangierte sie eine „künstliche Fernsehwoche“ mit einem Sample von 11 unterschiedlichen Serien im Umfang von 29 Folgen und 12,3 Stunden Sendezeit, von Dr. House über CSI Miami bis hin zu den Simpsons und Anna und die Liebe. Diese Formate sind besonders bei Jugendlichen zwischen 12 und 29 Jahren beliebt. Und auch hier stand im Ergebnis die Ernährungspyramide auf dem Kopf. In den Serien werden vorrangig Lebensmittel konsumiert, die nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nur sehr sparsam zum Einsatz kommen sollten. Auch das ernährungsassoziierte Verhalten der TV-Darsteller verhält sich zu den Empfehlungen gegenläufig. Schöpf kam weiters zur Erkenntnis, dass Gewicht, Gesundheit und Ernährung entkoppelt werden und eine Propagierung von Alkohol und Süßigkeiten als Emotionsträger besteht. Sie fordert daher – wie schon in den USA durchaus üblich – Ernährungsthematiken in Jugendserien durch die Zusammenarbeit von Diätologen und Publizisten zu modifizieren.

Kaffee als Serienstar

In der zwölfstündigen künstlich zusammengestellten Woche des Fernsehprogramms in ORF 1 widmeten sich die Serien insgesamt mit 14 Prozent der Sendezeit dem Thema Ernährung. Vorabendserien, mit einer Sendezeit von 20 Minuten, widmen Ernährungsthemen im Vergleich zu den Hauptabendserien (40 Minuten Sendezeit) den doppelten Sendezeitanteil von rund einem Fünftel. Unter den verschiedenen Serien steht der Ernährungsanteil pro Folge der Serie „Mein cooler Onkel Charlie“ an der Spitze, gefolgt von „Soko Kitzbühel“ und „Die Simpsons“. Was einzelne Lebensmittel betrifft, wird Kaffee mit 15 Prozent am meisten thematisiert, mit 12 Prozent folgen Süßigkeiten. Getreideprodukte machen 9 Prozent der szenisch vorkommenden Lebensmittel aus. Werden die Lebensmittel in Gruppen eingeteilt, zeigt sich, dass mit 23 Prozent alkoholische Getränke jeglicher Art den Löwenanteil der Lebensmittel der im heimischen TV gezeigten Jugendserien ausmachen. Insgesamt wird der Verzehr von Fleisch in den Serien mit Männern assoziiert, jener von Gemüse und Spirituosen steht auffallend häufig in Verbindung mit Frauen. Alkohol wird im Sinne des emotionalen Settings der Serien eher in negativen Rahmenbedingungen thematisiert, Süßigkeiten sind sowohl in negativen als auch in positiven Situationen relevant. Insgesamt scheint dies alles als mögliches Rollenvorbild in Sachen Ernährung für junge Menschen nicht gerade ideal.

Ernährungsexperten als TV-Berater gefordert!

Eine mögliche Konsequenz aus der Untersuchung von Marlene Schöpf wäre daher, Kommunikations- und Public Health-Experten schon bei der Entstehung von TV-Serien mit einzubeziehen. Diese arbeiten etwa in den USA bereits bei gesundheitsrelevanten Serien wie etwa Grey’s Anatomy mit. Für Österreich ist dies jedoch absolute Zukunftsmusik. Schöpf: „Bei einer Zusammenarbeit sind natürlich auch Diätologen gefordert. Dafür müsste man diesen Berufsstand zunächst einmal aber viel bekannter machen, um in einzelne Mediensparten vorzudringen“.