Es wird nicht so heiß gegessen, wie gekocht
Auch wenn so manchem Anleger beim ersten Blick auf die Steuerreform 2015/16 der Schreck in die Knochen fuhr: Die Auswirkungen sind bei Weitem nicht so dramatisch wie befürchtet. Bleibt die Frage: Vorsorgewohnung, kleines oder großes Bauherrenmodell? Bei welchem Investment lässt sich am besten Steuern sparen?
Die Frage ist schnell beantwortet: Am besten kann man Steuer sparen, wenn man bei der Stange bleibt und nicht vorzeitig das Handtuch wirft – oder werfen muss. Dazu aber später. Wenn es ums Steuersparen geht, haben die Bauherrenmodelle eindeutig die Nase vorn. „Bei den Bauherrenmodellen ist der wesentlichste Effekt, dass man bestimmte Sanierungskosten auf 15 Jahre verteilt abschreiben kann. Das bedeutet, dass man als Anleger in den ersten 15 Jahren substanzielle Verluste lukrieren kann“, so Expertin Mag. Karin Fuhrman, TPA. „Wenn man daneben ein entsprechendes Aktiveinkommen hat, ist das steuerlich sehr interessant. Vorsorgewohnungen hingegen verfolgen ein anderes Konzept.“ Beim Anlagemodell Vorsorgewohnung kauft man eine fertige Wohnung. Im Gegensatz zu den Bauherrenmodellen ist eine Vorsorgewohnung kein Verlusttreiber. „Schon gar nicht in der derzeitigen Zinslandschaft. Zudem kaufen die meisten Investoren mit einem hohen Eigenmittelanteil. Es fehlt daher jede Möglichkeit, mit einer Vorsorgewohnung dramatische Verluste erzielen zu können“, so Fuhrmann. Der wesentlichste Unterschied zwischen kleinem und großem Bauherrenmodell liegt in der Grunderwerbsteuer. „Beim großen Bauherrenmodell zahlt man die Grunderwerbsteuer nur von den Anschaffungskosten der Immobilie, nicht aber von den Sanierungskosten. Beim kleinen Bauherrenmodell muss man die Grunderwerbsteuer auch von den Sanierungskosten – also quasi vom fertig sanierten Haus – bezahlen. Noch dazu brutto, was in Summe wesentlich mehr ist“, rechnet Fuhrman vor.
Die Steuerreform 2015/16 hat an der steuerlichen Attraktivität von Investitionen in Vorsorgewohnungen und Bauherrenmodellen wenig geändert. Die TPA-Expertin hat ausgerechnet, dass sich die Änderungen bei der Absetzung für Abnutzung (AfA) bei einer Vorsorgewohnung um 300.000 Euro in der höchsten Steuerprogression mit
225 Euro mehr Steuern im Jahr niederschlagen. Das lässt sich verschmerzen.
Verbesserungen werden unattraktiver
Eine weitere Gesetzesänderung betrifft die AfA für getätigte Instandsetzungsmaßnahmen. Dies sind Maßnahmen, die nicht regelmäßig stattfinden, nicht als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu qualifizieren sind und die allein oder zusammen mit dem Herstellungsaufwand den Wert des Gebäudes erhöhen bzw. zu einer Verlängerung der Nutzungsdauer führen. Bis zur Steuerreform war hier eine Abschreibung über zehn Jahre möglich. Jetzt sind solche Maßnahmen gemäß § 28 (2) EStG zwingend über 15 Jahre abzuschreiben. Dadurch wird eine Verbesserung des Anlageobjekts aus steuerlicher Sicht unattraktiver, da sich durch die Ausdehnung des Abschreibungszeitraums eine geringere jährliche AfA ergibt und sich die Steuerbemessungsgrundlage erhöht. Doch auch diese Maßnahme lässt sich verschmerzen. „Dass die Abschreibung von Instandsetzungsmaßnahmen von zehn auf 15 Jahre steigt, ändert ebenfalls wenig: In den ersten zehn Jahren spart man weniger Steuern als bisher, aber dafür in den letzten fünf mehr“, so die TPA-Expertin.
Gesetzgeber mit offener „Hintertür“
Mit der Steuerreform 2015/16 wurde für die AfA-Bemessung von bebauten Grundstücken des Privatvermögens der Grundanteil von vormals 20 Prozent auf (grundsätzlich) 40 Prozent angehoben. Erraten: Auch diese Änderung lässt sich verschmerzen. Es wird nicht so heiß gegessen, wie gekocht. Der Gesetzgeber hat eine „Hintertür“ für Objekte mit über zehn Wohnungen in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern eingebaut – also genau dort, wo Bauherrenmodelle Sinn ergeben. In Gemeinden mit mindestens 100.000 Einwohnern und in Gemeinden, in denen der durchschnittliche Quadratmeterpreis für als Bauland gewidmete und voll aufgeschlossene unbebaute Grundstücke (baureifes Land) mindestens 400 Euro beträgt, sind als Anteil des Grund und Bodens 30 Prozent auszuscheiden, wenn das Gebäude mehr als zehn Wohn- oder Geschäftseinheiten umfasst, oder 40 Prozent auszuscheiden, wenn das Gebäude bis zu zehn Wohn- oder Geschäftseinheiten umfasst.
Gleich geblieben ist die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs – und das sind immerhin 20 Prozent des Nettopreises. Die Umsatzsteuer kann sich ein Investor aber nur dann vom Finanzamt zurückholen, wenn er als Kleinunternehmer nach § 6 Abs 1 Z 27 UStG (Jahresumsatz pro Jahr maximal 30.000 Euro) auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet. Als Kleinunternehmer wäre er zwar von der Umsatzsteuer befreit, verliert jedoch gleichzeitig auch das Recht auf Vorsteuerabzug (Kaufpreis, Werbungskosten). Im Ergebnis ist dieser Verzicht für den Erwerber von Vorteil, da zum Beispiel der Vorsteuerabzug aus dem Kaufpreis höher sein wird als eine in der Folge höhere Miete bei Nichtverrechnung von Umsatzsteuer aufgrund der Anwendung der Kleinunternehmerregelung.
Ausstieg nur mit hohen Verlusten
Wie bei jedem Investment gibt es auch bei Vorsorgewohnungen, kleinem und großem Bauherrenmodell Vor-, aber auch Nachteile, die man nicht außer Acht lassen sollte. Im Fall der Fälle kann man bei einem Vorsorgewohnungsprojekt jederzeit – wenn auch mit Verlusten – aussteigen. Bei Bauherrenmodellen ist dies nicht so einfach möglich. Doch alles der Reihe nach.
Als alleiniger Eigentümer einer Vorsorgewohnung kann der Anleger über die Immobilie jederzeit frei verfügen und über die weitere Nutzung eigenständig und unabhängig bestimmen. Die Entscheidungen an wen, über welchen Zeitraum die Vorsorgewohnung vermietet wird, welche Investitionen für die Instandhaltung und Instandsetzung des Objektes getätigt werden, in welchem Ausmaß Eigenmittel zur Finanzierung eingesetzt werden oder bei welcher Bank zu welchen Konditionen und Bedingungen der Ankauf finanziert werden soll, liegen alleine im Ermessen des Investors. Eine spätere Eigennutzung oder ein Verkauf zur Realisierung der aus der Wertsteigerung erzielten Rendite ist unter steuerlichen Gesichtspunkten anhand individueller Rahmenbedingungen zu prüfen. Die Entscheidung hierüber wird jedoch letztgültig vom Investor alleine getroffen.
Attraktive Renditen beim Bauherrenmodell
Im Vergleich zur Vorsorgewohnung bietet das Bauherrenmodell die Möglichkeit, durch Partizipation an der Wertschöpfung im Zuge der Revitalisierung von Zinshäusern eine höhere Rendite zu erzielen. In den meisten Fällen werden stark sanierungsbedürftige Altbauten erworben, um diese, oft unter Inanspruchnahme von Förderungen, zu revitalisieren und baulich zu erweitern. Das wesentliche Abgrenzungskriterium zum Erwerb einer Vorsorgewohnung oder eines Zinshauses liegt darin, dass zu einem früheren Zeitpunkt des Projektentwicklungsprozesses durch den Erwerb von ideellen Anteilen in eine Immobilie investiert wird. Dieses frühere Engagement wird eben auch mit höheren Renditen belohnt. In weiterer Folge können, auf Grundlage dieses erhöhten Vermögenswertes durch marktbedingte Immobilienpreissteigerung und Erträge aus Vermietung und Verpachtung, attraktive Renditen erzielt werden. Aus der Unternehmereigenschaft leiten sich auch steuerliche Vorteile ab. Im Unterschied zu Vorsorgewohnungskäufern können Bauherren neben dem Vorsteuerabzug die in Relation zur Gesamtinvestitionssumme geringe Bemessungsgrundlage für Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr, die beschleunigten Abschreibungen über zehn bzw. 15 Jahre für Sanierungs- und Instandsetzungskosten sowie die sofortige Geltendmachung von aufwandswirksamen Werbungskosten in Anspruch nehmen.
Vergleichsrechnung macht sicher
„Wird die Vorsorgewohnung innerhalb von 20 Jahren umsatzsteuerfrei nach Ankauf veräußert oder wird die Vermietungstätigkeit beendet, so muss die beim Kauf abgezogene Vorsteuer anteilig rückerstattet werden. Das heißt, zum Beispiel bei einem Verkauf nach sieben Jahren müssen 13/20 der in Anspruch genommenen Vorsteuer an das Finanzamt abgeführt werden“, so der Immobilien-Experte der Wiener Privatbank, Dr. Georg Aichelburg-Rumerskirch. „Grundsätzlich besteht auch hier die Möglichkeit, bei Verkauf auf Steuerpflicht zu optieren, wodurch diese Rückrechnung entfallen würde. Der steuerpflichtige Verkauf unterliegt der Umsatzsteuer mit 20 Prozent, wobei dies den Kaufpreis bei Verkauf an einen Nicht-Unternehmer entsprechend erhöhen würde. In der Regel wird daher die Option bei Verkauf an einen Nicht-Unternehmer nachteilig sein. Dennoch sollte auf jeden Fall eine Vergleichsrechnung – Option versus Nicht-Option – durchgeführt werden“, zeigt TPA-Steuerexperte Mag. Manfred Kunisch einen Ausweg auf. Auf jeden Fall sollte der Verkauf einer Vorsorgewohnung oder eines Anteils an einem Bauherrenmodell erst nach Erreichen des steuerlichen Totalüberschusses erfolgen. Ist diese Schwelle nicht erreicht, liegt für das Finanzamt der Fall einer Liebhaberei vor. Das bedeutet nicht nur Rückerstattung der gesamten einbehaltenen Vorsteuern, sondern auch Rückzahlung der durch die Verlustzuweisungen erzielten Steuerersparnisse.
Ein Vorteil: „Bei Bauherrenmodellen hat man deutlich mehr Gestaltungsspielraum“, so Mag. Robert Fotter, Partner der Wohninvest, einem der Spezialisten für Bauherrenmodelle in Wien. „MEG oder KG ist die Kernfrage“, so Fotter. Übersetzt heißt das, Miteigentümergemeinschaft oder Kommanditgesellschaft (KG)? „Bei einer MEG, also einer Miteigentümergemeinschaft werden die Investoren Miteigentümer einer Liegenschaft und direkt ins Grundbuch eingetragen – beim KG-Modell Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft und diese wird ins Grundbuch eingetragen. Die Gesellschafter stehen im Firmenbuch. In diesem Fall steht die Kommanditgesellschaft im Grundbuch.“ Für Fotter hat das KG-Modell deutliche steuerliche Vorteile. „Entschließen sich die Co-Investoren (Bauherren) nach Projektablauf, die Liegenschaft zu verkaufen, so verkaufen sie die gesamten Geschäftsanteile der KG. In diesem Fall fällt nur Grunderwerbsteuer im Ausmaß von
0,5 Prozent des Verkehrswertes an – anstelle von 3,5 Prozent. Darüber hinaus ist keine Eintragungsgebühr in Höhe von 1,1 Prozent zu entrichten. Kann bei einer Vorsorgewohnung der Eigentümer selbst entscheiden, ob und wann er die Wohnung verkauft, kann der Bauherr unabhängig von den anderen Bauherren nur seinen Anteil verkaufen. Wenn die gesamte Liegenschaft verkauft werden soll, setzt dies einen Konsens unter den Bauherren voraus. Um später eine schwierige Konsensfindung zu vermeiden, empfiehlt es sich, dieses Exit-Szenario bereits bei Errichtung der MEG oder KG zu vereinbaren“, rät Kunisch. Für Fotter eine bereits geübte Praxis. „Es gibt dabei nach Erreichen des steuerlichen Totalüberschusses zwei unterschiedliche Exit-Varianten: Verkauf zu einem bestimmten Zeitpunkt mit Mehrheitsbeschluss, wobei den in der Abstimmung unterlegenen Investoren ein Vorkaufsrecht zu jenem Kaufpreis, den ein Dritter bereit ist zu bezahlen, eingeräumt wird, oder die Begründung von Wohnungseigentum (Parifizierung) und Abverkauf der einzelnen Wohnungen bzw. Zuteilung an die Investoren.“
Jedes Projekt genau prüfen
Auf jeden Fall sollten potenzielle Investoren jedes Projekt genau prüfen. So haben vor kurzem Anleger eines Immobilienprojekts der PFS Gruppe Post vom Finanzamt bekommen. Die Anleger wurden zur Nachzahlung von Grunderwerbsteuer aufgefordert, weil die Behörde zur Auffassung gelangt war, dass den Investoren die Bauherreneigenschaft und damit Vorteile bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer nicht zustehen. Laut Steuerbescheid zeigen abgeschlossene Verträge und Protokolle von MEG-Versammlungen auf, dass die Anleger bei diesem Investment quasi keine Gestaltungsmöglichkeiten und Mitsprache hatten, weil das Projekt ganz konkret bis zur Baureife vorgeplant gewesen sei – was von PFS-Chef Christian Penkner aber vehement bestritten wird. Betroffen ist das etwa 4,5 Millionen Euro schwere Projekt in der Arnsteingasse 10 in Wien mit 14 Wohneinheiten und 23 Tiefgaragenplätzen. Das Objekt wurde laut PFS von November 2011 bis November 2012 errichtet und von einer Miteigentümergemeinschaft (MEG) finanziert. Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel erkennt den Anlegern die Bauherreneigenschaft ab, weil sie sich an einem fertig geplanten und organisierten Immobilienprojekt „zur Nutzung von steuerlichen Vorteilen“ beteiligt haben. mn